SchmerzLust: Mein geheimes Leben als Domina (German Edition)
und manchmal war sogar Feindseligkeit zu spüren, wenn es bei mir mal besser lief als bei anderen. Das alles fällt hier flach.
Meine Mutter hat übrigens auch geholfen. Die Gardinen sind von ihr. Ich nähe lieber Haut an Haut als Stoff an Stoff.
Lady Ariana ist völlig entspannt, mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen. Sie sitzt auf der Streckbank. Ihr rechter Fuß in Pumps mit mörderisch hohen Absätzen wippt auf und ab, allerdings weder ungeduldig noch gereizt, sondern einfach nur voller Elan – eine Stimmung, die sich jederzeit ändern kann. So wie jetzt, als das Lächeln plötzlich verblasst und sie energisch aufspringt.
So weit die schönen Seiten der Selbstständigkeit. Weniger schöne gibt es auch. Zum Beispiel, wenn man tagelang keinen Termin hat. Das war am Anfang in meinem Studio so. Aber in den großen Studios gibt dir auch niemand die Garantie, dass der Gast für dich ist, wenn’s klingelt. Du bist innerhalb deiner Schichten zur Anwesenheit gezwungen, in deinem eigenen Interesse und damit immer ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Dominas und Aktiv-Passiven herrscht, um das Spektrum möglicher Gäste abzudecken – aber du bekommst kein Geld, wenn du keine Session hattest. Das halte ich mir immer vor Augen, wenn ich mal einen schlappen Tag habe – und dann bin ich gleich wieder zufriedener, als ich es ohnehin schon bin.
WARUM?
Wie wird man Domina?
Und eine sadistische obendrein?
Wie ist da der Werdegang?
Vielleicht so: Sie war schon als Kind ein dominanter Albtraum, der seinen Willen auf Biegen und Brechen durchgesetzt hat. Sie triezte ihre Mitschüler und trennte ihren Puppen die Gliedmaßen ab. Bald darauf kommandierte sie verliebte Jungs herum und zwang sie dazu, ihr buchstäblich zu Füßen zu liegen. Später nahm sie keinen Mann jemals ernst und spielte stattdessen ihr grausames Spiel mit ihnen.
Nein. So war es bei mir ganz und gar nicht. Bis auf die zwei Mitschüler, die ich verprügelt habe, trifft von diesen Klischees keines auf mich zu.
Im Gegenteil.
Ich war ein liebes, unspektakuläres Kind, das sich unauffällig in einen ebensolchen Teenager verwandelte. Bis zu meinem siebzehnten Lebensjahr machte ich sehr spärliche und ziemlich unerquickliche sexuelle Erfahrungen, dann lernte ich Daniel kennen, heiratete ihn und verbrachte die darauffolgenden zehn Jahre als brave Ehefrau ohne Allüren und Skandale.
Also – warum denn dann?
Diese Frage habe ich mir selbst bestimmt schon tausend Mal gestellt. Warum bin ich Domina geworden? Woher kommt die Sadistin in mir? War sie immer schon da und habe ich sie erst ab einem gewissen Zeitpunkt registriert? Warum macht es mir Spaß, jemanden zu quälen und ihn in seinem Schmerz zu beobachten? Wie ein Insekt unter dem Mikroskop? Dabei meist wohlmeinend, oft auch nur rein interessiert, aber immer mit viel Vergnügen, wenn mein Opfer sich unter meinen Taten und Beobachtungen windet und krümmt.
Ich begann mit der Ursachenforschung meiner sadistischen Neigung zuerst in der Kindheit und forschte dabei auch nach »grausamen« Vorfahren. In meiner Verwandtschaft fand ich lediglich einen Mann, der aufgrund von kräftigem Alkoholgenuss schon mal handgreiflich wurde und dabei auch Frau und Kinder nicht aussparte. Echten Sadismus konnte ich anhand der Erzählungen von Zeitzeugen in ihm aber nicht erkennen. Höchstens Jähzorn. Auf jeden Fall Unbeherrschtheit. Die Vererbungslehre schien mir also nicht weiterzuhelfen – bis mir eines Tages eine entfernte Verwandte wieder in den Sinn kam. Und mit ihr tauchte plötzlich ein Vorfall vor meinem inneren Auge auf, der bestimmt fünfundzwanzig Jahre lang verschüttet gewesen war.
Meine Eltern hatten mich eine Woche oder länger bei ihr untergebracht, weil sie in der Zwischenzeit unsere Wohnung in Ruhe renovieren wollten. Ich sehe diese Frau erbost mit mir schimpfen, weil ich zu spät vom Spielplatz heimgekehrt war. Obwohl ich ein fügsames Kind war, schien ihr meine Einsicht nicht überzeugend genug gewesen zu sein, sodass sie sich zu weiterer Überzeugungsarbeit gezwungen sah:
Sie schüttete zwei Handvoll getrocknete Erbsen aus einer Papiertüte auf den Fußboden und ließ mich darauf knien. Zarte nackte Mädchenknie auf kleinen, knubbeligen und steinharten Erbsen. Ich weiß nicht, wie lange ich ausharren musste – eine halbe Stunde? –, aber in meiner wiedererwachten Erinnerung konnte ich förmlich spüren, wie sich die unerquicklichen Hülsenfrüchte in meine
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