Schmetterlingsgeschichten - Chronik III - One (German Edition)
Kindergebrüll lenkte seinen Blick von dem
brausenden Wasserfall zu dem kleinen Platz kurz vor der Mündung auf die
Stromschnellen hin.
Re
hatte eine gute Sicht von hier auf dem Felsvorsprung, auf dem er stand. Als
Kind hatte er im Winter dort auch immer mit seinen Freunden gespielt.
Auch
heute, konnte er sehen, nutzten die Kleinen den alten Hügel als eine Festung,
die die eine Hälfte mit Schneebällen bewaffnet bewachte, und die andere Hälfte
mit weißer Munition zu stürmen versuchte.
Sie
waren Krieger von Geburt an.
Es
musste schon Mittagspause sein, sonst hätten die Kleinen nicht das Sempani, die
Jung-Kriegerschule, verlassen dürfen. Er war stolz auf seinen Stamm. Irgendwo
da unten musste auch sein Neffe Tamtam mit seinen kleinen Schwestern Nantalla,
Fionala und Quincinla herumtollen. Sein älterer Bruder Quoquoc hatte mit seiner
Frau Lindanta einen Wurf hingelegt, der zum Nachdenken stimmte.
Trotzdem
brachte er Stolz und Würde seiner Familie. Er selber stammte ebenfalls von
einem stolzen Wurf, so, wie es ihn nur unter seiner Rasse, in seiner Sippe, in
seiner Familie gab: Fünf Junge gleichzeitig. Immer zwei Jungs und drei Mädchen.
Den
anderen Familien seiner Rasse war dies nicht vergönnt. Sie konnten maximal vier
Kinder mit einem Wurf hervorbringen. Doch diesmal war irgendetwas anders
gewesen: Lindanta hatte fünf Körper in ihrem Leib getragen, doch waren nur vier
lebend zur Welt gekommen. So einfach in ihm diese Gedanken kreisten, so schwer
war ihm auch ihre Pflicht bewusst.
Sie
waren die Königsfamilie. Von ihnen wurde ein fünfköpfiger Wurf erwartet.
Wie
schwierig sich diese neue Situation auf der politischen Ebene auswirken würde,
sollte sich noch zeigen. Sein Vater, König Rapanthalos, hatte vor einem halben
Jahr seine Amtsgeschäfte auf seinen Bruder Quoquoc und ihn übertragen.
König
Rapanthalos hatte bis zu diesem Zeitpunkt gut 3500 Jahre über die Lan-Dan geherrscht
und den Ruhm seiner Familie ausgebaut. Die Fürsten waren zufrieden mit ihrer
Obrigkeit. Seinem Großvater war dies nicht vergönnt gewesen.
Aber
nun herrschte eine neue Generation von Lan-Dan. Neue Ideen, neue Pläne. Und
alles zum Wohle seines Volkes. Quoquoc war zum König ernannt worden und er
selber, Re, hatte nun die Funktion eines Beraters übernommen. Aber dies war
nicht im Streit passiert. Ganz im Gegenteil. Auf diesem Planeten gab es kein
anderes Bruderpaar, das sich so sehr vertraute wie die beiden. Und da Lindanta
auf einmal guter Hoffnung war, war die Entscheidung, wer die Stellung des Vaters
ersetzen sollte, nicht schwer gefallen. Re wollte sowieso reisen und kämpfen.
Denn nur im ehrlichen Kampf konnten zwei Krieger das Beste aus sich gegenseitig
herausholen.
Und
er war eindeutig besser als jeder andere.
Schon
mit fünf Jahren besuchten sowohl Jungen als auch Mädchen das Sempani. Diese
Kriegerschule ist verpflichtend für jeden Angehörigen seiner Rasse. Später
wechselten dann die Kinder auf die weiterführenden Akademien ihren Neigungen
entsprechend. Wenn dabei ein Kätzchen, jetzt musste er schnurren, er war selber
schon ein reifer Mann, dann schwanger wurde - natürlich wurden Kinder nur unter
dem Dach der Ehe gezeugt - war das der Beginn einer neuen Generation mit viel
Würde für die Familie. Das Ansehen eines Clans war dabei wieder gewachsen.
So
konnte man ihn auch als das „schwarze Schaf“ bezeichnen, oder wie sein Bruder Quoquoc
ihn nannte, einen »Streuner«.
Lindanta
musste bei Tisch immer nur lachen, wenn sie auf das Thema »Weibchen« und ihn
kamen. Auf den Gesichtern seiner Eltern zogen sich dann allerdings immer
Sorgenfalten auf. Bei seiner Mutter mehr als bei seinem Erzeuger. Lindanta
hatte selbstverständlich auch zwei Schwestern gleichen Alters, deren Schönheit
sich immer wieder abwechselnd zu übertreffen schien. Doch hatte es von beiden
keine bis jetzt verstanden, ihm so viel Honig um den Bart zu schmieren, dass er
sich für eine der beiden entscheiden konnte.
Lindanta
stammte auch aus einer ehrwürdigen Fürstenfamilie, sodass jeder eigentlich
schon fast erwartete, dass er mit einem dieser beiden Weibchen die Linie
weiterführte. Doch er war gerade erst vor einiger Zeit nach dem Sempani auf die
richtige Kriegerschule gewechselt.
Jetzt
war er ein angehendes Mitglied der Kriegerkaste, der Elite unter seinem Kriegervolk.
Nicht nur, dass er dabei zu Anfang der Beste seines Jahrganges geworden war,
nein, er hatte auch die Besten der
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