Schmetterlingsgeschichten - Chronik IV - Schmoon Lawa (German Edition)
beide
Seiten...
Nein,
das wollte Lohan, das wollten sie nicht mehr.
Sir
Lohan Gallar schaute wieder zu seinem Bruder.
»Meinst
du, Sir Virgil ist in ihren Reihen?«
»Ich
kann es dir nicht sagen. Wer weiß…«, antwortete Sean, der Virgil of Camboricum
gut kannte.
»Ich
werde hier keine Partei mehr ergreifen«, erklärte Lohan mit bitterer Miene
entschlossen.
»Wir
sollen nicht mehr zurückgehen? Wir haben dafür unser Gold bereits erhalten.«
»Dann
geben wir es diesem König halt wieder zurück.«
Beide
wussten, dass Gold für sie im Wesentlichen wertlos war.
Sie
konnten das Universum bereisen, wann sie wollten.
Das
irdische Zahlungsmittel konnten sie nur gelegentlich gebrauchen.
Sie
hatten sich schließlich mit ihrem Anführer Sir Samis hier niedergelassen. Die
Zwillingsbrüder schüttelten sich wie eineiige. Zwei gleiche Seelen.
Beide
Männer blickten wieder geradeaus. Immer noch zogen die Heerscharen an ihnen
vorbei. Gelegentlich brach der eine oder andere Reiter aus. Der Lärm, der vor
ihnen liegenden Truppen, ließ sie erst in letzter Sekunde das schwere, von der
Flucht verursachte Atmen hören.
Erschrocken
drehten sich die beiden um, als sie sahen, wie ein rothaariger Mann, schmutzig,
blutverschmiert in braunen Lumpen gekleidet, Schutz in demselben… in ihrem Gestrüpp
suchte!!
Als
er ebenfalls überrascht die beiden Ritter sah und erkannte, dass es sich dabei
um Underdogs handelte, erfüllte ein glückliches, errettetes Lächeln sein
Gesicht, das den Schmerz beiseite wischte.
Die
Brüder staunten nicht schlecht, als sie sahen, dass dem Flüchtigen die Mittelfinger
beider Hände fehlten.
Das
entging dem Waliser nicht.
»Diese
Froschfresser haben den Männern, denen sie nicht die Kehle durchgeschnitten
haben, die Finger abgetrennt«, erklärte der Langbogenschütze und hob zur
Erklärung beide Hände in die Höhe, spreizte dabei die Finger. Schaurig schauten
die Fleischstummel einher. Blut floss nur noch schwach. Er hatte versucht, sich
selbst die Enden mit einem glühenden Holzscheit zu verschließen. Dann griff er
in seine Hosentasche, packte etwas…und warf die abgeschnittenen Finger vor den
beiden perplexen Männern in den dreckigen Untergrund.
»Ich
hab sie mitgenommen. Die kriegt der Doc bestimmt wieder dran.«
Angewidert,
aber stutzig, schauten sie sich an.
»Du
wirst früher oder später sterben! Das ist dir doch wohl klar?«
Der
knapp 20-jährige Langbogenschütze schaute unwissend drein. Er würde sterben…wegen
der Finger?
Er
verstand nicht.
»Der
Wundbrand, dein Blutverlust, dein geschwächter Körper…«
»Was
soll damit sein?«, fragte er, als er misstrauisch seine Finger wieder nahm und
in die Tasche steckte.
»Es
wird dich hinraffen. Du wirst dein England wohl nicht mehr wiedersehen«,
erklärte ihm Lohan und schaute seinen Bruder an.
Der
erkannte sofort, was das Zwillingsherz dachte.
Der
nächste Eingang nach unten war nur zwei Tagesritte entfernt von hier. Aber mit
ihnen würde er es schaffen können.
»England
nicht mehr wiedersehen?«
Das
traf den jungen Mann wie ein Schlag. Die Angst fuhr ihm durch Mark und Bein. Schweißperlen
auf der Stirn. Kalt und hoffnungslos.
Er
musste ihnen eigentlich glauben. Das waren schließlich Edelmänner vor ihm.
»Ich…ich…ich…werde
sterben?«
»Vielleicht
hast du ja Glück. Aber wenn du zurück zu Heinrich gehst, dann wird das deine
letzte Reise sein. Es sei denn…«, sagte Sean Gallar, vollendete den Satz aber nicht.
»Es
sein denn… was???«, hechelte der Schütze. Er musste langsam weiter. Im
Heerlager waren schließlich die Docs.
»Es
sei denn… du willst leben…«, flüsterte Sean jetzt ganz leise, beugte sich zu
dem Rothaarigen herüber, direkt an sein Ohr.
»…und
kommst mit uns!«
Die
Stimme des feucht ausströmenden Atems kitzelte ihn dabei, dass ihm die
Nackenhaare emporstiegen.
Er…er…wusste
nicht, was die Herren meinten. Da griff Sir Lohan schon nach seinen Händen,
drehte die Handflächen nach oben. Verwirrt blickte der junge Mann drein. Was
sollte das? Und warum funkelten die Augen des Ritters jetzt so blau…so blau… vertrauenswürdig…so
mütterlich???
Lohan
hielt seine eigenen Hände über die des Verletzten. Gelbliche Energien
formierten sich um die vier Hände und umschlossen sie kreisend. Wie eine
kleine, heilende Sonne. Kleine Funken sprühten in alle Richtungen. Die Wärme
war sofort
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