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Schmetterlingsscherben

Schmetterlingsscherben

Titel: Schmetterlingsscherben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Hazy
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Clownspuppe herüber. «Wirklich? Sie sind Mathematiker?! Ich kann Mathe nicht ausstehen! Mein Vater sagt, ich bräuchte dringend Nachhilfe.»
    «Das könnte ich doch übernehmen!», rief Bodo vergnügt.
    «Er würde dir helfen», erklärte ich Lennard und dieser lächelte. «Das wär ja supercool!»
    «Es wäre mir eine Ehre!» Bodo nickte und ich strahlte von einem zum anderen.

    Als ich das nächste Mal aufwachte, war es bereits hell draußen und man konnte das Zwitschern der Vögel hören und den Maskaron, der irgendwelche bissigen Kommentare zu vorübergehenden Passanten abgab.
    Ich schleppte mich ins Bad und duschte ausgiebig, ehe ich mir saubere, hellgraue Jeans und einen blauen Pullover überzog. Meine schwarzen Sachen waren allesamt aufgebraucht und ich nahm mir vor, nach unserer Rückkehr Wäsche zu waschen.
    Mein Vater saß bereits am Frühstückstisch und las Zeitung. Als ich runterkam, lächelte er gut gelaunt. «Ich hab uns Lunchpakete fertiggemacht, falls wir unterwegs Hunger bekommen.»
    «Das ist super, Paps», nickte ich und beschloss, optimistisch zu bleiben. Ich würde Lennard den ganzen Tag nicht sehen müssen. Das war etwas Gutes. Ein Grund, um fröhlich zu sein.
    Die Fahrt nach Hannover verging größtenteils schweigend. Mein Vater war nicht der große Redner und ich war froh, als er das Radio anstellte und ich meine Kopfhörer aus meiner Umhängetasche holen konnte.
    Wir tuckerten ewig hinter einem Lastwagen auf der Landstraße her, den mein Vater nicht überholen wollte, und brauchten insgesamt fast anderthalb Stunden bis nach Hannover.
    Dann endlich erreichten wir die Innenstadt. Es war seltsam, wieder hier zu sein. Obwohl mir die Straßen und die Gebäude alle vertraut waren, wirkte die Stadt kalt und fremd auf mich.
    Schließlich fuhren wir in die Auffahrt zu unserem alten Haus hoch. Es sah noch genauso aus, wie ich es damals verlassen hatte. Das alte Backsteinhaus mit den beiden kleinen Fenstern vorne und der angrenzenden Garage und dem sonst eigentlich eher verwilderten Vorgarten. Aber der Rasen schien gemäht worden zu sein.
    Seufzend schnallte ich mich ab und stieg unsicher aus dem Auto. Es war komisch, wieder hier zu sein. Mit Paps, aber ohne meine Ma.
    Mein Vater eilte voran zur Haustür und schloss sie auf, ehe ich ihm folgte.
    Es war kalt drinnen, man merkte, dass es seit einigen Wochen unbewohnt war. Mein Vater hatte offenbar schon einige Sachen zusammengeräumt, ein paar Kisten standen im Flur herum.
    Aber ihre Jacke hing noch an der Garderobe, direkt neben ihren zahlreichen Handtaschen, über die ich mich immer lustig gemacht hatte. Ihre Schuhe standen vor dem Schuhregal, weil sie sich nie die Mühe gemacht hatte, sie tatsächlich reinzustellen.
    Unsicher ging ich weiter durch die geräumige Küche, die wir so selten benutzt hatten, und weiter ins Wohnzimmer. Das Foto von uns beiden auf dem Sommerfest meiner Schule thronte auf der Anrichte und ich nahm es und steckte es in meine Tasche, ohne es genauer zu betrachten.
    Ich machte mir nicht die Mühe, ins Gästezimmer und ins Bad unten zu sehen, sondern ging direkt weiter nach oben und in mein altes Zimmer. Es sah komisch aus, ohne Bett und den Kleiderschrank und bis auf das Ecksofa, meinen riesigen Schreibtisch und ein paar Regalen war nichts mehr davon übrig. Nur die hellblaue Tapete mit den Delfinen drauf, die mir meine Mutter bei unserem Einzug hier ausgesucht hatte, war immer noch da.
    Wehmütig strich ich mit den Fingern über die Delfine und dachte daran zurück, wie sie im Zimmer umhergeschwommen waren. Ich zuckte zurück, als sich das aufgemalte Tier unter meinen Fingern bewegte und auf der Wand entlang bewegte. Ich lief drei Schritte rückwärts und starrte wie benommen auf die Wand, auf der sich die Delfine durchs Wasser bewegten.
    Ich sah zu, dass ich aus dem Zimmer kam, ging ins Bad und suchte noch ein paar meiner Sachen zusammen, die mein Vater vermutlich nicht mit denen meiner Mutter hatte auseinanderhalten können.
    Rüdiger wuselte irgendwo unten im Haus herum, also ging ich alleine weiter ins Fernsehzimmer und überlegte, wie ich meinen Vater davon überzeugen konnte, das Gerät einzupacken. Ab und zu sah ich ganz gern mal irgendeine Sendung. Es half einem, über nichts nachdenken zu müssen.
    Seufzend verwarf ich den Gedanken wieder und betrat den letzten Raum im Haus. Ihr Schlafzimmer war völlig unberührt, sogar ihr Bett war nicht gemacht worden. Es sah so aus, als wäre sie gerade erst aufgestanden.

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