Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schmetterlingsscherben

Schmetterlingsscherben

Titel: Schmetterlingsscherben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Hazy
Vom Netzwerk:
den Sack oben. «Ist mir scheißegal, was die Leute denken oder sagen.»
    «An deiner Stelle würd ich mir nochmal überlegen, ob ich da hingehe. Das wird vermutlich ziemlich peinlich. Und hinterher heulst du wieder los und schlägst wie eine Furie um dich wie an deinem zwölften Geburtstag. Da dauert‘s nicht mehr lang, bis sie dich wieder wegschicken.» Damit drehte er sich um und ging in großen Schritten über den Schulhof entlang. Ich stand da und starrte ihm völlig fassungslos hinterher. Lennard drehte sich nicht nochmal um und ich spürte, wie die Übelkeit in mir wieder aufstieg. Das war Lenny Lennard, so wie ich ihn in Erinnerung hatte. Zutiefst demütigend, überheblich und verletzend. Und ich hasste mich selbst dafür, dass seine Worte immer noch so einen starken Einfluss auf mich hatten.
    Ich ließ mich auf den Rasen fallen und vergrub den Kopf zwischen den Knien, in der Hoffnung, dass mir dann weniger schwindelig war und sich mein Magen wieder beruhigte. Das war nichts als das, was ich von ihm erwartet hätte. Ich atmete tief ein und wieder aus und versuchte, an etwas anderes zu denken, während sich mein Puls langsam wieder beruhigte und ich mit zittrigen Knien aufstand, um den blöden Müllsack ins Sekretariat zu bringen. Herr Aschermann war bereits nach Hause gefahren und ich musste die Sachen nur beim Hausmeister abgeben, ehe ich ebenfalls gehen konnte.
    Der kühle Wind auf dem Rückweg verhalf mir zu einem klaren Kopf und ich erinnerte mich an meinen Stolz, den ich irgendwann in der letzten halben Stunde verloren hatte. Es war mir egal, was Lenny dachte. Und ich würde zu dieser dämlichen Party gehen, einfach nur, um ihm allein schon zu zeigen, dass ich es konnte. Dass es mir egal war, was er sagte. Und dass ich nicht losheulen würde, egal, was auch passierte. Ich war nicht mehr zwölf und ich war nicht mehr so angreifbar und verletzlich wie damals.
    Seufzend sprang ich vom Rad und schob es in den Vorgarten, wo ich es an den Zaun kettete. Nicht, dass das hier wirklich von Nöten gewesen wäre. Aber ich hatte es mir in Hannover so angewohnt und sicher war sicher. Immerhin hatte mir hier ja auch jemand die Reifen aufgeschlitzt.
    Ich kramte in meiner Tasche nach dem Haustürschlüssel herum, der irgendwo ganz unten vergraben war, als mein Handy klingelte und ich erschrocken zusammenzuckte und den Schlüssel fallen ließ.
    Stirnrunzelnd ging ich ans Telefon und sah mich suchend nach dem Schlüssel um.
    «Louise? Hier ist Papa!», rief Rüdiger am anderen Ende der Leitung. «Wo bist denn du?!»
    «Äh… gleich zu Hause», sagte ich verständnislos.
    «Ich hab mit dem Mittagessen auf dich gewartet, aber ich musste wieder in den Laden», erklärte er. «Ich wusste nicht, dass du später kommst.»
    «Tut mir Leid, Paps», seufzte ich. «Ich… hab mich mit einem Freund verquatscht und ganz die Zeit vergessen.» Ich musste ihm ja nicht unbedingt auf die Nase binden, dass ich eine Strafarbeit aufgebrummt bekommen hatte.
    «Macht ja nichts. Ich hab dir den Rest Pizza wieder in den Backofen geschoben. Wir sehen uns dann heute Abend, ja?»
    «Ist gut. Bis später.» Ich legte auf, stopfte das Handy zurück in den Rucksack und drehte mich einmal um mich selbst, ohne den Schlüssel irgendwo zu sehen.
    «Er ist dort drüben», rief der Maskaron. «Direkt unter dem Oleanderstrauch.»
    Ich ging zum Blumenbeet und fischte den Schlüsselbund aus der Erde und schloss damit die Tür auf.
    «Mich dünkt, ich hatte recht!», rief der Maskaron. «Du kannst mich fürwahr hören! Ich ahnte es die ganze Zeit über! Wie ist dein Name, junges Fräulein? Meine Wenigkeit nennt man Sir Janus von…» Mehr verstand ich nicht, weil ich einfach die Tür hinter mir zuwarf und ins Haus lief. Darüber schien er nicht sonderlich erfreut zu sein, weil er ziemlich laut herumtobte, während ich in die Küche ging und einen Blick in den Backofen warf. Sogar die Pizza wurde hier selbst gemacht und kam nicht vom Lieferservice oder aus der Tiefkühltruhe. Seufzend nahm ich mir ein Stück davon und verkrümelte mich damit in meinem Zimmer.
     

Kapitel 7
    «Alissa sagt, dass meine Augen gruselig sind», schluchzte ich in weinerlichem Ton und vergrub das Gesicht in den Händen. Ich wollte nicht, dass er in meine Augen sehen musste. Sie waren schrecklich. Alle sagten das. Nicht nur Alissa.
    «Alissa hat keine Ahnung», antwortete Lenny und nahm sanft meine Hände in seine, um sie wegzuziehen. «Du hast die tollsten Augen, die ich je gesehen

Weitere Kostenlose Bücher