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Schmetterlingsscherben

Schmetterlingsscherben

Titel: Schmetterlingsscherben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Hazy
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und den dunklen Haaren. Er lächelte nicht oder grinste blöde wie die anderen betrunkenen Idioten hier. Er sah total ernst aus und irgendwie machte er mir Angst.
    «Ja, sehr elegant», stimmte der mit den hellbraunen Haaren und den buschigen Augenbrauen zu und griff an meinen Kopf. «Und diese vielen Schmetterlinge…» Er zupfte einen davon ab und hielt ihn zwischen zwei Fingern fest. Er hatte ausgerechnet den Türkisfarbenen erwischt, der jetzt hektisch zappelte und irgendwie versuchte, dem Griff zu entkommen.
    «Danke», sagte ich kühl und streckte die Hand aus. «Ich hätte den gerne wieder.»
    «Oh, ups!», rief er und mit einem Knacken brach der Schmetterling entzwei. «Tut mir leid, ich hab ihn kaputtgemacht.» Er ließ ihn fallen und ich starrte entsetzt auf den Schmetterling, dem einer der Flügel fehlte. Er zuckte nur noch einmal kurz und blieb dann reglos liegen.
    «Macht ja nichts», sagte Dora fröhlich. «Du hast ja noch so viele.»
    Aber das sah ich nicht so. Dieses Ding… hatte gelebt. Jedenfalls für mich. Und es fühlte sich an, als hätte er ein echtes Tier getötet. Vielleicht lag es am Alkohol, vielleicht war ich auch einfach nur melancholisch drauf, aber ich fand es so wahnsinnig traurig, dass mir fast die Tränen in die Augen stiegen.
    «Kannst du nicht aufpassen?!», rief ich laut und funkelte den riesigen Jungen vor mir zornig an. Er war über einen Kopf größer als ich, aber das war mir egal. Meine Wut verdrängte meine Angst.
    Er lachte los. «Mach keinen Aufstand, war doch nur so ein dämliches Plastikteil», sagte er, während sein Freund mich genauestens beobachtete. Als warteten sie geradezu nur darauf, dass ich wieder ausrastete und die Psychopathin herausließ.
    «Heb ihn auf!», verlangte ich und stemmte die Hände in die Hüften. Der Junge hob seinen Fuß und setzte dazu an, den armen Schmetterling gänzlich zu zerquetschen, als hinter uns jemand auf die Terrasse raustrat. «Ich mach das schon. Alex. Martin.»
    Die beiden sahen wie Jünger zu ihrem großen Anführer. «Bist du dir sicher, Neo?», fragte die Plattnase, ehe die beiden sich mürrisch verzogen.
    «Ich bin mal die Toilette suchen», flötete Dora und ließ mich mit Lenny Lennard allein.
    «Was machst du hier?!», fauchte ich, sobald wir nur noch zu zweit waren und er den blöden Schmetterling aufhob.
    «Willst du sehen, wie ich mich zum Affen mache und zur Furie werde, oder mithelfen, damit es schneller geht?!» Ich starrte ihn wütend an und versuchte mich nicht von seinem Kostüm ablenken zu lassen. Er sah wirklich gut aus in dem altertümlichen Anzug mit grünem Samtfrack. Er hatte sogar einen bescheuerten Degen dabei. Vermutlich hätte er damit besser auf einen Maskenball gepasst, als auf eine Dorfkostümparty.
    Bei jedem anderen hätte es mit Sicherheit auch total albern ausgesehen, aber ihm stand es irgendwie und seine Augen strahlten noch grüner als sonst.
    «Nein, bestimmt nicht», antwortete er und sah mich an, als wäre das das Abwegigste überhaupt. Scheinheiliges Arschloch.
    «Ich bin früher nach Hause gekommen, da dachte ich, ich guck noch kurz vorbei», grinste er und steckte den Schmetterling in die Tasche seines Fracks.
    «Weißt du nicht, dass nur Graf Zahl mit hochgeklapptem Kragen rumlaufen darf?» Ich kreuzte die Arme vor der Brust und Lennard lachte los. «Ich kann den nicht umklappen, das ist ein Stehkragen. Das gehört so.»
    «Na klar», grinste ich. «Spätes 18tes Jahrhundert?»
    Lennard sah mich irritiert an. «Ich glaube schon, ja. Naja. Es war das Einzige, was ich zu Hause hatte.» Ich erinnerte mich an die zahlreichen Sachen im Keller der Anderson-Villa. Wir hatten immer gerne darin herumgewühlt.
    «So was hängt bei dir im Schrank?», fragte ich dennoch mit skeptischem Blick. Lennard grinste. «Es gehörte meinem Vater und ich wollte es nicht wegschmeißen.»
    «Und was für eine Märchenfigur stellt das dar? Dorftrottel?»
    «Ich bin der Prinz, natürlich», lachte er. «Das sieht man doch.»
    «Dann geh mal und such dir eine von den Prinzessinnen aus», nickte ich und ging zurück zur Hollywoodschaukel.
    «Du bist meine Prinzessin, schon vergessen?!», rief er mir hinterher und ich verkrampfte innerlich. «Außerdem küss ich lieber einen Schmetterling, vielleicht verwandelt der sich ja. Bei Fröschen funktioniert's ja schließlich auch.»
    «Vielleicht schlägt der Schmetterling dich aber auch zu Boden», antwortete ich und drehte mich zu ihm um. Ich wusste auch schon vorher, dass

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