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Schmusemord

Schmusemord

Titel: Schmusemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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um Vergeblichkeit für unglaubwürdige Meldungen, aber nicht mal in der CDU hört man ein böses Wort über ihn.«
    »Wann etwa wird er heiliggesprochen?« sagte Matzbach. »So was gibt es nicht. Jedenfalls nicht im Rheinland wo, wie wir alle wissen, die Gehässigkeit Nationaltugend ist.«
    »Ich dachte, es wäre Gemütlichkeit«, sagte Daniela. »Aber ich bin ja von der Ahr.«
    »Gemütlich ohne gehässig ist blöd. Aber wir wollen das nicht ausdiskutieren; oder jedenfalls nicht jetzt. Sprich weiter, Mensch.«
    Yü räusperte sich; dann redete er schnell und konzentriert, wobei er gelegentlich einen seiner Zettel zur Konsultation aus der Brusttasche zuzog. Er gab einen gerafften Überblick: Elias Jüssen als guter Mensch, der im zerstörten Köln billige Wohnungen baute, die trotz aller Billigkeit keineswegs schlecht waren; der mit stummer Billigung des Kardinals das Fringsen in großem Stil betrieb und ganze Eisenbahnwaggons mit Kohle verschwinden ließ, um in den ersten harten Wintern unentgeltlich Brennstoff zu verteilen; der aus trüben Quellen Bier, Wein und Schnaps zapfte und in Umlauf brachte, als es nichts zu trinken gab. »Und«, sagte Yü salbungsvoll, »es hat sich alles bestens ausgezahlt, weil die Menschen, denen dieser gute Mensch half, später, als sie wieder Geld hatten, ihre Geschäfte vor allem mit ihm machen wollten.«
    »Eigentlich hatte ich ein Dossier erhofft, kein Märchen.« Matzbach ließ die Mundwinkel sinken, bis sie fast das Niveau der mächtigen Kerbe seines Kinns erreicht hatten. »Für Märchen bin ich zuständig.«
    »Das dauert mir alles zu lange.« Hermine stand auf. »Ich geh ein bißchen schnitzen; das hier hält ja keine Sau aus.« Sie wandte sich zum Haus.
    »Ich komme mit, wenn ich darf«, sagte Daniela. »Vielleicht kommen die Jungs ja zu Potte, wenn sie sich unbelauscht fühlen.«
    »Schade.« Yü schob die Unterlippe vor. »Gerade wollte ich zu den interessanteren Teilen kommen.«
    »Dann mach; wir stehen und warten.« Hermine hakte sich bei Daniela ein.
    »Ach, das wird mir zu hektisch.« Matzbach stand ebenfalls auf. »Wenn du meinst, du hättest die ganze Sache so im Griff, daß du in weniger als vierundzwanzig Stunden fertig wirst, dann sag Bescheid.«
    Yü lächelte dünn. »Na gut, Manöver abgeblasen.«
    »Wieso Manöver?« sagte Daniela. »Ah, hat das was mit dem Anruf heute früh zu tun? Du hast da am Telefon was von ›Überraschung‹ gesagt, und Beeilung, und daß wir in Brenig wären.«
    »Wer denn?« sagte Matzbach.
    Yü klackte mit der Zunge. »Ah nein, so nicht. Entweder rede ich, bis die Überraschung kommt, oder ich reiß mich am Riemen und mach’s kurz; aber die Überraschung wird nicht verraten.«
    »Dann mach’s kurz. So spannend ist deine Überraschung bestimmt nicht.« Matzbach fischte eine längliche Sumatra aus der Brusttasche, zündete sie an und blies Yü Oualm ins Gesicht. Ohne dadurch allerdings den jähen Schwall nüchterner Rede unterbrechen zu können.
    Jüssen, sagte Yü, habe viele karitative Dinge getan und damit überraschend gut verdient. Es laufe immer nach einem ähnlichen Schema ab.
    »Zum Beispiel so. Eine Baufirma, an der er beteiligt ist, erstellt die Gebäude für ein Altersheim, das Jüssen spendet. Da er spendet, gibt es nie eine öffentliche Ausschreibung; er errichtet das Altersheim aber in einem Ort oder Ortsteil, wo so was gerade dringend gebraucht wird; also beteiligt sich die öffentliche Hand, auch an den Personalkosten. Das Personal wiederum wird – abgesehen von ein paar medizinischen Fachleuten – von einer Firma für Zeitpersonal beschafft, an der Jüssen beteiligt ist. Versorgt wird das Heim von einem Catering-Service, der Jüssen gehört, jedenfalls teilweise. Sagen wir mal so: Er spendet und stiftet und schenkt, und für fast jede Mark, die er stiftet, kriegt er im Lauf der Jahre zwei Mark zurück. Er ist beteiligt an Supermärkten, Industriebetrieben, Werkstätten, Transportfirmen, besitzt Gebäude, unterhält jede Menge Beratungs- und Dienstleistungsbüros, drei Tonstudios, mehrere kleine Film- beziehungsweise Fernsehproduktionen. Und so weiter und so weiter. Und, wie gesagt, er ist ein guter Mensch, den alle lieben.«
    »Wo wohnt er?«
    »In einer netten kleinen Villa in Ehrenfeld, mit seiner dritten Gattin und ein bißchen Personal.«
    Baltasar knurrte leise. »Mag ich alles gar nicht glauben. Was meinen die beiden früheren Gattinnen? Lieben die ihn auch noch? Gibt es Kinder?«
    »Zwei Kinder aus der ersten

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