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Schmusemord

Schmusemord

Titel: Schmusemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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sich nach Jahren guter Arbeit als ewig unterschätzter Rausschmeißer und Bodyguard in einem Frankfurter Puff auf Wanderschaft begeben: zu Fuß durch Europa. Eine längere Etappe auf dem Weg (Ziel war eigentlich Neuseeland oder Australien, oder beides) war ihm Bonn gewesen, wo er für Matzbach und Yü Hilfsarbeiten als Springkellner und Bootsführer getan hatte. Sein hinlänglicher Anteil der reichlichen Beute aus Matzbachs letztem »Fall« war durch ein Round-the-World-Ticket von British Airways kaum angeknabbert worden.
    »Man sollte überhaupt keine Postkarten schreiben«, sagte Matzbach. »Die Daheimgebliebenen werden neidisch, die Reisenden erleiden nostalgische Schübe, und die internationalen Postdienste haben mehr zu verschusseln.«
    »Wie sind denn die Damen auf Samoa?« sagte Daniela.
    »Fleischig, geräumig, entgegenkommend.« Zaches schnalzte. »Selten weniger als zwei, und insgesamt habe ich mich gut benommen; danke der Nachfrage. Ihr würdet euch nicht für mich schämen müssen, wenn ihr je dahin reist.«
    »Ladykiller«, knurrte Yü. »Das Große am Kleinen, was? Hast du doch behauptet.«
    »Irgendwann zeig ich’s dir mal, Chef.«
    Yü schüttelte sich.
    »Und ihr sitzt wieder mitten in einer hübschen Affaire?«
    »Noch ganz am Anfang.« Baltasar stellte das begonnene Whiskeyglas (Bushmill’s) auf die Fensterbank neben Daniela. »Du kommst sozusagen wie gerufen. Es wäre in Köln eine Kellnerin zu beschmusen.«
    Zaches lächelte breit. »Gut, sehr gut. Wann fang ich an? Und was springt dabei heraus?«
    »Morgen, von mir aus, was anfangen angeht. Und was springt heraus? Tja, wenn man das jetzt schon wüßte.«
    »Raus hier«, sagte Hermine. »Wenn ihr jetzt wieder anfangt, diese ganze windige Sache durchzuhecheln, dann raus mit euch. Spielt in einem anderen Sandkasten, nicht in meinem. Daniela und ich wollen ein bißchen tratschen, unter Frauen, nicht noch mal diesen Käse anhören müssen.«
    Yü blickte Matzbach an. »Wohin? Nach drüben?«
    »Ah, gute Idee.« Matzbach nahm die angebrochene Flasche und sein Glas. »Ich wollte dir schon lange mal die interessante Sammlung philosophischer Werke zeigen, die sich drüben befindet. Interessierst du dich für Philosophie?«
    »Schwarzes Schwein.«
    Matzbach, Yü und Zaches, bewehrt mit Getränken, durchquerten den Innenhof, um sich in den Westflügel zu begeben. Der Zwerg musterte liebevoll die alte DS 21.
    »Ist aber wieder fein hergerichtet, was, Boss? Wer hat das gemacht?«
    »Dieser Mechaniker, Neffe eines toten Onkels.«
    Zaches pfiff mißtönend durch die Zähne. »Die Sache hattest du doch aufgeklärt, mit Yüs Hilfe, oder? Und als Dank hat der Junge dir die Bibliothek vom Alten vermacht. Wieviel hat er für die Arbeit an der DS genommen?«
    »Du irrst.« Matzbach blieb stehen, eine Hand an der Klinke der Haupttür zum Westflügel. »Die unlesbaren Bücher wollte er dringend loswerden, und ich hab sie nur angenommen unter der Bedingung, daß er den Wagen wieder schön macht.«
    »Gutes Geschäft. Und um was geht’s jetzt?«
    Dann standen sie in der getäfelten Halle, die einmal Stall gewesen war, und Zaches riß die Augen auf. »Porca Madonna«, sagte er.
    An den Wänden des etwa 200 m 2 großen, fast vier Meter hohen Raums standen Regale, teilweise gefüllt mit Büchern, aber es blieb noch viel Platz. Ein langer Refektoriumstisch aus nahezu schwarzem Holz, gute zehn Meter lang, stand in zwei Schritten Abstand zur östlichen Regalwand; auf ihm türmten sich Bücher, schwankende Schartekenstapel. Gegenüber, vor der westlichen Wand, mit ebenfalls etwa zwei Schritten Freiraum, schlängelte sich eine Konstruktion aus groben Böcken und durchgebogenen Brettern, auf denen Bücher gen Himmel wucherten. Bücher in Pyramiden bedeckten den Boden, standen in langen Reihen wie Dominosteine unter dem Refektoriumstisch, ruhten in schwindelerregenden Arrangements auf Stühlen.
    Yü faltete die Hände auf dem Rücken, ging zur Westseite und blickte durchs Fenster auf die Obstgärten, die sich zum Ort und zum Kamm des Vorgebirges hin erstreckten. »Schönes Wetter«, sagte er.
    »Lenin«, murmelte Zaches; er ging mit extrem geneigtem Kopf einen gelassenen Slalom durch die Reihen. »Marx. Mao. Hegel. Spinoza. Platon. Thomas. Kenn ich alle nicht, will ich alle nicht kennen lernen.«
    »Ah, du auch nicht?« Yü wandte sich ihm zu, wippte auf den Fußspitzen und nickte heftig. »Ist das nicht widerlich? Ceausescu und andere bedeutende Pillosofen stecken da auch,

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