Schmutzige Kriege
für Missionen und politischen Zielen, die sie um eigener politischer Zwecke willen erreichen wollten«.
Auf die Frage, welche Operationen er am verwerflichsten finde, antwortete Hunter spontan: »Die Verwendung von Spezialkräften für Spionage ohne Wissen des AuÃenministeriums und der Central Intelligence Agency; den Einsatz von Spezialeinheiten in aller Welt, teilweise in verbündeten Ländern, um Menschen gefangen zu nehmen oder zu töten, die angeblich mit extremistischen Organisationen in Kontaktstanden.« Er schilderte vom JSOC durchgeführte Operationen in zahlreichen Ländern, nicht nur im Irak oder in Afghanistan. Darunter: Somalia, Algerien, die Philippinen, Indonesien, Pakistan, Thailand, Mali, der Jemen, Kolumbien, Peru sowie verschiedene europäische und zentralasiatische Länder. Rund um den Globus, so Hunter, wurde das JSOC eingesetzt, um »auf Anweisung kinetische Operationen â sei es Gefangennahme oder Tötung« â durchzuführen.
»Wer waren die Leute, die getötet werden sollten?«, fragte ich.
»Leute, die entweder Verbindungen zu einer extremistischen Organisation hatten oder mutmaÃlich einer extremistischen Organisation angehörten. Oder es waren Leute, die Unterschlupf boten oder für die Finanzierung sorgten«, erklärte mir Hunter.
»Welche Informationen waren erforderlich, um zu sagen: âºWir haben grünes Lichtâ¹ für die Durchführung einer gezielten Tötung auÃerhalb eines erklärten Kriegsgebiets?«
»Meist handelte es sich um reine Indizien«, erwiderte Hunter. »Die Mehrzahl der Operationen basierte auf zwar verwertbaren, aber nicht unbedingt eindeutigen Informationen. Ich glaube, das ist der beunruhigendste Aspekt der Operationen, die stattfanden.«
Dahinter stand die Einstellung, so Hunter: »Die Welt ist ein Schlachtfeld, und wir führen Krieg. Deshalb kann das Militär gehen, wohin es will, und tun, was immer es tun will, um die nationalen Sicherheitsziele der Regierung, die zufällig gerade an der Macht ist, zu erreichen.«
  32  âMr. Barack Obama ⦠Ich hoffe, Sie überdenken Ihren Befehl, meinen Sohn ⦠zu töten.â
Washington und Jemen, Anfang 2010
Im Januar 2010 wurde über die US-Medien bekannt, dass das JSOC Anwar Awlaki auf seiner Liste hochrangiger Ziele offiziell in die Kategorie »Gefangennehmen oder Töten« hochgestuft hatte. Die Entscheidung, einen US-Bürger zur gezielten Tötung freizugeben, erfolgte nach Prüfung durch den Nationalen Sicherheitsrat, der hierfür grünes Licht gegeben hatte. »Die CIA wie auch das JSOC führen Listen von Personen, âºhochrangige Zieleâ¹ und âºhochrangige Individuenâ¹ genannt, die sie zu töten oder gefangen zu nehmen beabsichtigen«, berichtete die
Washington Post.
»Auf der JSOC-Liste stehen drei Amerikaner, darunter Aulaqi, dessen Name Ende letzten Jahres hinzugefügt wurde. Auch die CIA-Liste beinhaltete drei US-Bürger (Stand von vor einigen Monaten), und ein Geheimdienstmitarbeiter sagte, man habe nun Aulaqis Namen hinzugefügt.« 1
Als der
Washington Post
-Artikel am 27. Januar erschien, beeilte sich die CIA zu erklären, dass sie Awlaki nicht zur gezielten Tötung freigegeben habe. Daraufhin brachte die
Washington Post
eine Richtigstellung, in der es hieÃ, »das Joint Special Operations Command der Streitkräfte führt eine Todesliste, auf der auch mehrere Amerikaner stehen.« Diese Wortklauberei machte deutlich, welchen Vorteil es dem WeiÃen Haus brachte, für gezielte Tötungen das JSOC zu nutzen. »Aufgrund der Tatsache, dass wir uns nicht im Krieg befinden, halte ich das rechtlich für sehr fragwürdig«, sagte Oberst Patrick Lang mir gegenüber, kurz nachdem herausgekommen war, dass Awlaki auf einer Abschussliste des JSOC stand. »Und er gehört keiner feindlichen Streitmacht an, die sich juristisch gesehen im Krieg mit den Vereinigten Staaten befindet. Ich schätze Recht und Gesetz, wenn es um Krieg geht. Sonst wird es sehr schnell sehr chaotisch.« 2 Der Verfassungsrechtler Glenn Greenwald schrieb damals:
Wenn US-Truppen auf einem realen Schlachtfeld kämpfen, haben sie natürlich [wie jeder andere] das Recht, gegen sie kämpfende Kombattanten zu töten, auch wenn diese amerikanische Staatsbürger sind. Das liegt in der Natur des Kriegs. Deshalb ist es zulässig,
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