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Schnapsdrosseln - Kriminalroman

Schnapsdrosseln - Kriminalroman

Titel: Schnapsdrosseln - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Trinkaus
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gut wie ich, dass sich das unter derartigen Bedingungen schnell ändern kann …«
    Er nahm den Hörer von der einen in die andere Hand. Wischte die schweißfeuchte Handfläche an der Hose ab. »Selbstverständlich …«, sagte er dann. »Und – wie läuft es sonst so?« Er ertrug ungeduldig die unverbindlichen, uninteressanten Worte, die auf diese Frage folgten, verabschiedete sich dann. Er legte auf und sah auf seine Liste.
    Vier weitere Telefonate standen noch aus. Er hatte die Sache ordentlich vorbereitet. Hatte diejenigen, die ganz sicher sofort Interesse am Kauf hätten, säuberlich aufgelistet. Diejenigen, zu denen er persönliche Beziehungen hatte. Die, die unter keinen Umständen irgendetwas für sich behalten würden. Es war so einfach. Die Nachricht würde sich wie ein Lauffeuer verbreiten. Je mehr er auf Geheimhaltung pochte, umso schneller würde sich herumsprechen, dass Nolden-Bau eine Mogelpackung war. Natürlich war das Unsinn. Natürlich schadete das, was er tat, der Firma. Aber wo gehobelt wurde, da fielen Späne, und die Sache würde sich über kurz oder lang wieder einrenken. Sobald Maxi begriff, dass niemand die Firma haben wollte, würde sie sich besinnen. Es fiel ihm schwer, das zu tun, aber wenn es ihm mit seinen Argumenten nicht gelang, seine Tochter zur Vernunft zu bringen, musste er eben auf andere Weise verhindern, dass sie eine Dummheit machte.
    Es war letztlich in ihrem Interesse.
    Und in seinem. Er hatte zu viel investiert in die Sache. Er hatte Opfer gebracht. Er brauchte diese Firma. Er brauchte einen Posten, eine Aufgabe. Und es war egal, wie er ans Ziel kam. Er würde Maxi beweisen, dass er es konnte. Seine Sache gut machte. Und irgendwann würde sie ihm dankbar sein.
    Er strich einen Namen auf der Liste durch. Wählte dann die nächste Nummer.
    Kaffeeduft, Sonnenschein und zwei Hunde, die friedlich nebeneinander im Schatten lagen und schliefen. Es war schön hier, dachte Britta, ein wirklich schönes Plätzchen, wenngleich sie sich ein wenig unbehaglich unter Stefanies Blick fühlte.
    »Und Anna hat Ihre Freundin beauftragt? Unglaublich.«
    Britta nickte. »So ungefähr. Es ist …«
    »Kompliziert, ich weiß. In Ihrem Leben scheint ja einiges kompliziert zu sein.« Stefanie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und schloss einen Moment die Augen. »Vielleicht hätten Sie mich einfach fragen sollen. Mit offenen Karten spielen. Das macht komplizierte Dinge zuweilen einfacher.« Sie hielt kurz inne. »Und es ist einfach«, sagte sie dann. »Im Grunde ist es ganz einfach. Sie waren meine Familie. Bernd und Norbert.« Sie lächelte ein bisschen bemüht. »Meine Kindheit war schwierig. Nein, sie war erbärmlich. Meine Mutter war krank. Das habe ich irgendwann begriffen, als ich längst erwachsen war. Damals hielt ich sie für ein Monster. Sie war nicht imstande, mich zu lieben. Sie konnte auch sich selbst nicht lieben. Ich war in ihren Augen schlecht und verkommen, etwas, das sie kontrollieren und zurechtbiegen musste. Als Kind begreift man nicht, was vorgeht. Ich hatte ja keinen Vergleich. Ich war ihr ausgeliefert, ihr und den ständigen Strafen für Sünden, die ich nicht verstanden habe. Ich war ein Kind. Das macht mich böse, heute, wenn ich daran denke. Denn da waren andere, viele Menschen rundherum, die alle gewusst haben, dass etwas nicht stimmt. Es war nicht zu übersehen. Aber niemand hat etwas unternommen. Man mischt sich nicht ein. Man kennt die Frau ja kaum.«
    Sie griff nach ihrem Kaffeebecher, nahm den Löffel, der darin stand, und begann zu rühren. »Das tut eigentlich nicht wirklich etwas zur Sache. Aber seit ich wieder hier bin, muss ich mich mit diesen Dingen auseinandersetzen. Ich kann das aushalten. Es ist gut, dass ich das tue. Aber nicht immer leicht. Ich muss mich daran erinnern, dass es um mich geht. Ich kann heute verstehen, dass meine Mutter nicht böse war, sondern ein tief unglücklicher Mensch. Ich kann ihr deshalb nicht alles verzeihen, aber ich kann damit fertigwerden.«
    Stefanie stellte den Becher wieder ab, ohne getrunken zu haben. »Das ist vielleicht der Grund, warum ich hier bin. Um mit der Vergangenheit abzuschließen, statt vor ihr davonzulaufen. Ich bin erwachsen. Ich weiß, was mir wichtig ist. Ich kann mich um mich selbst kümmern. Damals konnte ich das nicht. Und hätte ich Norbert und Bernd nicht gehabt, ich hätte vielleicht nicht überlebt. Wir waren Freunde, sie waren die besten Freunde, die man sich vorstellen konnte. Von der ersten Klasse

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