Schneeflockentanz (German Edition)
Scherz, Honey! Von mir aus gib ihm zehn Prozent Nachlass. Aber wenn ich dir einen Rat geben darf, schmeiß deine Couch aus dem Fenster!“ Tobi nickte, um seinen eigenen Worten Nachdruck zu verleihen. Can erwiderte vorsichtshalber nichts. Hauptsache, sein Chef hatte begriffen, wo der Hase lang lief - und der nahm ganz sicher nicht den Weg in sein Bett!
Als Jo bezahlt hatte, gab Can ihm die Tüten und kramte dann in der Hosentasche. „Hier, die brauchst du wohl auch noch.“ Er reichte Jo die Wohnungsschlüssel. Dieser nahm sie lächelnd entgegen und sagte:. „Ich werde ausnutzen, dass es im Moment nicht schneit, und meinem Fahrrad Köln zeigen.“
Can nickte und erwiderte: „Tu das. Ich werde dann solange ein bisschen arbeiten.“ Nun grinste Jo schief. „Mein Urlaub ist ja auch bald rum“, beschwichtigte er.
„ Ich gönn ihn dir. Mach dir 'nen schönen Tag!“
Als die Ladentür schließlich hinter seinem Mitbewohner ins Schloss gefallen war, atmete Can erleichtert durch. Sofort hatte Tobi ihn im Visier. Er drohte ihm sogar mit dem Zeigefinger. „Ich weiß, du denkst, ich wäre eine oberflächliche Tucke, die sich so provokant schwul verhält, weil sie nicht anders könnte, Caniboy. Aber ich darf dir versichern, dass ich mal ganz anders war. Ich habe lange genug verleugnet, wer und was ich bin. Habe mich in biedere Anzüge gequetscht und noch viel biederes Zeug geredet. Und das alles nur, damit man nicht bemerkte, wie es in mir drin aussah. Ich habe also aus eigener Hand genügend Erfahrung mit Schwulen, die glauben, anderen etwas vorspielen zu können. Und ich kann dir sogar versichern, dass das eine Zeitlang auch prima klappt. Eine Lüge baut auf der anderen auf, und wird zu einem schönen Turm des Scheins, der genau in dem Licht erstrahlt, das du selbst gewählt hast. Du glaubst, du hättest alles im Griff. Aber Lügen sind hohl und instabil. Und eines Tages fällt dein ganzes falsches Gebilde wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Wenn es soweit ist, wirst du dir Vorwürfe anhören müssen, die du jetzt nicht mal ansatzweise erwarten würdest. Dein Jo wird dich beschuldigen, ihn für deine Zwecke missbraucht zu haben. Er wird denken, du hättest ihn nur bei dir wohnen lassen, um dich an seiner Gegenwart aufzugeilen. Und vielleicht wird er sogar der Meinung sein, du hättest ihn gegen seinen Willen verführen wollen. So etwas behaupten Heten-Männer immer, weil sie wissen, dass sie uns damit in die Enge treiben können. Vor allem, wenn sie so gut aussehen wie dein Jo.“
Can blickte auf den immer noch erhobenen Zeigefinger und erwiderte ruhig: „Er ist nicht mein Jo. Und meinst du nicht auch, du übertreibst ein wenig?“
Der Finger wurde gesenkt und Tobis freundlicher Gesichtsausdruck kehrte zurück.
„ Ja, ein wenig vielleicht. Aber trotzdem solltest du drüber nachdenken, ihm reinen Wein einzuschenken, denn dieses Sahnestückchen hat keinen Schimmer davon, dass du schwul bist, richtig?“
„ Das hast du ja haarscharf erkannt“, erwidert Can ironisch.
„ Dann sag es ihm!“
„ Und wie?“, fragte Can zweifelnd.
„ Du setzt dich einfach mit ihm hin, siehst ihm in die Augen und sagst: Hey Mann, ich bin schwul.“
„ Toller Plan“, stöhnte Can.
„ Das ist kein Plan. Das ist einfach nur dieses Ding … Wie hieß das noch gleich? Hm … warte, ich komme gleich drauf. Ach ja - es ist die Wahrheit , Can!“
„ Ich schulde ihm keine Wahrheit. Er wohnt nur für ungefähr zwei Wochen bei mir. Ich tue ihm einen Gefallen, sonst verbindet uns nichts.“
Tobi lächelte. „Mag sein, dass du ihm die Wahrheit nicht schuldest, aber dir schuldest du sie! Denk mal drüber nach! Und selbst wenn euch nur Freundschaft verbindet, meinst du nicht, dass er es dann trotzdem wissen sollte?“
Can schwieg einen Moment. Schließlich sagte er: „Ich werde darüber nachdenken.“ „Ja, tu das Sweetheart. Und jetzt mach, dass du ins Lager kommst und die neuen Gürtel auszeichnest, bevor ich die Peitsche raushole.“
Can grinste. Sein Chef hatte echt 'nen Knall! Allerdings lag er vielleicht mit seinen Horrorvisionen, was ein verspätetes Outing gegenüber Jo anging, gar nicht so verkehrt.
*~*~*
Als Can am Abend die Tür aufschließen musste, stutzte er. Er betrat die Wohnung und machte das Licht an. Alles sah tadellos aus, nur von Jo gab es keine Spur. Zwischendurch war er allerdings zweifelsfrei in der Wohnung gewesen, denn er hatte die neuerworbene Kleidung ordentlich auf Bügel gehangen, und
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