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Schneestille

Schneestille

Titel: Schneestille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Joyce
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einzunicken. Irgendwann wurde das Wasser, in dem sie saßen, langsam kalt, also schob sie ihn beiseite, stieg aus der Wanne und wickelte sich in ein Handtuch. Dann kam ihr der Gedanke, dass sie vielleicht wenigstens irgendwo Bescheid sagen sollten, dass sie die Lawine überlebt hatten, also rief Zoe die Rezeption an. Es läutete und läutete, aber niemand hob ab. Schließlich rubbelte sie sich trocken und zog sich etwas über, ließ Jake in der Wanne weiter einweichen und tappte wieder zum Aufzug.
    Die Rezeption war nach wie vor verwaist. Auf der Theke stand eine altmodische Klingel, so eine, auf die man mit der flachen Hand hauen musste, aber auch die lockte niemanden zum Empfang. Irritiert beugte sie sich über die Theke und spähte in das Büro hinter der Rezeption, und obwohl alles in bester Ordnung schien, war niemand zu sehen. Ihr wurde leicht flau im Magen.
    Ihr erster Impuls war es gewesen, sich aufzuwärmen und sich dann um Jake zu kümmern, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass sie viel Schlimmeres durchgemacht hatte als er. Obwohl die Lawine auch ihn mitgerissen und auf der Piste wieder ausgespuckt hatte, war er nicht lebendig begraben worden. Zum zweiten Mal, seit Jake sie aus dem Schnee ausgegraben hatte, schossen ihr die Bilder dieses Albtraums wieder durch den Kopf. Ihr zitterten die Hände. Langsam ging sie zurück zum Aufzug und fuhr nach oben.
    Jake war in der Badewanne eingeschlafen. Im Türrahmen blieb sie stehen, schaute ihn an, und er spürte ihren Blick und schlug die Augen auf.
    »Keiner da.«
    »Wo?«
    »Unten. Ich bin gerade nach unten gegangen. Es ist niemand da.«
    »Na ja, im Hotel ist um diese Zeit immer tote Hose, oder? Die Gäste tummeln sich alle auf der Piste.«
    »Und das Personal?«
    »Macht vermutlich gerade ’ne Zigarettenpause.«
    Sie schaute ihn zweifelnd an. »Aber doch nicht alle gleichzeitig, oder?«
    »Alle was?«
    »Gäste. Die sind doch nicht alle draußen, oder? Die Pisten sind gesperrt.«
    »Na ja, vielleicht war die Lawine schlimmer, als wir dachten. Vielleicht sind alle oben auf dem Berg und helfen.«
    »Meinst du? Meinst du, es war wirklich so schlimm?«
    »Für uns beide war es schlimm genug. Ich meine, ich weiß auch nicht. Vielleicht hat uns bloß ein Ausläufer der Hauptlawine erwischt. Was sollen wir machen?« Er stieg aus der Wanne und griff nach einem Handtuch. »Wir können bloß abwarten und Tee trinken, bis sie wieder zurückkommen.«
    Nachdenklich ging sie ins Schlafzimmer, setzte sich auf das Bett und rang die Hände.
    Jake erschien in sein Handtuch gewickelt, und seine rosige Haut schimmerte noch feucht und dampfte vom warmen Badewasser. »Es muss doch bestimmt ein Gesetz geben«, sagte er, »dass man als Mann seine Ehefrau nicht so verdammt rattenscharf finden darf. Und ganz besonders nicht nach einem Nahtoderlebnis.«
    Womit er das Handtuch beiseite schleuderte, sie rücklings auf das Bett warf und ihre Beine in die Luft hob. Sie quiekte auf, und als er sich auf die stürzte, wehrte sie sich mit Händen und Füßen. Er zuckte zusammen.
    »Meine Rippen.«
    »Geschieht dir recht.«
    »Wir wären fast gestorben! Wir wären fast gestorben. Ich will dich mit Haut und Haaren verschlingen. Genau wie die Lawine.«
    »Komm her.«
     
    »Langsam kriege ich Hunger. Wo bitte bleibt das bluttriefende Steak? Zum Teufel mit den horrenden Preisen, lass uns den Zimmerservice anrufen.« Aufmerksam studierte er die Speisekarte. »Was soll ich uns bestellen?«
    »Ein Steak, englisch, bitte. Rotwein. Alles, was ungesund ist.«
    Er wählte die Nummer des Zimmerservice. Als niemand abhob, rief er den Empfang an. Auch da keine Antwort. »Komisch.«
    »Ich hab dir doch gesagt, es ist niemand da. Du hörst mir einfach nicht zu.«
    Aber er hielt den Hörer noch eine Weile in der Hand. Schließlich legte er ihn mit einem leisen Klick wieder auf die Gabel. »Komm, wir ziehen uns an. Dann gehen wir ins Restaurant und essen da was.«
    Auf dem Weg zum Restaurant bekam Zoe einen Kicheranfall. Zwar hielt sie sich die Hand vor den Mund, aber trotzdem entwischte ihr ein lautes Grunzen. Jake blieb mitten auf dem Gang stehen und schaute sie an, aber sein ratloses Gesicht machte es nur noch schlimmer. Vielleicht war sie leicht hysterisch, nachdem sie dem Tod gerade noch mal so von der Schippe gesprungen war, aber irgendwie wollte Zoe nur noch lachen. Nicht grinsen oder kichern, nein, lachen. Der unwiderstehliche Drang, einfach grundlos lauthals loszulachen, war nicht zu

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