Schneesturm und Mandelduft: Kriminalroman (German Edition)
weniger attraktiv.
»Lisette!« Brittens Stimme unterband alle weiteren Kommentare ihrer Tochter. Martin schaltete sich ebenfalls ein und wandte sich in scharfem Ton an seine Freundin:
»Wir sollten jetzt Ruhe bewahren, habe ich gesagt. Dieses Herumgezicke bringt gar nichts. Wir alle müssen versuchen, diese Tage zu überstehen, bis wir wieder Verbindung zum Festland herstellen können!«
Der Blick, den er von Lisette erntete, verriet ihm, dass in der nächsten Zeit nicht viele Kuschelstunden auf dem Programm stünden. Auch egal. Sobald sie hier wegkamen, wollte er sie nie mehr sehen.
Martin wandte den anderen den Rücken zu und ging in die Küche, um Kaffee zu holen. Er hatte die Nase voll von der Familie Liljecrona.
Lisette blickte Martin nach, als er den Raum verließ. Sie kochte innerlich. Dass er es wagte, sie auf diese Weise zurechtzuweisen. Und das galt auch für ihre Mutter! Aber sie und Vater hatten Matte schon immer mit Samthandschuhen angefasst. Alle Aufmerksamkeit war auf ihn gerichtet – auf Lisettes Kosten.
»Du kommst ja gut allein zurecht, wir müssen Matte nur ein bisschen helfen …« Immer war Matte wichtiger gewesen als sie. Matte mit seinen Ängsten, seiner Unsicherheit. Dann – im ersten Jahr an der Uni – kam der Zusammenbruch, und sie hätte genauso gut unsichtbar sein können. Es hieß nur noch »armer Matte«, der den Druck nicht ausgehalten hatte und sich nun »ausruhen« musste. Sogar Ruben hatte sich damals Sorgen gemacht. Er hatte Matte immer wie seinen Augapfel gehütet. Es war so verflucht ungerecht.
Sie warf Bernard quer durch den Raum einen Blick zu. Er war der Einzige, der sie verstand. Sie hatten viele Abende zusammen verbracht und bei ein paar Gläsern Wein über die Sünden ihrer Väter gesprochen. Hin und wieder waren sie sogar miteinander im Bett gelandet. Aber darüber redeten sie nicht laut, sie waren trotz allem Cousin und Cousine. Schade eigentlich. Lisette war schon immer der Meinung gewesen, dass sie wie gemacht füreinander waren. Er war bis in die Haarspitzen ein Mann. Im Vergleich dazu war Martin unglaublich … banal.
Und allein der Gedanke, dass sie damit zufrieden sein könnte, von einem Polizistengehalt zu leben, war lächerlich. Da bekam sie ja von ihrem Vater mehr Taschengeld.
Innerlich lächelnd dachte sie an ihr letztes Schäferstündchen mit Bernard. Sie hatten sich vorhin im ersten Stock getroffen. Aber um ein Haar hätte Martin sie erwischt.
»Ich wünschte wirklich, du wärst Matte gegenüber rücksichtsvoller, Lisette.«
Britten stand plötzlich neben ihr, und Lisette zuckte zusammen, schüttelte dann aber die Hand ab, die ihre Mutter ihr auf den Arm gelegt hatte.
»Matte, Matte, Matte. Ich kann das nicht mehr hören. Warum musst du ihn ständig verteidigen! Hast du nicht gesehen, wie er den armen Bernard angegriffen hat?«
»Armer Bernard«, schnaubte Britten. »Es wäre schön, wenn du bei deinem Cousin nicht so blauäugig wärst. Hast du nicht gehört, was er zu Matte gesagt hat? Ich finde es auch nicht gut, dass Matte auf ihn losgegangen ist, man löst Dinge nicht durch Gewalt, aber ich verstehe schon, dass er reagiert hat, es war äußerst unverschämt …«
»Unverschämt? Unverschämter ist doch, Bernard fast zu erwürgen!« Lisettes Stimme wurde schrill, und alle Blicke richteten sich auf Britten und sie. Harald sah sich verlegen um und ging dann schnell zu Frau und Tochter.
»Schhhh, Schluss jetzt mit der Streiterei. Seid doch mal ein bisschen leiser«, bat er, und Lisette genoss es, wie unangenehm ihm die Situation war. Ihr Vater war schon immer feige und konfliktscheu gewesen. Bei Diskussionen mit ihr und Matte hatte er sich immer fein herausgehalten und alles Britten überlassen. Auch jetzt wusste er nicht, wohin er blicken sollte. Lisette verachtete ihn zutiefst. Die ganze Familie. Ihr einziger Trost war es gewesen, eines Tages Rubens Geld zu erben. Dass sie ihnen irgendwann den Mittelfinger zeigen würde. Auf ihr verdammtes Studium scheißen und einfach nur − leben konnte!
Sie musterte Harald und Britten kühl. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und ging, nur einen Gedanken im Kopf:
Hoffentlich kamen sie bald von hier weg.
Börje und Kerstin waren voll damit beschäftigt, das Mittagessen zuzubereiten, als Martin in die Küche kam.
»Könnte ich ein wenig Kaffee bekommen?« Er nickte in Richtung der Kaffeemaschine auf der Anrichte.
»Bedienen Sie sich nur«, sagte Kerstin. Sie war dabei, einen Laib Brot
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