Landleben
John Updike Landleben
Roman
Deutsch von Susanne Hobel
und Helmut Frielinghaus
Rowohlt
Die Originalausgabe erschien im Jahre 2004
unter dem Titel «Villages» im Verlag
Alfred A. Knopf, New York
1. Auflage Januar 2006
Copyright © 2006 by Rowohlt Verlag GmbH,
Reinbek bei Hamburg
«Villages» Copyright © 2004 by John Updike
Alle deutschen Rechte vorbehalten
Satz Caslon 540 PostScript, InDesign,
von Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin
Druck und Bindung Clausen & Bosse, Leck
Printed in Germany
ISBN 13: 978 3 498 06883
7
ISBN 10:3 498 06883 0
Oh, Liebe, lass uns wahr sein
Miteinander’. Denn in der Welt, die
Vor uns liegt gleich einem Land der T äume
r
,
So mannigfaltig und so schön, so neu,
Gibt s Freude nicht, noch sichere Gewissheit,
Nicht Liebe, Frieden, Licht, nichts gegen Leid ...
M
atthew Arnold, «Dover Beach»
Die Kapitel
I Träum weiter, guter Owen .......................................................................... 9
II Kleinstadt‐Sex 1.......................................................................................... 28
lll Ehemann .................................................................................................... 48
IV Kleinstadt‐Sex 2 ........................................................................................ 77
V Wie Phyllis erobert wurde ...................................................................... 108
VI Kleinstadt‐Sex 3 ...................................................................................... 134
VII Unterwegs nach Middle Falls............................................................... 152
VIII Kleinstadt‐Sex 4.................................................................................... 176
IX Genesung................................................................................................. 207
X Kleinstadt‐Sex 5 ....................................................................................... 242
XI Entwicklungen auf dem......................................................................... 274
Hardware‐Sektor......................................................................................... 274
XII Kleinstadt‐Sex 6..................................................................................... 304
XIII Man möchte es gar nicht wissen........................................................ 346
XIV Kleinstadt‐Weisheit.............................................................................. 387
I Träum weiter, guter Owen
Seit langem schon wacht seine Frau früh auf, um fünf oder
um halb sechs. Aufgrund ihres inneren Rhythmus, manch-
mal nicht im Einklang mit dem Owens, erwacht Julia voller
Zärtlichkeit für ihn, ihren Gefährten auf des Bettes reglo-
ser Reise durch die Nacht unvollkommenen Schlafs. Sie
umarmt ihn und erklärt, ungeachtet seiner Proteste, dass
er noch schlafe, mit leiser, aber unerbittlicher Stimme, wie
sehr sie ihn liebe, wie froh sie sei über ihre Ehe. «Ich bin
so glücklich mit dir.»
Und das nach fünfundzwanzig Jahren des Zusammen-
lebens. Er ist siebzig, sie fünfundsechzig; ihre Verkündi-
gung, für sie selber von Neuigkeitswert, versetzt ihm ei-
nen kleinen Stich: Wie könnte es anders sein? Nach all
den eigenen Kümmernissen und dem Schmerz, den sie
anderen zugefügt haben. Sie haben die Furt durchquert,
und jetzt sind sie hier, auf der anderen Seite. Sie zupft an
ihm, sie dreht seinen Kopf, damit sie ihn auf den Mund
küssen kann. Doch seine Lippen sind gedunsen und taub
vom Schlaf, und in diesem anästhetisierten Zustand, die
Nerven noch nicht wieder geordnet, hat er das Gefühl,
sie wolle ihn ersticken; sie streichelt ihn, wie man früher
sagte, gegen den Strich. Nach einigen weiteren Minuten
liebesbetörten Gerangels, bei dem er sich starrköpfig ver-
weigert und sich die Möglichkeit bewahrt, zu seinem kost-
baren Traum zurückzukehren, gibt Julia nach und erhebt
9
sich vom Bett, und Owen streckt sich dankbar auf der von
ihr
ä
ger umten Seite aus und sinkt für ein, zwei weitere
Stunden in Schlaf.
Eines Morgens träumt er in dieser letzten, gestohle-
nen Stunde, dass er in einem Haus, das er nicht kennt (es
wirkt schäbig, öffentlich, wie eine Pension oder ein Kran-
kenhaus), von gesichtslosen Amtspersonen in einen Raum
geführt wird, wo auf einem Bett wie dem ihren – zwei
aneinander gekoppelte Einzelbetten, die ein großes
Weitere Kostenlose Bücher