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Schneesturm und Mandelduft

Schneesturm und Mandelduft

Titel: Schneesturm und Mandelduft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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aufgehängt, als etwas in Mirandas Blick ihn innehalten ließ.
    »Was ist denn? Ist etwas passiert?«
    Auch Kerstin erstarrte mitten in der Bewegung und schien zu merken, dass irgendetwas nicht stimmte. Miranda konnte zunächst nur nicken. Ihr Hals war wie zugeschnürt, und sie brachte kein Wort heraus. Mit einer Kraftanstrengung räusperte sie sich, um den dringend nötigen Worten freie Bahn zu verschaffen.
    »Es ist … Es ist etwas Schreckliches geschehen … Matte … er …«
    Sie hörte, wie die Worte durcheinander hervorquollen und versuchte sich zu konzentrieren, um das zu formulieren, was sie sagen musste.
    »Matte, er … er ist tot.« Die Worte prallten kalt von der Wand ab. Sie klangen hart und endgültig, als sie aus Mirandas Mund kamen, und der Klumpen in ihrem Magen wuchs mit jeder Silbe. Aus der Bibliothek vernahm sie vereinzelte Schluchzer. Die Hausbesitzer sahen aus, als hätte sie der Blitz getroffen.
    »Was … was sagen Sie da?«, stammelte Börje entsetzt. »Aber … was …?« Auch ihm schien es schwerzufallen, sich in ganzen Sätzen auszudrücken, und Kerstin, die hinter ihm stand, war vollkommen weiß im Gesicht.
    »Aber wie?« Börje schüttelte den Kopf, als versuchte er die Worte loszuwerden, die er soeben gehört hatte.
    Miranda räusperte sich erneut. Noch immer hatte sie das Gefühl, dass ihr etwas die Kehle abschnürte.
    »Er ist erschossen worden …«
    »Erschossen?« Kerstin schnappte nach Luft. Sie wankte und stützte sich gegen die Wand.
    »Erschossen?«, wiederholte Börje wie ein Echo und schüttelte weiter den Kopf.
    »Britten hat ihn in seinem Zimmer gefunden«, sagte Miranda, und ihr Blick wanderte zu der geschlossenen Tür der Bibliothek.
    »Ach, um Himmels willen. Die Arme.« Kerstins Stimme war voller Mitleid. »Wie … wie geht es ihr?«, fragte sie.
    »Sie steht unter Schock.« Ein lautes Schluchzen drang aus dem Raum hinter der geschlossenen Tür, die gruselige Geräuschkulisse zu dem, was Miranda gerade gesagt hatte.
    »Die Arme«, wiederholte Kerstin, schien aber ihre Tatkraft zurückzugewinnen. »Börje, wir müssen zusehen, dass es Kaffee und belegte Brote gibt, damit unsere Gäste etwas zu sich nehmen können, und das Feuer in Gang halten, damit sie da drinnen nicht erfrieren. Wir kümmern uns um die praktischen Dinge, das ist das mindeste, was wir tun können.«
    Ihr energischer Kommandoton weckte sogar Börje aus seiner Erstarrung, und er zog rasch die Stiefel und die Skihose aus.
    »Natürlich. Ich übernehme das Feuer, wenn du fürs Essen sorgst«, sagte er und ging in Richtung Bibliothek. Als er die Hand auf der Klinke hatte, hielt er plötzlich inne.
    »Wo … wo liegt er?«
    »Im Kühlraum«, antwortete Miranda und hörte, wie ihre Stimme zitterte. »Er liegt im Kühlraum.«
    »Und Sie wissen nicht, wer …?« Börje ließ den Rest des Satzes unausgesprochen.
    »Nein. Wir wissen nicht, wer es war«, erwiderte Miranda und wandte Börje und Kerstin den Rücken zu, um in ihr Zimmer hochzugehen. Sie spürte ein schreiendes Verlangen, eine Weile allein zu sein.
    Britten sah auf, als sich die Tür öffnete. Börje blickte verlegen herein und blieb in der Türöffnung stehen. Erschüttert sagte er: »Mein Beileid …« Dann schienen ihm die Worte auszugehen. Sie verstand ihn. Welche Worte gab es denn, die das Geschehene beschreiben konnten?
    Er ging zum offenen Kamin und stocherte mit dem Feuerhaken darin herum, bevor er Holz nachlegte.
    »Jetzt wird es wenigstens ein bisschen wärmer«, sagte er gedämpft und ging wieder zur Tür. »Kerstin kommt gleich mit Kaffee und Broten«, fügte er hinzu, bevor er die Tür wieder hinter sich schloss. Britten folgte ihm apathisch mit dem Blick. Es war ihr völlig gleichgültig, welche Temperatur im Raum herrschte. Sie bezweifelte, ob sie überhaupt merken würde, wenn es unter null wäre. Ihr Körper schien abgeschaltet worden zu sein, triviale Dinge wie Wärme, Kälte, Hunger und Durst nicht mehr spüren zu können. Ihr Gehirn war mit den Bildern beschäftigt, die sich vor ihrem inneren Auge abspielten und die sie einfach nicht glauben wollte. Wie sollte sie auch? Wie sollte sie akzeptieren können, dass Matte, ihr Matte, tot war?
    Lisette saß zusammengesunken vor ihr. Ihr Kopf ruhte auf Brittens Schoß. Sie fühlte, wie ihre Tochter weinend zitterte, und strich ihr abwesend übers Haar. Britten war jetzt nicht in der Lage, Trost zu spenden. Sie konnte die Trauer eines anderen jetzt nicht wahrnehmen. Sie war vollauf damit

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