Schneller als der Tod
»Warum hat er mir nichts davon gesagt?«
»Ich weiß nicht. Das solltest du ihn fragen.«
»Ja, klar. Ich kann ihn kaum ansprechen. Wenn ich ihn überhaupt zu sehen bekomme.«
»Er macht eine Phase durch.«
Das stimmte. Skinflick verbrachte seine ganze Zeit mit Kurt Limme. Aber ich war nicht allzu besorgt darüber. Ich hatte meine eigenen Sachen laufen, und auf eine komische Art schmeichelte es mir, dass Skinflick nicht nur gegen seinen Vater, sondern auch gegen mich rebellierte. Damit gab er zu, dass ich Einfluss auf ihn hatte, genau wie er früher auf mich.
Sein Vater sah das allerdings anders. »Es ist dieser scheiß Kurt Limme«, sagte er. »Der will Adam in die Organisation holen.«
»Darauflässt sich Skinflick nicht ein«, sagte ich. Er nickte langsam. Wir glaubten mir beide nicht. »Ich möchte wirklich nicht, dass es dazu kommt«, sagte Locano.
»Ich auch nicht.«
Er senkte die Stimme. »Es würde ja bedeuten, dass er jemanden umbringen müsste.«
Ich ließ sich das erst mal setzen. »Kann er nicht freigestellt werden?«
»Ärger mich nicht«, sagte Locano. »Du weißt, es gibt keine Freistellungen.«
Gut, wahrscheinlich wusste ich das. Dass er es zugab, haute mich trotzdem um. »Was machen wir also?«, sagte ich. »Wir können das nicht zulassen.« »Gut, aber was tun wir?«
Locano wandte den Blick ab und murmelte etwas. Ich verstand ihn nicht. »Bitte?«, sagte ich.
»Ich möchte, dass du Limme umbringst.«
»Was?«
»Ich zahle dir fünfzig Riesen.«
»Ausgeschlossen. So was solltest du nicht von mir verlangen.«
»Hundert Riesen. So viel du willst.«
»Den Scheiß mach ich nicht.«
»Es ist nicht nur für Adam. Limme ist ein Ärgernis.«
»Ein
Ärgernis?
Wen juckt das denn?«
»Er ist ein kaltblütiger Mörder.«
»Wieso?«
»Er hat einen russischen Lebensmittelhändler mitten ins Gesicht geschossen.«
»Um aufgenommen zu werden?« »Was spielt das für eine Rolle?«
»Und ob das eine spielt. Du erzählst mir hier, dass Limme vor fünf Jahren oder was jemanden erschossen hat? Das ist übel. Dafür hat er den Tod verdient, und ich hoffe, er wandert wenigstens in den Bau dafür. Es gibt mir aber nicht das Recht, ihn umzubringen. Und dir auch nicht. Wenn es dich so aufregt, ruf die Cops.«
»Du weißt, dass ich das nicht kann«, sagte er.
»Naja, ich kann nicht jemanden ermorden, bloß weil er ein schlechtes Vorbild für Skinflick ist. Wen hast
du
denn umgebracht, um reinzukommen?«
Sein Ton wurde hart. »Das geht dich einen Scheißdreck an.«
»Wenn du meinst«, sagte ich.
»Was ist denn in dich gefahren?«, sagte er. Gleich darauf dann: »Ich höre, du und Limme habt auf Denises Hochzeit eine Weile zusammengesteckt.«
»Wir haben uns ungefähr eine halbe Minute lang Beleidigungen an den Kopf geworfen. Ich kann den Arsch nicht ausstehen.«
»Und Adam betet ihn regelrecht an«, sagte Locano. »Das bringt ihn um, oder es bringt ihn in den Knast.«
»Ja«, sagte ich. »Daran hättest du vielleicht mal vor zwanzig Jahren denken sollen.«
Was soll ich sagen?
Der Vater des besten Freundes. Irgendwann fängt man an, ihn als so etwas wie den eigenen Vater anzusehen, oder denkt sich, so sollte der eigene Vater sein. Man bekommt das Gefühl, dass er einen mag und man ihm trauen kann, dass man ihm sogar Scheiß erzählen kann.
Nie denkt man:
Der Typ ist ein Killer, und er ist schlau. Wenn du ihn vergrätzt, wendet er sich gegen dich. Wie nichts.
Man denkt es nicht rechtzeitig, meine ich.
Als ich wieder in meine Wohnung kam, war eine Nachricht auf meinem AB.
»Hallo. Hier ist Magdalena.« Hauchig, als dämpfte sie die Stimme. Dann war es still, dann wurde aufgelegt. Nichts weiter. Keine Nummer.
Ich flippte aus. Ich spielte sie fünf- oder sechsmal ab, dann rief ich Judy Locano an, dann Shirl, wobei mir die Sache mit Limme im Magen lag. Shirl gab mir den Namen der Hochzeitsplanerin in Manhattan, die das Sextett gemietet hatte.
Die Hochzeitsplanerin sagte mir von ihrem Autotelefon aus, dass sie Kontaktadressen »zu deren Schutz« nicht herausgab. »Für Ihre eigene Hochzeit«, sagte sie, »finden Sie auch so bestimmt ein gutes Orchester.«
Ich ließ mir für den nächsten Tag einen Termin für einen Kostenvoranschlag in ihrem Büro geben, und als sie dort anfing zu flirten und Forderungen zu stellen, versuchte ich gar nicht erst herauszufinden, wie ernst es ihr damit war, sondern machte einfach alles mit ihr, was sie wollte. Ich merkte es kaum.
An Magdalenas Terminplan war
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