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Schneller als der Tod

Schneller als der Tod

Titel: Schneller als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Bazell
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einen Moment. »Aber wie kommst du eigentlich dazu, mir reinzureden? Du hast deine Großeltern doch auch gerächt.«
    »Das heißt nicht, dass es richtig war.«
    »War es aber, oder nicht?«
    »Na, das bedeutet aber keinesfalls, dass es für dich richtig ist.«
    »Was ist der Unterschied?« »Zwischen mir und dir?« »Genau.«
    »Himmel«, sagte ich. Darüber wollte ich mich nun wirklich nicht auslassen. »Zunächst mal hatte ich jemanden im Visier. Ich hab nicht einfach so gemordet.«
    Ein Anflug von Erleichterung huschte über Skinflicks Gesicht.
    »Ja Scheiße, Mann«, sagte er. »Ich bring doch keinen
Unschuldigen
um. Ich bin kein Arschloch. Ich such mir irgendeine Drecksau. Wie die, auf die mein Vater dich ansetzt. Ein krankes Schwein, das es drauf anlegt.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Ich sprech die ganze Kiste vorher mit dir durch, wenn du willst.«
    »Okay«, sagte ich schließlich. Weiter nichts, nur
okay.
    Sagen Sie selbst: War das so etwas wie ein Versprechen?
     

Kapitel 13
    Als Erstes gehe ich mir in der Inneren meine Antibiotika und Antiviralia holen, die mir die Studenten umsichtigerweise in einem Plastikbecher bereitgestellt haben, in den sie kaum reinpassen.
    »Sir, Sie sollten vielleicht nachsehen, ob -«
    »Keine Zeit«, sage ich. Mit einer beliebigen Patienten-Kennnummer öffne ich einen Flüssigkeitenschrank und nehme eine Flasche Wasser mit 5 Prozent Dextrose heraus.*
(Abgefülltes Wasser in Krankenhäusern enthält meistens 5 Prozent Dextrose. So wird vermieden, dass der Posten »1 Liter hundsgewöhnliches Leitungswasser: $35« auf Ihrer Rechnung erscheint.)
Ich beiße den Verschluss ab und würge die Pillen hinunter.
    Und wenn meine Studenten sich vertan haben und ich eine Überdosis schlucke?
    Allzu sehr wird das mein Leben wahrscheinlich auch nicht verkürzen.

    Meine Uhr jagt mir auf dem Weg zum Büro des Belegarztes eine Heidenangst ein.
    Vor der Tür des Büros lehnt Dr. Friendlys Assistent mürrisch an der Wand. Er wirft mir einen mürrischen Blick zu, dann strafft er sich und geht davon.
    Das Belegarztbüro ist gestaltet wie ein richtiges Büro. Es hat einen Schreibtisch aus Eiche, hinter dem man sitzen und schlechte Neuigkeiten verkünden kann, und die Tapete hat ein Endlosmuster aus Diplomen, das von weitem besser aussieht, als man meinen könnte.
    Friendly sitzt hinter dem Schreibtisch. Stacey, die Pharmavertreterin, sitzt auf der Schreibtischkante, dicht bei ihm, und ist überrascht, mich zu sehen.
    »Was gibt's?«, sagt Friendly.
    »Ich möchte Ihnen bei dem Eingriff an Mr LoBrutto zur Seite stehen.« »Nein. Wieso?«
    »Er ist mein Patient. Ich würde gerne helfen, wenn ich kann.«
    Friendly denkt darüber nach. »Von mir aus. Wenn nicht Sie, dann mischt mein Assistent mit, das ist gehupft wie gesprungen. Ich überlasse es Ihnen, ihm zu sagen, dass Sie seinen Platz einnehmen.«
    »Ich gehe zu ihm«, sage ich.
    »Um elf fange ich an, ob Sie da sind oder nicht.«
    »In Ordnung.«
    Stacey gibt mir irgendein mimisches Signal, aber ich bin zu angewidert, um es entschlüsseln zu wollen. Ich gehe einfach.

    Um rechtzeitig zu Squillantes Operation zu kommen, werde ich in den nächsten beiden Stunden schätzungsweise vier Stunden arbeiten müssen und in den zwei Stunden danach nochmal vier Stunden. Mir ist sofort klar, dass ich meinen Studenten dazu etwas mehr Verantwortung übertragen muss, als üblich oder rechtens ist, und dass ich bis auf weiteres immer mindestens eine Moxfan unter der Zunge haben sollte. Meinen Studenten Moxfan zu geben verbietet mir der Anstand.
    Wir legen los. Wir sehen uns die Patienten an. Scheiße, sehen wir uns die Patienten an. Wir sehen sie uns an und wecken sie und leuchten ihnen in die Augen und fragen sie so schnell, ob sie noch am Leben sind, dass selbst die des Englischen Mächtigen unter ihnen nicht begreifen, was wir sagen oder tun. Dann tauschen wir ihre Infusionen aus und zapfen ihre Arterien an und jagen ihnen Medizin durch die Venen. Dann erledigen wir husch, husch ihren Papierkram. Sind sie wegen TB in Quarantäne, so dass man nur mit Schutzanzug und Mundschutz zu ihnen darf, pfeifen wir auf die Hygiene-Vorschriften und sehen einfach zu, dass wir so schnell wie möglich rein- und wieder rauskommen.
    Apropos Hygiene - wir weichen den beiden Klinikteams aus, Betriebssicherheit und Seuchenkontrolle, die mir auf den Fersen sind und mich wegen meiner Nadelstichverletzung mit der Arschmannprobe befragen wollen. Im Augenblick schmerzt die Injektionsstelle kaum,

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