Schnüffler auf Burg Schreckenstein
Kommission arbeitete äußerst gewissenhaft. Das erfuhren die Ritter von allen Seiten.
Andi saß unter der Schere von Friseurmeister Bächle und ließ sich berichten, was Dings bei der gleichen Gelegenheit über die Schreckensteiner alles hatte wissen wollen.
„Immer wieder hat er gefragt, ob ihr nachts die Gegend unsicher macht! ,Ganz im Gegenteil!’ hab ich gesagt. ,Hier gibt’s zum Beispiel keine Einbrecher. Denen kämen die Schreckensteiner sofort auf die Schliche. Die sind doch dauernd unterwegs.’“
Andi fiel der Kinnladen runter und beim Blick in den Spiegel gleich noch einmal. Gut gemeint und gut gemacht sind zweierlei! dachte er.
Beni hatte dem Bauern Läptig nach der Pleite mit der Absperrung das Stromgerät zurückgebracht und erfahren, daß Bums dagewesen war. Nach einer Kastenfalle habe er sich erkundigt. Auf der Burg sei ein Marder. Der Herr Doktor habe sehr sachkundig über Landwirtschaft gesprochen und zwischendurch Fragen gestellt: Ob Läptig den Rittern das Gerät tatsächlich geliehen habe, oder ob sie sich nachts einfach holen würden, was sie gerade brauchten und es heimlich wieder zurückbringen?
„Bei meinem Hund kann niemand heimlich kommen!“ hatte Läptig geantwortet. „Die fragen immer vorher, und ich geb ihnen, was sie brauchen. Ich weiß ja, die bringen alles wieder tadellos zurück. Das geht bis zum Konzertflügel! Ja, bei denen ist immer was los. Vor allem nachts! Sie sind eben jung.“ Und er hatte Beni die Kastenfalle gleich mitgegeben.
Den Burgherrn klammerten die Schnüffler aus. Ob aus Höflichkeit, weil man seinen Gastgeber nicht aushorcht, um dann gegen seine Interessen vorzugehen, oder weil sie sich dachten, er würde mit den Rittern unter einer Decke stecken.
Für letztere Möglichkeit sprach die Weinprobe.
Während der Gong die Ritterschaft zum Mittagessen rief, kam Diener Jean durch den Rittersaal in den Nordflügel und bat Strehlau, der vor seinem Schrank stand, mit einigen kräftigen Typen in den Sternenhof zu kommen: Der gräfliche Jagdwagen springe nicht an.
Der Musterschüler versprach’s und schickte die Nächsten los, die er traf: Klaus, Mücke, Dampfwalze, Stephan und Hans-Jürgen. Er selbst ging nicht mit. Auto schieben sei nichts für Pianistenhände, befand sein Computergehirn.
Mauersäge saß schon im Jeep und grinste. „Das mit dem… ks… Schieben war nur ein Vorwand! Ich habe eine wichtige… ks… Neuigkeit: Unsere… ks… Gäste sind heute nachmittag auf Rosenfels… ks… zum Tee!“
„Die Hornöchsin!“ brummte Klaus. „Das mußte ja kommen.“
„Ich habe… ks… vorgeschlagen, sie rüber zu… ks…“ fuhr Mauersäge fort, „aber sie sagten, sie kennen… ks… den Weg. Vielleicht nützt euch das. Bei der… ks… Weinprobe haben sie wohl Lunte gerochen und sich… ks… bald verabschiedet. Aber irgendwas muß passiert sein. Sie… ks… kommen mir klein… ks… lauter vor. Als habe ihnen jemand Bescheid gesagt… ks…“
Um den Schein zu wahren, schoben die Ritter den Wagen an, während Mauersäge den Anlasser betätigte.
Mücke trat Hans-Jürgen mit dem Knie ins Hinterteil. „Das ,Riesenroß’ nehm ich zurück!“ murmelte er.
Die Neuigkeit wurde beim Essen mit vollem Mund weitergegeben. Der Tarnung wegen, denn die Schnüffler hatten sich unter die Ritter gesetzt und schauten und horchten, was sie konnten.
Dem berüchtigten Schreckensteiner Appetit tat das keinen Abbruch. Nicht allein durch die Eier in Senfsoße hatte sich das Klima verändert. Statt verkrampft Worte abzuwägen, um Punkte zu sammeln, gab sich jeder, wie er war. Ohne gleich alles auszuplaudern, was fremde Ohren nicht zu hören brauchen, zum Beispiel die Sache mit der Teevisite.
„Marder fängt man mit Ei!“ erklärte Bums auf eine Frage des kleinen Egon. „Aber roh, ohne Senfsoße. Man legt eines in die Kastenfalle, ohne sie zu spannen. Holt sich der Marder das Ei, weiß man, daß er den Platz gefunden hat und legt am nächsten Abend wieder eins rein. Erst beim dritten Ei schnappt dann die Falle zu.“
„Und warum soll man ihn überhaupt fangen?“ wollte Fritz wissen.
Bums lächelte überlegen nach Lehrerart. „Der Marder vernichtet sozusagen Arbeitsplätze. Er macht den Katzen ihr Revier streitig und ist für den Wohnbereich einfach ein paar Nummern zu wild.“
Dings hatte in der Folterkammer den Sammelband der Schulzeitung entdeckt und sich anhand der Chronik errechnet, daß die Ritterschaft offenbar jede dritte Nacht nicht zum Schlafen komme. Jedenfalls
Weitere Kostenlose Bücher