Schnüffler auf Burg Schreckenstein
Abwesenheit.
Stephan hatte sich ausnahmsweise während der Arbeitsstunde durch den Rittersaal in die andere Burghälfte hinübergeschlichen. Im oberen Flur begegnete ihm Harro, der Schäferhund. Doch der kannte Stephan und bellte nicht. Oder er betrachtete ihn als Türöffner.
Stephan klopfte und trat nach Harro ein. „Graf Schreckenstein, es war sehr gut, wenn Sie die beiden Typen heute abend volltanken könnten“, sagte er.
„...ks… Ehrensache!“ versprach Mauersäge und setzte als flankierende Maßnahme eine Weinprobe an. Jean mußte die Gäste sofort verständigen.
Ungestört konnten die Ritter die Burg nach dem Abendessen einbruchsicher machen und sich rechtzeitig zur Nachtruhe begeben. Gewiß, nicht jeder lag in seinem Bett, doch er lag. Pummel beispielsweise in seinem Schlafsack im Bootshaus, mit direktem Telefondraht zu Ottokars Bett. Die vorgesehene Liegezeit konnte er so mühelos einhalten.
Draht spielte überhaupt eine große Rolle beim Streichstreik. Werner, auch er ein begabter Techniker, schüttelte nur noch den Kopf. „Viel lieber würde ich die ganze Burg in einen Plastiksack einschweißen. Aber dann kriegen wir keine Luft mehr.“
„War schade um mich“, alberte der kleine Herbert.
Dampfwalze, der mit seiner großen Kraft wieder einmal Schwerarbeit geleistet hatte, sprang aus dem Stand mit beiden Füßen ins Bett und rief: „Mann! Daß keinen Streich machen so aufregend sein kann!“
Das Stimmungsbarometer zeigte eine schöne Nacht an. Pünktlich lagen die Ritter flach und hatten die Lichter gelöscht. An Schlaf war nicht zu denken. Über dem Nebelkissen auf dem See schimmerten die Lichter von Schloß Rosenfels herüber. Insgeheim wünschte sich jeder, was noch am Nachmittag Schrecken ausgelöst hätte, die Mädchen sollten doch bitte unbedingt kommen! Bei den phantastischen Sicherheitsmaßnahmen!
Unter dem Warten und Lauschen im beruhigenden Gefühl der Sicherheit schlich sich der Schlaf in die Burg. Aus den Muskeln wich die Spannung des Tages, und wenn einer an einem verdächtigen Geräusch halbwegs erwachte, war es das Schnarchen eines andern.
Für Stephan traf das nicht zu. Um dem in der Tat verdächtigen Geräusch an der Lehrergarage endlich auf die Spur zu kommen, lag er im Schlafsack auf einer Klappliege unter dem Gewölbe. Mit direktem Telefondraht zu Ottokar.
Obwohl das beruhigende Gefühl der Sicherheit hier nicht gegeben war, schlief auch er. Halbseitig wenigstens, nach eigener Methode: Liegst du auf dem Rücken, bist du da oder weg. Liegst du auf der Seite, sagen wir auf der linken, kann die linke Hälfte bei etwas Training — Ohr, Auge, Schulter, Arm, Bein und Mundwinkel – schlafen. Einschließlich linkem Nasenloch! Über Nasenscheidewand und Nabel verläuft die Grenze. Alles rechts davon bleibt wach.
Irgendwie mußte sich diese Trennung im Lauf der Nacht verwischt haben, oder er war auf den Rücken gerollt. Jedenfalls schlief auch die Hälfte, die hätte Wache halten sollen, denn irgendwann schraken beide zusammen durch einen gellenden Schrei.
Noch zu benommen, um festzustellen, woher er kam – es war stockfinster —, aber doch wach genug, um reflexhaft zu handeln, drückte er den Alarmknopf und flüsterte in den Hörer: „Jemand hat laut geschrien! Schnell! Außenlicht an!“
Nun war er wach, und während er sich eilig aus dem Schlafsack schälte, hörte er aufgeregtes Flüstern. Es schien vom Durchgang zum Sportplatz zu kommen. Sein Alarmruf war also richtig.
Die Techniker hatten drei der Tiefstrahler vom Burghof über die Fassade verteilt. Einen am Durchgang, einen vor dem Südflügel, der den halben Hang beleuchtete, und den dritten über der Zugbrücke.
Gleichzeitig flammten sie auf. Stephan hatte sich nicht geirrt. Im Durchgang sah er zwei Schatten an der Drahtsperre. Einen langen Dürren und einen kurzen Rundlichen.
Nein! Er stockte! Doch! Einwandfrei. Verdammter Mist!
Am Portal tauchten Taschenlampen auf. Ottokar kam mit Trupp eins die Freitreppe herunter; Dampfwalze würde mit Trupp zwei über den Sternenhof die Außenseite abriegeln.
Diesen Plan hatten die Strategen erarbeitet, um die Mädchen im Bedarfsfall in die Flucht zu schlagen, bevor die Schnüffler etwas merkten.
Stephan war zur Treppe gewetzt.
„Die Mädchen?“ fragte Ottokar. „Wo?“
„Die Weinprobe!“ antwortete Stephan. „Im Durchgang.“
Mückes Schrecksekunde war wieder mal die kürzeste. „Dann hin!“ flüsterte er, schon unterwegs.
Jetzt hörten sie die Stimmen. Gleich darauf leuchteten
Weitere Kostenlose Bücher