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Miles Flint 04 - Das Marsgrab

Miles Flint 04 - Das Marsgrab

Titel: Miles Flint 04 - Das Marsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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    K aum dass Sharyn Scott-Olson den Tatort erreicht hatte, wusste sie bereits, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Das drei Blocks umfassende Gebiet rund um die Baustelle herum war verlassen, abgesehen von drei Polizeifahrzeugen, fünf Beamten und Petros Batson. Petros stand am Rand des Baugeländes, starrte die Straße hinunter und wartete offensichtlich bereits auf sie. Sein langer Mantel fegte über den rostroten Marsboden, und seine Stiefel waren voller Staub, was ihnen einen fahl orangefarbenen Ton anstelle des gewohnten Schwarz verlieh.
    Da waren keine Disty. Nicht auf den Straßen, nicht in den Eingängen der nahen Gebäude, nicht auf Wachposten auf der Baustelle, auch wenn die Baugerätschaften eindeutig von Disty hergestellt worden waren.
    Die Disty waren geflüchtet, und das jagte Scott-Olson einen Schauer den Rücken hinunter. Sie wusste, dass die Disty den Tod nicht mochten. Einer der vielen Gründe, warum Vergeltungsmorde in ihrer Kultur funktionierten, war, dass Disty glaubten, Leichen würden die Umgebung kontaminieren – nicht nur in dem Moment, in dem diese Leichen den Boden berührten, sondern für alle Zeiten.
    Aber die Disty schätzten auch ihre Häuser, ihre Geschäfte und ihren Besitz. Scott-Olson hatte schon Hunderte verschiedener Orte innerhalb der Saharakuppel aufgesucht, stets um eine Leiche zu untersuchen, und sie war noch nie zuvor auf einen Leichenfundort gestoßen, an dem nicht mindestens ein Disty zugegen gewesen wäre. Normalerweise ein Disty, das der Todesschwadron angehörte.
    Scott-Olson hatte nie zuvor einen Ort gesehen, der so unrein gewesen wäre, dass nicht wenigstens die Todesschwadron dort Wache gehalten hätte.
    Die Gebäude in der Nachbarschaft sahen nicht anders aus als vor zehn Jahren. Sie erweckten den Anschein, aufs Geratewohl errichtet worden zu sein, doch dem war nicht so. Die Eingänge, winzig für menschliche Verhältnisse, waren auf erwachsene Disty ausgelegt. Es gab keine Fenster, und ein Bauwerk schien aus dem anderen herauszuwachsen.
    Nur eine einzige unüberbaute Straße führte von Block zu Block, und die war lediglich ein Zugeständnis an die einstmals für Menschen geltenden Erfordernisse innerhalb der Saharakuppel. Die meisten Straßen, vor allem in dieser Sektion, waren kaum mehr als Tunnel, über ihre ganze Länge überbaut mit Gebäuden, die bis hinauf zum Kuppeldach reichten.
    Die Tunnel waren so niedrig, dass Menschen sie nur durchqueren konnten, wenn sie den Kopf einzogen. Und eng waren sie überdies. Menschen, die auf dem Mars lebten, lernten schnell, nicht zu viel zu essen und zuzunehmen, wollten sie sich innerhalb der Kuppel von einem Ort zum anderen bewegen. Wer gutem Essen allzu sehr zugetan war und dementsprechend mit Gewichtsproblemen zu kämpfen hatte, passte bisweilen eben einfach nicht durch die Tunnel.
    Scott-Olson war eher zu dünn, aber manchmal stieß selbst sie sich die Arme an den Wänden der Disty-Tunnel. Sie konnte von Glück reden, nicht klaustrophobisch veranlagt zu sein, denn ihre Arbeit führte sie oft in Nur-Disty-Sektionen, in denen die Tunnel sogar noch schmaler und niedriger zu sein schienen.
    Vielleicht war es genau das, was Scott-Olson an diesem Tatort am meisten verblüffte, dass er weder beengt noch mit Häusern überbaut war. Dies war der größte offene Bereich, den sie je in der Disty-Sektion gesehen hatte. Ein ganzer, auf Menschen ausgelegter Block – perfekt quadratisch, so wie die Blocks in derMenschen-Sektion der Kuppel immer – war niedergerissen worden. Jemand hatte die Disty-Ziegel entfernt und auf der hinteren Längsseite des Geländes gestapelt, als wolle er eine Mauer bauen.
    Scott-Olson blickte auf. Sie sah das gelbliche Licht auf der Innenseite der Kuppel, die Schatten des unerbittlichen Staubs auf der Kuppelspitze und die dahinter liegende Dunkelheit.
    Marswinter.
    Obwohl Scott-Olson seit annähernd zwanzig Erdjahren hier lebte, hatte sie sich immer noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt und stellte sich immer wieder vor, sie würde den Mars verlassen, ehe der nächste Winter aufzöge.
    Derzeit hegte sie keine derartigen Illusionen.
    »Wird auch Zeit«, begrüßte Batson sie und kam auf sie zu. Vor den in sich verzwirbelten Disty-Häusern und den winzigen Wagen sah er geradezu gigantisch aus. Sein langer Mantel wehte hinter ihm her und wirbelte kleine Wolken roten Staubs auf.
    Scott-Olson hatte vergessen, wie allgegenwärtig Staub innerhalb der Kuppel sein konnte. Die Disty hatten

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