Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)
Kollier aus meiner Werkstatt holte. Wie es der Teufel will, entdeckte sie den Smaragdring, an dem ein Schildchen mit dem Namen Dr. Bischof hing. Sie stieß einen Freudenschrei aus. Als ich aus dem Hinterzimmer kam, stand sie, den Ring in der Hand, vor der Verkaufstheke. Ihr Gesicht war vor Wut verzerrt. Der Ring war ihr viel zu klein. Ich beteuerte, dass es kein Problem wäre, ihn größer zu machen.“
Obwohl ich ahnte, wie die Geschichte weiterging, ließ ich ihn fortfahren.
„Ich hatte ja nicht ahnen können, dass ihr Mann diesen Ring nicht für sie anfertigen hatte lassen. Es war wirklich furchtbar.“
„Wann war das ungefähr?“
„Ist jetzt schon mehr als zwei Jahre her, glaube ich.“
„So ist die ganze Geschichte also aufgeflogen“, sagte ich.
„Mehr oder weniger …“, sagte er zögernd.
„Indirekt bist du tatsächlich schuld daran, dass sie hinter das Verhältnis ihres Mannes kam. Sag mal, Otto, hast du denn von diesem Drama überhaupt nichts mitgekriegt? Waren seine Affären nicht Stadtgespräch in Margareten?“
„Gut möglich. Aber ich interessiere mich nicht besonders für solche Tratschereien“, sagte er.
Ich glaubte ihm das aufs Wort. Er beschäftigte sich tagein, tagaus mit seinem edlen Schmuck und begab sich wahrscheinlich kaum in die alltäglichen Abgründe der menschlichen Seele. Man konnte fast neidisch werden, dachte ich.
„Den Stein komm ich mir ein anderes Mal aussuchen“, sagte ich und ließ ihn wieder allein mit seinen Hämmern, Zangen, Bohrern und Sägen.
Mein Verdacht, den ich schon früher gegen Angela Bischof gefasst hatte, verfestigte sich allmählich. Eine Frau in Wut ist fast zu allem fähig, dachte ich. Andererseits konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass so eine gutbürgerliche Lady einfach wild drauflosmordete. Dass Vera Navratil die Scheidungsanwältin ihres Mannes gewesen war, hatte sich inzwischen herumgesprochen. Und dass der fidele Doktor auch ein Gspusi mit der schönen Ilona gehabt hatte, wusste ich seit Kurzem ebenfalls. Aber warum sollte sie Anja umgebracht oder Orlando attackiert haben? Ich verwarf diesen Gedanken wieder.
Entschlossen, endlich mit Stefan Gergely zu reden, ging ich ins Cuadro und fragte meine Kollegen, ob sie wüssten, wo ich ihn finden könne.
„Er hat einen Termin in der Margareta“, sagte Jürgen Geyer. Also ging ich hinüber. Dort sagte mir Rudi Kirschenhofer, dass der Chef gerade zum Silberwirt gegangen sei.
„Aber im Cuadro haben sie mir gesagt, dass er jetzt bei euch einen Termin hat.“
„Er hat rasch reingeschaut und ist dann mit Roland …, Dr. Mader, meine ich, rübergegangen.“
Im Silberwirt sagten sie mir, dass die beiden gerade gegangen seien. Ich kam nicht dazu, mich zu erkundigen, wo ich sie nun finden könnte, denn in diesem Moment stürzte Orlando aufgeregt ins Lokal: „Ich hab dich schon im Cuadro gesucht. Die sagten, du bist in der Margareta. Aber dort warst du auch nicht.“ Er beklagte sich, dass er von einem Lokal ins andere geschickt worden sei. „Das ist der reinste Irrgarten hier.“
„Ja, ja, ist schon gut. Du hast ja Recht, mir ist es gerade genauso ergangen. Ich habe meinen Chef gesucht. Aber hör jetzt auf zu jammern. Ich habe interessante Neuigkeiten.“
„Und ich erst. Stell dir vor, ich habe herausgefunden, dass die Schuhabdrücke im schneebedeckten Bacherpark höchstwahrscheinlich von einem bestimmten Schuh stammen, den es bei Vega Nova gibt. Du weißt, ich hab meine Beziehungen zur Polizei“, sagte er stolz. „Daniel hat mir den Abdruck auf eine Serviette gezeichnet.“ Er zeigte mir eine Papierserviette, auf der ein paar Rillen, die eher an Fingerabdrücke erinnerten, aufgezeichnet waren.
„Lass uns sofort Herrn Pogats fragen.“
„Warte, ich hab noch mehr erfahren, und diese Nachricht wird dich freuen, das weiß ich jetzt schon. Mein Daniel ist ein richtiger Schatz. Er hat mir auch verraten, dass im Fall von Ilona einige Indizien für einen rasch eingetretenen Tod sprechen.“
„Das bedeutet, dieser Flaschenhals wurde ihr erst nach dem Tod eingeführt?“
„Ganz genau. Immerhin mal eine gute Nachricht, oder?“
„Wie man’s nimmt. Ich werde auch weiterhin Schwierigkeiten bei der Zubereitung von Mojitos haben. Jedes Mal, wenn ich nach einer Flasche kubanischen Rum greife, taucht dieses grauenhafte Bild vor meinen Augen auf …“
„Ich hätte dir damals besser nicht davon erzählen sollen. Solche Geschichten sind eben nichts für eine zart besaitete
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