Schön und ungezähmt
Gedanken von ihrer unerwarteten Herausforderung abzulenken. Es war nicht so, dass er es im Entferntesten billigte, wenn sie halb nackt in der Öffentlichkeit erschien, aber er bewunderte ihren Anblick. Sie hatte auf jeden Fall wunderschöne Brüste, voll und anschmiegsam. Der helle Farbton ihres Kleids wirkte unschuldig und wurde durch den sündig tiefen Ausschnitt ausgeglichen. Eine Kombination, die interessante Dinge mit seinem Körper unterhalb der Gürtellinie anstellte.
Sehr interessante Dinge.
»Der Sopran ist außergewöhnlich, findest du nicht?« Seine Ehefrau senkte das Fernglas und lächelte. Ihre dunkelblauen Augen, die von langen Wimpern umrahmt wurden, waren noch immer auf die Vorstellung gerichtet.
Da er ohnehin nicht aufpasste, war es für ihn schwer, etwas auf diese Bemerkung zu erwidern.
Du bist außergewöhnlich.
Zurückhaltend murmelte er: »Ja. Sehr talentiert.« Eine alles andere als geistreiche Antwort.
»Die letzte Arie hat mir den Atem geraubt.«
Atemberaubend waren eher die anmutige Linie von Briannas nackten Schultern und die makellose Perfektion ihrer Haut. Nicht zu vergessen die rosige, weiche Verführungskraft ihres Mundes und der Kontrast ihrer dunkleren Augenbrauen, die sich von der goldenen Pracht ihrer Haare abhoben …
Du lieber Himmel, dachte Colton amüsiert ob seiner empörenden Gedanken. Was tat er hier? Lyrische Vergleiche und wollüstige Gedanken zu hegen, während er in seiner Opernloge saß, war überhaupt nicht typisch für ihn.
Er zwang sich, seine Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen auf der Bühne zu richten. Oder wenigstens versuchte er es.
Es schien ewig zu dauern, ehe die Musik endete und der Applaus aufbrandete. Danach begann der chaotische Auszug aus dem Theater. Er nutzte den Vorteil seiner Größe, um eine passende Lücke auszumachen, und geleitete seine Frau so schnell wie möglich nach draußen. Einerseits wollte er damit vermeiden, dass man über ihr Auftreten tuschelte, und außerdem – wenn er ehrlich war – sollte kein anderer Mann Gelegenheit haben, ihrem unbestreitbaren Zauber zu erliegen. Er wechselte die üblichen Höflichkeitsfloskeln mit Bekannten, fasste sich dabei jedoch so kurz wie möglich und wartete ungeduldig, dass man ihm ihren Mantel brachte. Er legte ihn ihr rasch um die Schultern und verspürte endlich eine tiefe Erleichterung.
»Meine Kutsche, wenn ich bitten darf«, sagte er knapp zu einem Diener, der sich verbeugte und an dem Klang seiner Stimme offenbar die Dringlichkeit der Lage erfasste. Der junge Mann rannte fast, um seinem Befehl Folge zu leisten.
»Hast du es eilig?«, fragte Brianna.
Ihre Frage klang recht unschuldig, aber er war nicht sicher, ob sie das auch wirklich war. Heute Abend hatte sie ihn wirklich überrascht. »Ich möchte nicht länger als nötig hier stehen«, log er.
»Ja, das kann ermüdend werden«, pflichtete sie ihm bei und schob den Umhang gerade so weit von ihren Schultern, dass
sie den Anblick entblößte, den zu bedecken er so bemüht war. »Meine Güte, das ist ein ziemlich warmer Abend, nicht wahr?«
Er schwitzte jedenfalls, und er war nicht vollkommen sicher, ob die hohen Temperaturen für sein Unwohlsein verantwortlich waren.
Sobald die Kutsche vorfuhr, half Colton Brianna hinein und folgte ihr. Er setzte sich ihr gegenüber und hämmerte an die Decke, um dem Kutscher das Zeichen zur Abfahrt zu geben.
Im dämmrigen Innern des Gefährts war Brianna noch verführerischer. Ihr Mantel stand offen, und er blickte direkt auf ihre prächtigen Rundungen, die über dem Ausschnitt ihres Kleides blass schimmerten. Er räusperte sich und fragte: »Hat dir die Vorstellung gefallen, meine Liebe?«
»Ja.« Ihre Stimme war nur ein Hauch, und sie blickte unter ihren langen Wimpern so provokativ zu ihm auf, wie er sie noch nie erlebt hatte. Mit jedem Atemzug drohten ihre Brüste aus der unzureichenden Enge ihres Kleids auszubrechen. »Hat es dir gefallen?«
Er war gefesselt.Vielleicht fesselte sie ihn auch jetzt noch.Verdammt, hatte sie ihm nicht gerade eine Frage gestellt?
Es wäre nur höflich, ihr darauf zu antworten.
»Der Anblick war großartig«, bemerkte er ironisch und gab zugleich sein Bemühen auf, das wollüstige Interesse an ihr zu verbergen. »Und ja, ich glaube, auch die Oper fand ich vergnüglich.«
Sie lächelte. Sie sah nicht länger wie die junge Unschuld aus, die er geheiratet hatte. Jeder Zentimeter von ihr war ganz die verführerische, sinnliche Frau. »Wenn ich auf irgendeine
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