Schöne Bescherung
sich ihren Körper an. Ein schöner Körper, schlank, durchtrainiert. Kleine, feste, runde Brüste und ein Bauch wie ein umgestülpter Suppenteller. Das Handtuch auf seinem Schoß bewegte sich. Scheiße, dachte er, weggucken, einfach weggucken. Oder an etwas anderes denken. Das hilft manchmal. Jetzt nicht. Auch wenn er wollte, er konnte nicht. Sein Blick klebte an ihr fest. Seine Augen wanderten von der Stirn über das Gesicht zum Hals, verweilten lange auf den Brüsten. Dann glitten sie zum Bauch, nisteten sich in ihrem rasierten Streifen ein, bis sie die Schenkel entlang zu den Füßen guckten. Und dann das Ganze wieder zurück - quasi hemmungsloses Spannen. Als ob Silke seinen Blick auf dem Körper spürte, sagte sie: »Von Alten hatte was mit der Ribbenhold.«
Wie in einer schlechten Komödie ging jetzt die Tür auf und ausgerechnet Eduard von Alten kam herein. »Guten Abend allerseits!«
Auch das noch, dachte Plotek, und: Das kann doch kein Zufall sein. Irgendwie muss von Alten mitbekommen haben, dass er und Silke in der Sauna verabredet waren. Vermutlich hatte er mit ein paar Kronen nachgeholfen.
Silke Klein erhob sich schnell wieder aus der Horizontalen, schlang hastig ihr Handtuch um die Brüste und setzte sich neben Plotek.
»O Gott, o Gott«, zischte sie.
»Das ist zu viel der Ehre, Gnädigste«, schleimte von Alten, setzte sich breitbeinig den beiden gegenüber, lachte und sagte: »Warum so genant? Ich guck Ihnen schon nichts weg.«
Wieder Lachen.
»Das weiß man bei einem wie Ihnen nie.«
Plotek schaute auf die Sanduhr.
»Noch zehn Minuten«, sagte er.
Silke stöhnte.
»Herrlich, so eine Sauna, nicht wahr? Ich weiß gar nicht, warum nur so wenige Hotelgäste das Angebot nutzen«, plapperte Eduard von Alten munter drauflos.
Ich will es auch gar nicht wissen, dachte Plotek.
Und Silke sagte, sichtlich genervt: »Vielleicht haben sie keine Lust, von Ihnen zugelabert zu werden.«
Von Alten lachte wieder selbstgefällig. Entweder der ist von Haus aus so unsensibel oder hat es auf Provokation abgesehen, dachte Plotek und erwiderte Herrn von Altens Augenzwinkern mit bösem Blick.
»Ist die Dame heute schlecht gelaunt?«
»Wenn ich Ihnen begegne, immer.«
»Ich bitte Sie, Verehrteste. Vielleicht liegt das nur daran, dass Sie nichts sehen.«
Jetzt lachte Silke Klein gehässig. »Manchmal ist es besser, wenn einem das volle Ausmaß des Schreckens erspart bleibt.«
»Wenn ich den Herrn Plotek so betrachte, könnten Sie sogar Recht haben«, sagte Herr von Alten und guckte schmunzelnd und wieder augenzwinkernd zu Plotek. Quasi von Altens Ironie.
Silke Kleins Verständnis für derartigen Humor hielt sich in Grenzen. »Wissen Sie was, Herr Alten, halten Sie einfach die Klappe!«
» Von. Von Alten, so viel Zeit muss sein. Im Übrigen möchte ich Sie daran erinnern, Verehrteste, dass die Sauna kein Kloster ist und ich auch kein Schweigegelübde abgelegt habe.«
»Na, dann erzählen Sie uns doch mal was von Frau von Ribbenhold.«
Herr von Altens Blick änderte sich schlagartig. »Da gibt es nichts zu erzählen. Außerdem möchte ich Sie bitten, aus Pietätgründen die Toten doch endlich ruhen zu lassen.«
»Die Toten schon, aber die Lebenden nicht. Es heißt, es wird gegen Sie ermittelt.«
»Blödsinn! Nur weil die alte Ribbenhold . . .«
». . . von, von Ribbenhold, so viel Zeit muss sein«, ging Silke dazwischen.
». . . unsterblich in mich verliebt war, heißt das noch lange nicht, dass ich was mit ihrem Tod zu tun hätte. Ihr Tod kam vielleicht anderen gelegen, mir wahrlich nicht.« Sein Kopf leuchtete jetzt ampelrot.
»Es heißt, es wären Geld und Wertsachen aus ihrem Zimmer verschwunden.«
»Wer sagt das?«
»Marie-Louise.«
»Ha ha ha. Natürlich, das kleine Luder. Aber mit Verlaub, Verehrteste, über die Glaubwürdigkeit dieses zweifelhaften Mädchens dürften wir kaum unterschiedlicher Meinung sein, oder? Wenn doch, fragen Sie einfach Herrn Plotek.«
Selbst wenn Plotek jetzt etwas hätte sagen wollen, er konnte nicht. Die Hitze war für ihn unerträglich. Schweißbäche liefen an seinem Körper hinab. Sein Schädel glühte. Es wurde ihm schummrig im Kopf. Seine Knie zitterten. Der Blick verschwamm. Die Sanduhr an der Wand hüpfte wie ein Gummiball auf und ab.
»Wie lange noch?«, fragte Silke Klein.
»Noch lange nicht fertig«, sagte Herr von Alten.
»Mir reicht’s.« Silke Klein stand auf und verließ Türe knallend die Sauna.
»So ein Luder! Diese Herumzickerei ist doch alles
Weitere Kostenlose Bücher