Schöne Lügen: Roman (German Edition)
er in ihre Locken, zog ihren Kopf zurück und sah ihr ins Gesicht.
»Wie könnten wir einander besser kennenlernen als mit einem Kuß geschwisterlicher Zuneigung?«
Das Gesicht, das ihrem immer näher kam, zeigte keine Anzeichen brüderlicher Freundlichkeit. Das war Erins letzter bewußter Gedanke, ehe sie fühlte, wie seine Lippen sich auf ihre legten. Seine Finger hatten sich so in ihrem Haar verkrallt, daß ihr Tränen des Schmerzes in die Augen traten und sich dort unter die Tränen der Demütigung mischten. Mit dem anderen Arm drückte er sie energisch an seinen kräftigen Körper.
Sie wand sich, doch ihre Bewegungen bewirkten nur, daß er sie noch fester hielt. Tief in ihrem Hals löste sich ein Schrei, ein Schrei, der von seinem Mund erstickt wurde. Ihre Lippen prickelten unter seinem Ansturm, und sie war machtlos gegen seine Zunge, die sich tief in ihren Mund schob.
Nie zuvor in ihrem Leben war Erin so geküßt worden. Es war abscheulich. Es war eine schreckliche Sünde. Da er um ihre Beziehung zueinander wußte, war die Art, wie er sie küßte, dekadent und abstoßend.
Doch es erregte sie auch.
Sie bemühte sich, die Kontrolle über ihre Sinne nicht zu verlieren – nicht etwa die körperliche Kontrolle. Ihre Arme konnte sie sowieso nicht bewegen, und zu allem mußte sie sich auch noch gegen ihn lehnen, damit sie nicht umfiel. Sie kämpfte einen verlorenen Kampf gegen ihren eigenen Willen und wehrte sich gegen das eigenartige Gefühl, das ihr über den Rücken lief. Es war schuld an der zitternden, hingebungsvollen Wärme in ihrem Bauch, die sie so gern ignoriert hätte. Ihre Augen, die sich vor Überraschung und Entsetzen geweitet hatten, schlossen sich jetzt ganz von selbst, sie gehorchten nicht länger dem Kommando ihres Gehirns, offen zu bleiben und diesen verabscheuungswürdigen Mann mit zornigen Blicken zu bestrafen.
Das Klirren eines Schlüssels in der Hintertür rettete Erin vor der Erniedrigung, sich ihm völlig zu unterwerfen. Sie versuchte noch einmal loszukommen, und diesmal gelang es ihr auch, ihn von sich zu stoßen, als er den Kopf hob und seine Arme etwas lockerte. Er blickte zur Tür, doch mit einer Hand hielt er immer noch Erins Arm fest.
Die Frau, die hereintrat,war zierlich, jung und blond. Sie lächelte kindlich, trotz der Traurigkeit in ihren braunen Augen.
Die beiden Menschen, die mitten in dem Zimmer standen, waren erstarrt in ihrer Haltung. Der Ausdruck der hübschen Fremden verriet Unbehagen, ihr Gesicht war verzerrt und blaß.
Der Mann hielt das Kinn vorgereckt. An ihn wandte sich die junge Frau mit fragendem Blick.
»Hallo, Mrs. Lyman.«
»Mr. Barrett«, antwortete sie ein wenig schüchtern. »Was …?«
»Mrs. Lyman, kennen Sie diese Frau?« unterbrach er sie. »Haben Sie sie schon einmal gesehen?«
Die junge Frau, die von dem Mann, der eigentlich ihr Ehemann sein sollte, mit Mrs. Lyman angesprochen wurde, schüttelte den Kopf. »Nein, Mr. Barrett, ich habe sie noch niemals gesehen.«
Barrett! Barrett!
Erin hob den Kopf und sah den Mann, der noch immer ihren Arm umklammert hielt, ungläubig an. Die blauen Augen über ihr blickten kalt und unerbittlich.
»Wer sind Sie?« fragte sie.
2. KAPITEL
»Das wollte ich gerade Sie fragen, Lady«, fuhr er sie an, als er sie durch die Küche schubste. Er rief der verdutzten Melanie Lyman über die Schulter hinweg zu: »Mrs. Lyman, rufen Sie doch bitte auf der anderen Straßenseite an und bitten Sie Mike rüberzukommen und sich um das Telefon zu kümmern. Sagen Sie ihm, er soll den Wagen vor dem Haus überprüfen lassen. Ich bin im Arbeitszimmer, aber ich möchte nicht gestört werden, es sei denn, es ist etwas Wichtiges. Und bitte, gehen Sie nicht nach draußen, ohne einen der Jungen mitzunehmen.«
»Ist in Ordnung«, hörte Erin sie leise sagen. Offensichtlich war sie daran gewöhnt, von diesem Rohling Befehle entgegenzunehmen, doch Erin O’Shea war das nicht. Sobald wie möglich würde sie ihre Wut an ihm auslassen, und er würde nicht wissen, wie ihm geschähe.
Er stieß sie in ein kleines Zimmer und schlug die Tür hinter ihnen zu, dann drehte er den Schlüssel im Schloß. Sie wirbelte herum, bereit zum Kampf. Zu ihrem Entsetzen riß er ihr grob die Jacke von den Schultern und hob sie über ihre Arme hinunter. Er warf sie quer durch den Raum auf das Ledersofa. Erin war viel zu überrascht, um zu protestieren, als er ihr dann die Bluse aus dem Rock zog. Er schob sie zur nächsten Wand, drehte sie mit dem Gesicht
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