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Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Geheimnis bewahren, Herr Blase?«
    »Aber sicher, Fräulein Liebherz. Aber sicher!«
    Sie blickte sich noch einmal um. »Trotzdem sollte ich es sehr leise sagen«, flüsterte sie.
    Er nickte hoffnungsvoll, beugte sich vor, und zum ersten Mal seit vielen Jahren spürte er den Atem einer Frau an seinem Ohr:
    »Ich auch«, sagte sie.
    Das war vor fast drei Wochen ...
    Manches von dem, was man erleben kann, wenn man bei Nacht an einem Fallrohr hängt, ist äußerst überraschend. Zum Beispiel achtet man viel mehr auf leise Geräusche - das Klicken eines Fensterhakens, das Klirren eines Dietrichs - als auf laute, zum Beispiel, wie ein Ziegelstein auf die Straße fällt, oder vielleicht sogar (schließlich handelt es sich hier um Ankh-Morpork) einen Schrei.
    Das waren die lauten Geräusche, die demnach öffentliche Geräusche waren, was wiederum bedeutete, dass sie alle angingen und nicht nur einen selbst. Aber leise Geräusche kamen aus nächster Nähe und verrieten irgendwelche heimlichen Aktivitäten, was bedeutete, dass sie beunruhigender und persönlicher waren.
    Deshalb bemühte er sich, keine leisen Geräusche zu verursachen.
    Unter ihm lag der Kutschenhof des Hauptpostamts, auf dem es wie in einem umgeworfenen Bienenstock wimmelte. Inzwischen hatten sie es geschafft, dass der regelmäßige Betrieb richtig gut lief. Die Nachtkutschen trafen ein, und der neue Fliegende Überwäldler glänzte im Licht der Lampen. Alles lief gut, was für den nächtlichen Kletterer bedeutete, dass es gar nicht gut lief.
    Der Kletterer stieß einen Mauerhaken in weichen Mörtel, verlagerte sein Gewicht, bewegte den Fu...
    Verdammte Taube! Sie flatterte erschrocken auf, er rutschte mit dem anderen Fuß ab, seine Finger verloren den Halt an dem Fallrohr, und als die Welt aufhörte, sich zu drehen, verdankte er den Aufschub einer unsanften Begegnung mit den Pflastersteinen tief unter ihm lediglich dem Halt, den ihm der Mauerhaken bot, der, wenn man es recht bedachte, letztlich nicht mehr als ein langer, flacher Nagel mit einem T-förmigen Griff war.
    Und eine Wand kann man leider nicht austricksen, dachte er. Wenn er hin und her schwang, konnte es sein, dass er das Rohr mit einer Hand oder einem Fuß zu fassen bekam, aber es konnte auch sein, dass der Haken herausrutschte.
    Also ... gut...
    Er hatte noch mehr Haken und einen kleinen Hammer dabei. Konnte er einen einschlagen, ohne den Halt am anderen zu verlieren?
    Über ihm gesellte sich die Taube zu ihren Kollegen auf einem höher gelegenen Sims.
    Der Kletterer stieß den Haken mit gerade so viel Kraft, wie er einzusetzen wagte, in den Mörtel, zog den Hammer aus der Tasche, und während unter ihm der Fliegende Überwäldler ratternd und klingelnd abfuhr, verpasste er dem Nagel einen heftigen Schlag.
    Er drang in die Mauer ein. Der Kletterer ließ den Hammer fallen und hoffte, dass der allgemeine Lärm den Aufprall übertönte, und griff nach dem neuen Halt, bevor der Hammer den Boden erreicht hatte.
    Also ... gut. Und jetzt... hing er fest?
    Das Rohr war weniger als einen Meter entfernt. Schön. Das würde klappen. Beide Hände zu dem neuen Haken bewegen, leicht hin und her schwingen, mit der linken Hand das Rohr zu fassen bekommen, und dann konnte er sich hinüberziehen. Dann wäre es nur noch ...
    Die Taube war nervös. Allerdings war das eher der Normalzustand für eine Taube. Und sie wählte genau diesen Augenblick, um sich zu erleichtern.
    Also ... gut. Korrektur: Zwei Hände klammerten sich nun um den plötzlich sehr glitschigen Nagel.
    Verdammt!
    Und in diesem Augenblick - denn Nervosität breitet sich unter Tauben schneller aus, als ein Blitzer durch ein Nonnenkloster rennen kann - setzte ein leises Pladdern ein.
    Es gibt Momente, in denen einem der Gedanke »Besser kann’s nicht mehr werden« eher nicht in den Sinn kommt.
    Und dann sagte eine Stimme von unten: »Wer ist da oben?«
    Danke, Hammer. Sie können mich unmöglich sehen, dachte er. Wer vom gut ausgeleuchteten Hof nach oben schaute, konnte sein Nachtsichtvermögen vergessen. Aber was soll’s? Sie wissen jetzt, dass ich hier oben bin.
    Also ... gut.
    »Alles klar, hast mich voll erwischt, Boss«, rief er nach unten.
    »Ein Dieb, was?«, sagte die Stimme von unten.
    »Hab nichts angerührt, Boss. Könnte jemanden gebrauchen, der mir raufhilft, Boss.«
    »Gehörst du zur Diebesgilde? Du sprichst in ihrem Jargon.«
    »Ich doch nicht, Boss! Ich spreche jeden mit Boss an, Boss.«
    Er konnte jetzt nicht mehr so ohne weiteres

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