Schoener Schlaf
und gab schlieÃlich auf.
Er nahm die Rolltreppe nach unten und steuerte den Ausgang an. Plötzlich hörte er hinter sich einen Schrei. Jemand hatte auf der Rolltreppe das Gleichgewicht verloren und stürzte hinab. Unten blieb die Gestalt zusammengekauert liegen.
Fabry erkannte sie sofort, eilte zu ihr und bückte sich zu ihr hinab. »Haben Sie sich verletzt?«
»Ich weià nicht.« Die Frau rappelte sich hoch, unterdrückte ein Stöhnen.
Die Leute standen glotzend herum. Endlich eilte ein Angestellter des Kaufhauses herbei und fragte, ob er einen Krankenwagen holen solle.
»Nicht nötig«, wehrte die Gestürzte ab. »Es geht schon.«
»Ich kümmere mich um die Dame«, versicherte Fabry. Entschlossen packte er sie am Arm: »Können Sie laufen?«
Sie versuchte, ein paar Schritte zu gehen, doch mehr als ein Humpeln brachte sie nicht zustande. Ihr Gesicht verzerrte sich vor Schmerz.
»Stützen Sie sich auf mich«, schlug Fabry vor. »Gebrochen scheint nichts zu sein. Vermutlich nur eine Zerrung. Sie haben viel Glück gehabt.«
Sie nahm seinen Arm, presste ihre Tasche fest an sich und gemeinsam schleppten sie sich Richtung Ausgang. Schnell packte der Bettler die ergatterten Münzen in eine Lederbörse.
DrauÃen fragte Fabry: »Wohin?«
»Ich will nach Hause. Nur nach Hause!«, stöhnte die Frau.
»Haben Sie Schmerzen?«
»Was denken Sie denn! Es tut verdammt weh!«, antwortete sie mit Zorn in der Stimme. »Warum habe ich nicht besser aufgepasst?«
»Ich würde Sie lieber zu einem Arzt fahren«, sagte Fabry. »Oder in eine Klinik.«
»Nicht nötig«, meinte die Frau. »Ich ärgere mich vor allem über meine Ungeschicklichkeit.«
»Man fällt halt manchmal«, sagte Fabry. »Es hätte aber viel Schlimmeres passieren können. Ein Genickbruch zum Beispiel.«
»Ja, klar«, sagte die immer noch Humpelnde. »Es kann immer alles schlimmer kommen.«
»Wo wohnen Sie?«
»Wieso?«
»Ich dachte, ich soll Sie nach Hause bringen? Oder wollen Sie doch lieber zu einem Arzt?«
»Auf keinen Fall. Es ist ja nur der FuÃ. Und nicht das Genick. Und auÃerdem ist es nicht weit.«
Sie kamen nur langsam voran. Der Weg führte durch eine breite Allee, die von Platanen gesäumt war.
»Sie sind wirklich sehr hilfsbereit.« Ihr Lächeln wirkte angespannt. Auf ihrer Stirn standen SchweiÃperlen vor Anstrengung.
»Das ist doch selbstverständlich«, gab er zurück. »Wo Sie mir schon so direkt vor die FüÃe fallen! Da fühle ich mich doch verantwortlich für Sie.«
»Verantwortlich?«, fragte sie. »Wie meinen Sie das?«
Fabry überhörte die Frage.
»Hier wohne ich!«, sagte sie und blieb stehen.
»Gut. Dann haben wir es ja geschafft. Ich bringe Sie noch hinein.«
»Nein, nein«, wehrte sie ab. »Das schaffe ich schon allein. Es gibt einen Aufzug. Vielen Dank noch mal. Wie heiÃen Sie eigentlich?«
»Fabry.« Er lieà ihren Arm los. »Leon Fabry.«
»Ich bin Anna. Anna Stern. Sie sind ein netter Mensch, Herr Fabry.«
Anna drückte Fabrys Hand und humpelte in den Hausflur. Fabry sah ihr nach und speicherte ihren Anblick in seinem Hirn.
*
Die Morgensonne strahlte Anna Stern mit voller Kraft ins Gesicht. Die Nacht hatte ihr keine Ruhe beschert. Anna zog die Bettdecke über die Augen, doch an Schlaf war nicht mehr zu denken. Sachte bewegte sie den lädierten Fuà â er schmerzte höllisch.
Vorsichtig stakste sie ins Bad, das Gewicht nach rechts verlagernd. Sie löste die Elastikbinde und sah sich die Bescherung an. Knöchel und Mittelfuà waren geschwollen und auch die Zehen hatten ihre ursprüngliche Form verloren.
In der Küche gelang es ihr, die Kaffeemaschine anzuwerfen. Mit zusammengebissenen Zähnen schmierte sie sich zwei Scheiben Brot.
Es war wunderschönes Wetter drauÃen! Sie nahm Tasse und Teller und schleppte sich zu der weiÃen Holzbank, die sie sich vor Kurzem für den Balkon angeschafft hatte â ihre desolate Finanzlage ignorierend.
Anna hatte das linke Bein gerade auf einem Stuhl hoch gelagert, als das Telefon klingelte.
»Moment!«, rief sie, als könnte der Anrufer sie hören.
Stöhnend machte sie sich auf die Jagd nach dem Telefon.
»Guten Morgen«, sagte eine Stimme. »Hier ist Fabry. Leon Fabry. Ich wollte mich
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