Schoener Schlaf
Kellnern.«
»Ich studiere«, antwortete sie. »Kunstgeschichte.«
»Interessant.«
»Ja, nicht?« Jessica schlürfte ihren Kaffee. »Fand Maja auch. Ein Mal hat sie mir regelrecht ein Loch in den Bauch gefragt.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie interessierte sich für Maler des 16. und 17.  Jahrhunderts. Ich war ganz perplex. Habe ihr dann ein paar von meinen Büchern geliehen. Moment, sie müssen hier noch liegen«
Jessica stellte den Kaffeebecher ab, ging zum Bücherregal und zog drei dicke Bildbände heraus. »Gucken Sie! Sie hat sogar Zettel reingelegt. Malerei des Barock. Rubens, Rembrandt, Caravaggio und einige Holländer.«
»Können Sie sich dieses Interesse erklären?«
Jessica zuckte die Schultern. »Nein, zumal sie null Ahnung von der Materie hatte.«
»Null Ahnung? Erklären Sie das, bitte!«
»Na ja«, dehnte Jessica. »Auch wenn man sich nicht für Kunst interessiert, kriegt man doch einiges mit. Man kennt Namen wie Picasso, van Gogh oder Rubens. Aber Maja hatte wirklich keinen blassen Schimmer, war nie in einem Museum gewesen oder so. Daher wunderte ich mich sehr über diese plötzliche Wissbegierde. Ich habe ihr den Besuch unserer Kunsthalle empfohlen.«
»War sie dort?«
»Das weià ich nicht.«
Kant blätterte in den Bildbänden und folgte dabei den Lesezeichen Majas. »Sie interessierte sich besonders für eine bestimmte Epoche«, stellte er fest. »Barockmalerei. 17.  Jahrhundert. Warum gerade diese Zeit?«
»Wie gesagt, keine Ahnung.« Jessica lachte auf. »Vielleicht, weil sich die Zeiten ähneln. Das damalige Lebensgefühl ist unserem heutigen sehr nahe. Vergänglichkeit und Völlerei, Gottesfurcht und gleichzeitig Sittenverfall. Nur dass man das heute Terror, Geldgier, Islamismus und Pornografie nennt.«
»Hatte Maja denn ein Gespür für so was?«
»Man muss in der Kindheit mit der Kunst in Kontakt kommen«, erklärte Jessica. »Das war bei ihr wohl nicht der Fall. Das heiÃt noch lange nicht, dass sie blöd war.«
»Darf ich die Bücher mitnehmen?«, fragte er.
»Klar. Ich brauche sie nur irgendwann wieder.«
»Bekommen Sie. An wen soll ich sie schicken?«
»Müller. Jessica.« Sie grinste.
»Es macht wohl SpaÃ, kleine Polizisten an der Nase herumzuführen. Das kann aber nach hinten losgehen. Man nennt es dann Falschaussage.«
»Och«, machte sie mit einem Augenaufschlag. »Kriege ich jetzt Handschellen?«
»Ãbertreiben Sie es nicht«, beendete Kant seinen Besuch, griff sich die Bücher und fuhr zum Präsidium.
Dort vervollständigte er den Bericht und überlegte, was er noch in die Wege leiten könnte, bis die Soko zusammentrat. Die Ausführungen des Rechtsmediziners über das Schlafmittel kamen ihm in den Sinn. Er recherchierte im Internet alles über den Wirkstoff, den Bornemann in Maja Schneiders Blut entdeckt hatte.
Veronal war ein schon legendär zu nennendes Schlafmittel, von dem Ãrzte und Patienten gleichermaÃen schwärmten. Vor über hundert Jahren war es zusammengemixt worden, angeblich gut verträglich und frei von jeglichen Nebenwirkungen. Das Zeug war sogar schon mehrfach zu literarischen Ehren gekommen. In Schnitzlers Erzählung Fräulein Else und Vicki Baums Roman Menschen im Hotel brachten sich Menschen mit Veronal um.
Wo hatte der Täter das Zeug wohl her? Angeblich war es seit den Siebzigerjahren nicht mehr im Handel.
*
Der Fotograf kam aus dem Nichts. Matt Turner hatte gerade das Haus verlassen, um in seine Kanzlei zu fahren, da stand der Mann plötzlich vor ihm. Matt riss instinktiv die Arme hoch, als er das Blitzlicht wahrnahm. »Was soll das?«, brüllte er.
»Matt Turner?«, fragte der Mann. »Der Ex von Maja Schneider?«
»Was geht Sie das an?«
»Mein Name ist Kay Schaumkuss.« Der Typ zeigte einen Presseausweis. »Reporter. Sie sind gestern bei den Bullen gewesen, richtig?«
»Lassen Sie mich in Ruhe«, entgegnete Matt böse. »Ich bin Anwalt und Sie sind gerade dabei, meine Persönlichkeitsrechte zu verletzen.«
»Vielleicht haben Sie ja auch Rechte verletzt, Herr Rechtsanwalt, vielleicht sogar die Rechte von Maja Schneider. Die hätte vielleicht gerne noch ein paar Jährchen weitergelebt. Vielleicht haben Sie sie getötet?«
»Unterlassen Sie solche
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