Schönesding!
überlegt, dann müssten wir diese Diskussion jetzt nicht führen.“
Sie hat ja recht. Nur muss das jetzt sein. „Können wir nicht irgendwann anders darüber reden?“, sage ich. „Luise, das sind die ersten paar Stunden, die wir seit fast zwei Jahren zusammen haben, und wir verwenden sie, um zu streiten.“
„Wann willst du dann darüber reden, wenn nicht jetzt?“
Irgendwann anders, will ich sagen, nur nicht jetzt. Ich will zu ihr hingehen und sie in den Arm nehmen und sie nur halten. Damit sie endlich aufhört mich so anzugreifen, damit sie endlich aufhört zu streiten. Aber dazu komme ich nicht mehr.
„Ich weiß nicht, ob ich das noch kann.“
„ Was? Was kannst du nicht mehr?“
„ Nach Berlin fahren, hierher fahren und dich hier drinnen sehen. Du weißt nicht, wie schwer das ist für mich.“
Ich weiß nicht, ob ich das noch kann. Das kommt wie ein Schlag in die Magengrube. Warum tut sie das? Warum jetzt?
„Bist du gekommen, um mir das zu sagen?“
„ Ich weiß es nicht...“ Sie schaut mich nicht an. Sie schaut auf ihre Hände. Auf ihre schönen, schlanken, weißen Hände.
„ Schau mich an, Luise, und sag mir, dass du nicht mehr herkommen willst.“
Sie hat Tränen in den Augen. Das macht es auch nicht besser. Das macht es überhaupt nicht besser.
„Ich weiß es nicht...“
„ Was weißt du denn?“
Sie sagt nichts.
Aber nach einer Weile: „Weißt du, meine Mutter hat gleich am Anfang gesagt, sei vorsichtig mit dem. Der bringt nur Ärger.“
Jetzt endlich ist es raus. Gabi Wisch! Ich wusste es. Ich wusste es. Das darfst du nicht, Luise. So machst du alles kaputt, aber das geht ja nicht rein in deine schönen grünen Augen. Das geht ja nicht rein in deine schöne weiße Stirn.
„Ich habe dich verteidigt. Sie kannte dich ja nicht. So wie ich... Aber jetzt bin ich nicht mehr so sicher.“
Na, toll. Sie hat mich verteidigt. Das macht es besser. Viel besser.
Mit einem Mal habe ich das Gefühl, dass ich jetzt hier raus muss, sonst sage ich etwas, dass mir später leid tun wird. Wonach es kein Zurück mehr gibt.
„ Na gut, wenn es so ist, dann gibt es wohl nicht mehr viel zu besprechen.“ Ich stehe auf und gehe auf die Fahne.
„ Was tust du?“ Ha, jetzt ist sie überrascht.
„ Ich hole uns hier raus.“
„ Ich hab doch noch das Essen...“
„ Vergiss das Essen!“
„ Und mit uns... Was wollen wir denn jetzt machen?“
“ Ich denke, es ist besser, du gehst jetzt.“
Wie immer dauert es ein paar Minuten, bis jemand an die Sprechanlage geht. Wenn ich Luise hätte aufschlitzen wollen, hätte ich genügend Zeit gehabt, um mir ein Bad einzulassen mit ihrem Blut.
Der Kapo klingt bräsig. Wahrscheinlich haben wir ihn beim Mittagessen gestört. Rollmops mit Fettarsch. Nach ein paar Minuten kommt er endlich und schließt auf.
Als er sieht, dass Luise geweint hat, fragt er: „Ist alles in Ordnung? Hat er ihnen weh getan?“ Er muss das fragen. Wegen der Vorschriften, Sie verstehen.
Luise sagt: „Er hat mir das Herz gebrochen.“
„ Das tut mir leid, junge Dame. Aber gegen diese Art Verletzung kann ich nichts tun.“
Das glaub ich nicht. Wir gehen hier durch eine ernsthafte Krise, vielleicht werden wir uns nie wiedersehen, und der Fettarsch macht Witze. Vorschriften hin oder her. Das war wohl wirklich kein so guter Plan.
* 30 *
Totale/langsamer Schwenk Die Zuschauer sind alle tief in die Sitze gerutscht, aber keiner schläft mehr. Alle haben die Augen offen und harren aufmerksam der Dinge, die da kommen.
Halbnahe Einstellung Ein Zuschauer in braunem Hemd mit rosa-grau-dottergelben Strähnchen. Man sieht seinen Unterhemdansatz.
Ranholen Ton Felder Haben Sie das Hemd in Küblach mitgehen lassen?
Großaufnahme In Küblach mitgehen lassen! Der Zuschauer kennt Forsthaus Falkenau . Er beugt sich vornüber und schüttelt sich vor Lachen.
Halbtotale Der Mann aus Küblach in der Mitte. Er hat sich immer noch nicht gefangen. Um ihn herum überall lachende Zuschauer.
Großaufnahme Eine Frau sperrt ihren Riesenmund auf. Ton Wiehern wie ein schwangeres Pferd.
Vertikaler Schwenk nach unten Ihr Brustkorb hebt und senkt sich rhythmisch. Die finden das witzig. Die finden das echt witzig.
Halbtotale/Langsamer Schwenk Die Fernsehleute und ihr Anhang haben sich in dem leeren Raum zwischen den Sitzreihen und der Küchentheke niedergelassen. Alle sitzen oder liegen dort entspannt wie angetörnte Zuschauer bei einem Freiluft-Konzert. Auch die zwei Gorillas sind nach vorne
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