Schokoladenzauber - Roman
rum, und wenn sie genug hat, kommt sie wieder. Ihr wird ziemlich schnell langweilig.«
»Aber Schatz, sie wurde an dem Abend, an dem das Schiff von Jamaika ablegte, an Bord gesehen!«
»Gesehen wurde jemand mit dunklem Haar in einem ihrer auffälligsten Kleider, aber wenn du mich fragst, war das Mags.«
»Die Freundin deiner Mutter ist blond – und warum um alles in der Welt sollte sie einen solchen Aufwand betreiben?«
»Wie wär’s mit einer Perücke? Meine Mutter hat oft Perücken getragen, wenn ihr Haar zerrupft ausgesehen hat. Außerdem haben die beiden sich ständig bei ihren Lügen geholfen.«
»Chloe, jetzt komm! Es ist Wochen her, und so schwer es auch ist, du solltest allmählich akzeptieren, dass sie wahrscheinlich zu viel getrunken hat – was bekanntermaßen eine ihrer Schwächen war – und dann mitten in der Nacht unbemerkt über die Reling gefallen ist. Diesmal wird sie nicht wieder auftauchen, als wäre nichts geschehen. Was uns zurück zu unserem Thema bringt: Was tun wir mit Jake?«
»Nichts, weil du unrecht hast. Ich wette, sie kommt rechtzeitig zu unserer Hochzeit zurück, aber falls nicht, dann zieht Jake eben zu uns, oder? Dir war doch immer bewusst, dass wir das bei Mums Abwesenheit so regeln würden, oder?«
David zögerte mit seiner Antwort. Wahrscheinlich stellte er sich das Chaos vor, das ein lebhafter Junge in seinem beispiellos geordneten Leben und seiner minimalistischen weißen Wohnung anrichten würde. Mir selbst war das, wenngleich unbeabsichtigt, auch schon gelungen. Ich hatte in Davids Küche ein Huhn mit einer Sauce aus dunklem Kakao zubereitet: Schokolade verteilt sich wirklich überall … Offenbar hatte David nicht verstanden, wie eng das Band zwischen Jake und mir war.
»Mir wäre lieber, wir beide wären alleine, zumindest eine Weile, Schatz«, sagte er schließlich. »Du musst akzeptieren, dass deine Mutter nicht zurückkommt und nun andere, dauerhafte Regelungen gefunden werden müssen. Dein Großvater hat doch ein privates Einkommen, oder? Er könnte Jake auf ein Internat schicken.«
»Ich glaube nicht, dass Brummbarts Mittel dafür reichen, aber davon abgesehen, würde Jake das gar nicht ertragen. Ich war ihm immer schon mehr eine Mutter als Mum. In seinen Augen bedeute ich Sicherheit, und das mit dem Internat würde er als neuen Verrat empfinden. Außerdem wohnen all seine Freunde hier in Merchester.«
»Dann würde er es gewiss auch nicht ertragen, in eine Stadtwohnung zu ziehen«, sagte David rasch.
»Sicher nicht, aber wir hatten uns doch darauf geeinigt, dass wir uns ein Haus auf dem Land suchen – zum Beispiel in dieser Gegend – und du pendelst, oder nicht?«
»Ich hatte dabei an sehr viel später gedacht, wenn es Zeit ist, eine Familie zu gründen. Erst einmal möchte ich dich für mich alleine haben. Und außerdem«, fügte er hinzu, und ein gequältes Grinsen überzog sein attraktives Gesicht, »glaube ich langsam, dass ich auf das Land allergisch bin. Jedes Mal, wenn ich in Merchester war, bekomme ich diesen verdammten Ausschlag.«
»Merchester ist nicht gerade ländlich«, protestierte ich, aber das mit dem mysteriösen Ausschlag stimmte, und auch in diesem Moment kroch eine wütende Röte aus Davids Hemdkragen.
Ich musste Brummbart darauf ansprechen … Er war mit David nie warm geworden, was vor allem an Davids herablassendem Tonfall lag. Er sprach mit Brummbart wie mit einem störrischen kleinen Kind, ganz falsch, und genau diesen Tonfall nahm David auch Jake gegenüber an. »Chloe, hör zu, ich kann mit deinem Bruder nicht unter einem Dach leben. Das von mir zu verlangen ist nicht fair.« Er fuhr sich geistesabwesend mit den Fingern durch seine ordentlichen dunklen Locken, ein Zeichen dafür, dass er äußerst verstört war. Er lockerte sogar den Knoten seiner Seidenkrawatte – du liebe Zeit!
»Du musst eine andere Lösung finden«, verkündete er ein letztes, abschließendes Mal.
»So glaub mir doch, Mum ist nicht tot!«, raunzte ich ihn ungeduldig an. »Sie haut ständig ab, aber sie kommt immer wieder: Ich habe mir die Karten gelegt, und ich habe recht. Und was noch wichtiger ist: Zillah hat es auch gesehen.«
Aber obwohl uns die Karten gesagt hatten, dass Mum lebte, hatten sie uns natürlich nicht verraten, wo sie war und wie lange sie fortbleiben würde.
»Du musst dich entscheiden, Jake oder ich«, sagte er leise.
»Aber, David …«
»Liebst du mich?«
»Ja, natürlich«, antwortete ich, und das stimmte, wenn ich auch nicht
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