Schottische Disteln
Handel mit den Antiquitäten aufziehen, sich und den anderen beweisen, dass sie es ohne fremde Hilfe zu etwas bringen konnte, sie hatte eben immer noch ihre Träume. Und sie wusste, dass sie nicht nur Zeit brauchte für eine Entscheidung, sondern dass sie auf einen ganz besonderen Kick wartete, und dann würde sie wissen, was gut für sie war und was nicht.
Der nächste Morgen war grau und neblig. Andrea roch den Nebel, bevor sie die Augen öffnete. Sie hatte bei offenem Fenster geschlafen, und die Nebelschwaden zogen den Geruch der Torffeuer in den Kaminen der Bauernhäuser mit sich. Sie sah auf die Uhr: halb acht. Wenn sie sich beeilte, konnte sie mit dem Frühstück fertig sein, bevor diese Miss herunterkam. Andrea ärgerte sich noch immer über die Dreistigkeit, mit der sie die Treppe versperrt hatte. Warum sollte sie mit einer fremden Person frühstücken, nur weil die es wollte?
Die Gaststube war bereits aufgeräumt und geputzt. Ein leichter Wachsduft und der Geruch des Nebels verdrängten den Bierdunst des Abends. Mabel Jackson war in der Küche, und Andrea klopfte an die offen stehende Tür.
»Guten Morgen, könnte man schon einen Kaffee bekommen, Mrs Jackson?«
»Selbstverständlich, ich komme sofort. Ich dachte, Sie frühstücken erst gegen neun Uhr. Sonst wäre alles schon fertig.«
»Warum sollte ich gegen neun Uhr frühstücken? Wir haben doch gar nicht darüber gesprochen?«
»Die Malerin, die das andere Zimmer bewohnt, sagte, sie wollten zusammen um diese Zeit essen.«
»Ich ziehe es vor, allein zu frühstücken, ich kenne die Dame ja gar nicht.«
»Selbstverständlich, wie Sie wünschen, Miss Steinberg. Nehmen Sie doch schon Platz, ich komme sofort.«
Andrea setzte sich an einen der beiden gedeckten Tische und sah sich um. In diesem Haus hatten früher die Reisenden ihre Rast gemacht, wenn die Pferde gewechselt wurden. Die alten gebohnerten Holztische mochten schon damals hier gestanden haben, während ein Wirt oder seine Frau in der Küche die Speisen für die Durchreisenden bereiteten. Reiche Leute mit vierspännigen Kaleschen, arme Bauern mit Handkarren auf dem Weg zum Markt, Auswanderer mit Sack und Pack auf dem Weg zum nächsten Hafen, um in Übersee ihr Glück zu suchen: In dieser Stube mochten sich Schicksale entschieden und Lebenswege gekreuzt haben.
Andrea schob den bunt karierten Fenstervorhang beiseite und sah nach draußen. Kein Wetter für einen Ausflug, dachte sie und beschloss, nur nach Inverness zu fahren. Sie musste sich Geld aus Deutschland überweisen lassen, ein Konto eröffnen und warme Kleidung kaufen. Ihre Sommerkleider hatten die Saison hinter sich, und bevor sie nach Deutschland flog, um dort nach ihrer Wohnung zu sehen und einen Teil ihrer Sachen zu holen, konnte noch einige Zeit vergehen. Außerdem wollte sie in Inverness die Therapiestation aufsuchen, in der sie behandelt werden sollte. Diese Nachbehandlungen waren das Allerwichtigste, ihr Rücken tat noch immer bei jeder Bewegung weh.
Mabel Jackson kam mit einem Tablett herein. Kaffee und frische Brötchen dufteten verführerisch, und Andrea langte mit großem Appetit zu. Sie war fast fertig, als Karen Brendan die Treppe herunterkam. »Oh, guten Morgen, ich dachte, wir frühstücken gemeinsam.«
»Ich hatte nicht zugesagt, bis um neun zu warten.«
»Ja, das stimmt. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
Andrea nickte. Obwohl ihr die Frau nicht sehr sympathisch war, wollte sie nicht zu unhöflich erscheinen und schob ihr Frühstücksgeschirr zur Seite, damit Karen Platz hatte. Mabel Jackson begrüßte ihren zweiten Gast und brachte auch für sie das Tablett mit dem Frühstück.
Als Andrea fertig war und aufstehen wollte, hielt Karen sie zurück. »Bitte bleiben Sie doch noch. Es ist so langweilig, hier allein zu sitzen.«
»Ich habe Besorgungen zu machen, guten Tag.«
Aber Karen sprang auf. »Nicht doch, wir können doch etwas zusammen unternehmen. Bei dem Wetter kann ich nicht malen, wir könnten gemeinsam in die Stadt fahren. Ich kenne mich da aus, ich kann Ihnen alles zeigen, wenn Sie wollen.«
Andrea zögerte. Was sprach dagegen? Außer diesem Gefühl einer gewissen Antipathie gab es eigentlich keinen Grund, nicht mit ihr in die Stadt zu fahren. Man muss auch mal seine Gefühle überwinden, dachte Andrea und sagte: »Gut, fahren wir zusammen. Wann?«
»Gleich, ich bin gleich fertig.«
»Ich hole meine Sachen und warte hier unten.«
Mabel Jackson, die von der Theke aus das Gespräch gehört hatte, sagte zu
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