Schottische Disteln
Haus und warteten darauf, dass man endlich den Liebesakt beendete, das Bett verließ und nach Aberdeen zurückfuhr.
Bei aller Wut, die er verspürte, musste Ryan auch grinsen. Es war eine so absurde Situation, dass man sie kaum ernst nehmen konnte, dennoch würde er sie mit allem Nachdruck ändern, gleich morgen. Er trank seinen Whisky aus, fuhr sich mit den Händen durch das Haar und löschte das Licht. Drei Stunden konnte er noch schlafen, bevor ihn James weckte, und mit dem Morgenlicht kam dann hoffentlich auch die Erleuchtung, mit der er den Start in einen neuen Lebensabschnitt einleiten konnte.
Ryans erste Handlung im Büro war, Charles Needs, seinen Generaldirektor, zu sich zu bitten. Der Mann, ein Experte auf dem Gebiet der Firmenleitung, so alt wie Ryan und schon mehr als zwanzig Jahre auf der Werft, spürte sofort, dass sein Chef wütend und nervös war.
Ryan bat ihn, Platz zu nehmen, und begann sofort: »Ich will nicht um den heißen Brei herumreden, Charles, aber in der Firmenleitung muss sich etwas ändern. Ich will den Druck der Alleinverantwortung loswerden, sofort.«
»Die jetzige Form entsprach der Tradition, Ryan. Sie haben sie von Ihrem Vater übernommen und nichts daran ändern wollen.«
»Das weiß ich. Aber jetzt wird alles anders.«
Als Charles ihn ungläubig ansah, fuhr er fort: »Ich kenne Sie gut genug, um Ihnen die Wahrheit sagen zu können, Charles. Ich werde mein Privatleben ändern, ich will mehr Freiheiten. Ich will diese ganze Alleinverantwortung loswerden und endlich so leben, wie es mir passt. Kurz und gut, ich werde mich aus vielen Bereichen zurückziehen, um mehr Zeit für mich zu haben. Ich denke, mit fünfzig habe ich ein Recht dazu.«
»Selbstverständlich, Ryan. Und woran hatten Sie gedacht?«
»Wir werden die Firmenleitung auf mehrere Schultern verteilen. Unter Ihrer Führung wird ein Konsortium gebildet, das in Zukunft meine Aufgaben übernimmt. Die Firma gehört nach wie vor mir, aber Sie werden als Vorsitzender die Leitung übernehmen, und der gesamte Vorstand wird die Verantwortung tragen.«
»Ich danke für Ihr Vertrauen, Ryan.«
»Setzen Sie sich sofort mit den Anwälten zusammen, und erarbeiten Sie die Formalitäten. Ich will keine Zeit verlieren. Sobald die Unterschriften geleistet sind, ziehen Sie meine Bodyguards zurück. Sie stören mein Privatleben.«
Charles sah ihn verblüfft an. »Verzeihen Sie, Ryan, aber es ist das erste Mal, dass Sie von einem Privatleben sprechen.«
»Höchste Zeit, damit zu beginnen. So, und jetzt trinken wir einen Schluck, und dann ran an die Arbeit.«
Andrea stand unschlüssig vor der Treppe. Sie wollte nach oben, aber diese Miss Brendan blockierte den Aufgang und lächelte sie an.
»Wollen Sie mir nicht Gesellschaft leisten? Ich habe das Abendessen verschlafen, aber wir könnten ein Bier zusammen trinken.«
Andrea schüttelte den Kopf. »Danke nein, ich bin müde.« Sie versuchte an der jungen Frau vorbeizukommen, aber die stand mitten auf der Treppe und wich nicht zur Seite. »Bitte, nur einen Schlaftrunk.«
»Nein.« Andrea wurde ärgerlich. »Würden Sie bitte Platz machen?«
»Schade.« Karen Brendan trat zur Seite. »Aber vielleicht frühstücken wir morgen gemeinsam? So gegen neun Uhr?«
»Vielleicht. Gute Nacht.«
Andrea ging nach oben. Sie hatte keine Lust auf ein Geschwätz mit einer Fremden. Sie wollte allein sein und an Ryan denken, der ihr eine Liebeserklärung gemacht hatte, auf die sie, überrascht und gehemmt, nicht einmal richtig geantwortet hatte. Aber was war schon richtig? Wie reagierte man auf die Liebeserklärung eines Mannes, der einem so viele Rätsel aufgab? Eines stand fest, wenn sie an den Schäfer dachte, überzog ein Prickeln ihre ganze Haut, warum passierte das nicht, wenn Ryan, der Millionär, vor ihr stand?
Dabei gab er sich so viel Mühe, ihr zu gefallen. Sie hatte sehr wohl bemerkt, dass er sich heute einfach gekleidet hatte, und mit einem Lächeln dachte sie an die blank gescheuerten, ausgebeulten Knie seiner Cordhosen, die sie tatsächlich ein wenig an das Outfit des Schäfers von damals erinnerten. Sie machte sich fertig und kletterte in das hohe, altmodische Bauernbett, in dem sie die steife Leinenwäsche erst einmal anwärmen musste, bevor es darunter behaglich wurde.
Ryan hielt sie sicher für eine unentschlossene, dumme Person, die nicht wusste, was gut für sie war, und wenn sie Pech hatte, war er sehr bald mit seiner Geduld am Ende. Aber sie hatte so viele Pläne, wollte den
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