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Schottische Disteln

Schottische Disteln

Titel: Schottische Disteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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Nationalblume gekürt und in ihrem Wappen verewigt hatten.
    Als die Pfeife ausgebrannt war, zog Ryan seine Jagdweste an, nahm eine Schrotflinte und Munition aus dem Gewehrschrank und lief über den Hang zu den Schafen. Bella war nicht nur ein guter Hütehund, sondern auch ein ausgezeichneter Apportierer. Für die Jagd oben im Moor brauchte er ihre Hilfe.
    »Komm, mein Mädchen, wir holen uns ein paar wilde Kaninchen für das Abendessen.«
    Mit wedelnder Rute sprang die Hündin an ihm hoch. Sie wusste, dass das Gewehr auf dem Rücken Abenteuer pur bedeutete. Aber nach dem ersten Freudenausbruch lief sie brav bei Fuß. Das Wild durfte nicht zu früh gestört werden. Langsam aber stetig wanderte Ryan bergauf. Er wollte zum Hochmoor, wo sich die Kaninchen in beängstigender Weise vermehrten und zu einer Plage wurden. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich auch über die Felder im Tal hermachen würden.
    Er sah sich um. Wie immer faszinierte ihn die wilde, spröde Landschaft. Ihre wahre Schönheit offenbarte sie nur den Menschen, die sie liebten. Es war ein warmer, schwüler Tag, die Luft roch würzig und süß. Hier oben, auf den Südseiten der Abhänge, stand die Heide schon in voller Blüte. Ihre Farbe und ihr Duft waren viel intensiver als im Tal. Ryan folgte ausgetretenen Wildpfaden, die sich kreuz und quer über die Hänge zogen. Hin und wieder blieb die Hündin stehen, schnüffelte an einem Mauseloch oder an unsichtbaren Fährten. Dann sah sie Ryan vorwurfsvoll an, als wolle sie sagen: Wann geht‘s endlich los? und trottete dann wieder wohlerzogen neben ihm her. Ryan dankte im Stillen seinem alten Viehzüchter, der den Hund in den letzten Wochen wieder so gut für ihn trainiert hatte.
    Endlich waren sie oben auf dem Plateau. Ryan wischte sich den Schweiß vom Gesicht und zog den breitkrempigen Hut tief in die Stirn, damit die Sonne ihn beim Zielen nicht blendete. Er nahm sein Gewehr von der Schulter, legte Patronen in die Läufe und hängte es aufgeklappt über den Arm. Plötzlich sprang ein Kaninchen aus einem Wacholdergebüsch, überlegte es sich anders und rannte zurück. Aber Ryan war schneller, und Bella apportierte die erste Beute. Etwas entfernt saßen Krähen auf einem Weißdornstrauch und warnten mit ihrem heiseren Krächzen die anderen Tiere im Moor. Dann lief ein zweites Kaninchen vor die Flinte, dann ein drittes, und Ryan hatte seine Tagesration erlegt. Aber er nahm sich vor, mit den Bauern aus der Umgebung eine Treibjagd zu veranstalten, bevor er zurück nach Aberdeen fuhr. Sie mussten dieser Plage wirklich Einhalt gebieten, sonst hatten die Frauen die gefräßigen Tiere bald in ihren Gemüsegärten. Er sicherte die Flinte und schob sie zurück auf die Schulter. »Komm, meine Kleine, wir haben genug für heute.«
    Jetzt durfte der Hund toben. Ausgelassen rannte der Collie durch das Moor, scheuchte ein paar Vögel auf, lief seinem Schatten nach und jagte mit einem Graufuchs um die Wette, bis der in seinem Bau verschwand. Ryan ging weiter und schräg über den Abhang nach unten. Zwischen dem Heidekraut tauchten immer wieder wie leuchtende Inseln kleine Glockenblumenbüschel auf, deren intensives Blau mit der Farbe von Enzian konkurrieren konnte.
    Die Sonne wanderte in Richtung Westen, und es wurde Zeit, die Schafe in den Pferch zu treiben. Vom Firth her zogen Nebelschwaden in die Täler. Vielleicht würde das Wetter umschlagen? Ryan wartete, bis die Hunde die Schafe eingetrieben hatten, verschloss das Gatter und lief mit den Collies zurück zum Haus. Als er den Hügel überquerte, sah er vor seinem Haus einen alten Kastenwagen stehen. Bevor er die Hunde zurückrufen konnte, waren sie losgestürmt und bellten den Besucher an, der auf der Bank an der Hausmauer gesessen hatte und nun so schnell wie möglich Schutz in seinem Wagen suchte. Es musste jemand aus Dyke sein, denn Fremde fanden die schmale Zufahrt normalerweise nicht. Er hatte mit besonderer Sorgfalt den Weg so angelegt, dass er zwischen Rotdornhecken abzweigte und von der selten benutzten Landstraße aus nicht gesehen werden konnte. Er legte keinen Wert auf Besucher oder verirrte Touristen, die schwer loszuwerden waren, wenn sie erst einmal die Schönheit dieser Gegend gesehen hatten. Als er näher kam, winkte ihm der alte Charly zu.
    »Pfeif mal deine Hunde zurück, bevor sie mich auffressen.«
    Ryan lachte. »Los, kommt ihr zwei, es ist ein Freund.« Er beruhigte die Tiere, bis sie sich zur Haustür zurückzogen.
    »Ich gebe ihnen

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