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Schrei in der Nacht

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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und gewann rasch
an Fahrt. Fallon zögerte und überlegte. Er hatte nicht viel
Zeit zu verlieren. Im Zug befanden sich nicht viele Fahrgäste, und
die drei Polizisten würden höchstens zehn oder fünfzehn
Minuten brauchen, um bis zu ihm zu gelangen. Er beugte sich aus dem
Fenster und schaute den Zug entlang. Ein paar hundert Meter weiter
stand auf einem Nebengleis ein Güterzug. Fallons Geist arbeitete
blitzschnell; er überschlug das Risiko, lächelte dann
entschlossen und öffnete die Wagentür. Das Risiko war jetzt
wirklich unerheblich; entscheidend war nur noch, daß er irgend
etwas unternahm.
      Er hielt sich am Handgriff fest, während er
hinauskletterte und schloß dann die Tür hinter sich. Der Zug
fuhr etwa mit einer Geschwindigkeit von zwanzig Meilen, und trotzdem
schien es ihm, als ob der abgestellte Güterzug auf ihn zurase. Er
wartete, bis er noch zwanzig oder dreißig Meter entfernt war, und
sprang dann.
      In dem winzigen Sekundenbruchteil des Sprunges wurde
ihm sofort klar, daß er die Geschwindigkeit unterschätzt
hatte. Seine Füße schlugen hart auf den Schotter auf;
verzweifelt suchte er den Kopf einzuziehen, während er sich
überschlug, und landete dann hart auf dem Boden.
    Eine Weile lag er da, halb über den
Schienen, auf denen der Güterzug stand, und vor seinen Augen
drehte sich alles. Schließlich zwang ihn eine schwache, aber
drängende Stimme in seinem Unterbewußtsein dazu, sich
aufzurichten und in Richtung auf den Güterzug zu taumeln. In
seinem Körper wütete der Schmerz, doch sein Geist versuchte
Klarheit zu gewinnen. Endlich erreichte er den letzten Waggon, griff
nach der Schiebetür und versuchte sie aufzuziehen. Die Anstrengung
verursachte ihm neue Schmerzen, die ihn stoßweise überkamen.
Er biß die Zähne zusammen und zerrte an der Tür, bis
sich diese öffnete. Einen Augenblick ruhte er sich aus, dann zog
er sich in den Waggon hinauf.
      Der Waggon stand voller Kisten, zwischen denen nur
wenig Raum geblieben war. Mit dem Rest seiner Kräfte lehnte sich
Fallon gegen die Tür und schob sie wieder zu. Dann drehte er sich
um und zwängte sich in einen schmalen Gang zwischen den Kisten und
der Wand des Waggons. Sein Kopf schwindelte ihn, und der Schmerz war
wie ein wütendes Tier, das ihn gepackt hatte und nicht mehr
losließ.
    Unter seinem Hemd begann etwas Warmes und
Klebriges an seinem Körper herunterzusickern. Er steckte unachtsam
eine Hand unter den Rock, und als er sie wieder hervorzog, war sie
blutbeschmiert. Seine Wunde war also wieder aufgebrochen. Voller
Schrecken starrte er darauf. Als eine neue Welle voller Schmerz ihn
überrollte, unterdrückte er einen kleinen Schrei und sackte
auf den Boden.

    12

    Als die Krise des Anfalls vorüber war, tauchte er aus der
Ohnmacht auf und warf sich lang hin in dem engen Gang zwischen den
Kisten und der Waggonwand. Er rang nach Atem, während der Schmerz
noch immer an seinem hilflosen Körper zerrte.
      Dieser Zustand dauerte sehr lange. Schrittweise
drängte er dann die Qualen zurück und drückte sie
hinunter unter die Grenze des Bewußtseins. Sie waren zwar noch
vorhanden, aber nicht mehr zu spüren. Fallon stieß bei
diesem Gedanken ein irres Kichern hervor. Als er endlich seine Augen
öffnete, befand er sich in völliger Dunkelheit.
      Sofort stieg wieder das Entsetzen in ihm auf. Er
streckte seine Hand aus und berührte in der Dunkelheit die
Wagenwand, als ob er sich dadurch vergewissern wollte, daß er
noch auf der Erde weile. Der Zug fuhr sehr langsam; ganz in der
Nähe donnerte ein anderer Zug vorüber.
      Fallon fühlte sich wieder erleichtert und begann
in seinen Taschen nach Zigaretten zu suchen. Eine davon steckte er sich
in den Mund, und mit zitternden Fingern strich er sich ein Streichholz
an. Während er sich vorbeugte, um die Zigarette der Flamme zu
nähern, warf das Streichholz einen kleinen Lichtschein in die
Dunkelheit, und Fallon konnte sein Versteck betrachten.
    Der Fußboden um ihn herum war mit
einer großen Blutlache bedeckt. Offensichtlich war es durch
seinen Verband gesickert. Sein linker Ärmel und die linke
Mantelseite waren blutgetränkt. Als die Streichholzflamme seine
Finger erreichte, ließ er das Hölzchen fallen und starrte in
die Finsternis. Sein Geist war jetzt kristallklar, und er fühlte
sich seltsam ruhig. Entschlossen stemmte er seine Hand zwischen die
Kisten und die Wagenwand und zog sich hoch.
      Mit ausgestreckten Händen tastete er sich langsam
und vorsichtig vorwärts.

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