Schrei in Flammen
der Weyesgade in Østerbro. Sie waren mit zwei Wagen gefahren, damit sie nach dem Gespräch mit Asger Dahl direkt jeder zu sich nach Hause fahren konnten. Wenn der Besuch keine neuen Gesichtspunkte brachte, würden sie im Laufe der Nacht kaum noch etwas tun können.
Asger Dahl wohnte in einem älteren, dreistöckigen Baugenossenschaftshaus. Eine frühaufgeblühte Glyzinie kletterte an der Hauswand empor und verdeckte mit ihren Blüten das Mauerwerk. An der Tür stand
Familie Dahl
. Jens klingelte. Kurz darauf waren drinnen Schritte zu hören. Ein verschlafen aussehender Mann in hellgrauem Pyjama öffnete die Tür. Seine Haare waren zerzaust, und er kniff die Augen leicht zusammen, als würde er sonst eine Brille oder Kontaktlinsen tragen.
»Ja?«, fragte er und sah sie verwundert an.
»Polizei Kopenhagen«, sagte Jens.
Der Mann in der Tür schien schlagartig wach zu werden.
»Mein Name ist Jens Høgh, und das ist Katrine Wraa. Asger Dahl?«
»Ja, aber was …?« Er schüttelte den Kopf.
»Dürfen wir einen Augenblick hereinkommen?«, fragte Jens.
»Selbstverständlich.« Asger Dahl öffnete die Tür und führte sie in eine gemütliche Wohnküche. Die geräumige Wohnung deutete darauf hin, dass ihre Bewohner keine Geldsorgen hatten. Eine Frau in einem weißgrauen Morgenmantel gesellte sich zu ihnen. Sie hatte schulterlange, dunkle Haare. Beide waren schlank und etwa Anfang vierzig.
»Kirsten Dahl«, stellte sie sich vor und reichte ihnen beiden die Hand. »Um was geht es denn?«
»Hm …«, sagte Asger Dahl, der in der Zwischenzeit auf den Grund ihres Kommens gekommen war. »Geht es um das Auto?«
»Was ist denn mit dem Auto?«, fragte Kirsten Dahl ihren Mann.
»Das ist heute Abend gestohlen worden, auf dem H. C. Ørsteds Vej. Dort arbeite ich«, erklärte er Jens und Katrine.
»Gestohlen?«, wiederholte Kirsten verwundert.
»Ja, aber es war schon so spät, ich wollte nur noch nach Hause und dachte, ich könnte den Diebstahl dann morgen früh melden. Außerdem wollte ich dich nicht wecken«, sagte er zu seiner Frau. »Haben Sie den Wagen schon gefunden?«
»Ja«, sagte Jens. »Er ist gefunden worden. Ein schwarzer Citroën mit dieser Nummer?« Er hielt Jens einen Zettel hin. Asger Dahl nickte und sagte anerkennend: »Das nenn ich effektiv. Ich habe den Diebstahl ja noch nicht einmal gemeldet.«
»Ja«, sagte Jens. »Aber der Fund hat einen speziellen Grund.«
»Welchen?«
»Das Auto ist ausgebrannt unter dem Bispeengbogen gefunden worden.«
»Oh, Mist!«, platzte Dahl verärgert heraus. »Diese Scheißkerle!«
»Leider ist das noch nicht alles«, sagte Jens. »Wir haben die Leiche einer Frau im Wagen gefunden.«
»Was?«, rief das Paar simultan und riss die Augen auf.
»Was haben Sie? Aber …« Asger Dahl schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich kann ja verstehen, wenn irgendwelche Idioten den abgefackelt haben, aber … was sagen Sie da? Eine Leiche? Das ist doch vollkommen absurd!«
Kirsten Dahl hielt noch immer die Hand vor den geöffneten Mund.
»Wo hat der Wagen gestanden, sagen Sie?«, fragte Jens.
»Also, der Wagen …« Dahl zögerte einen Augenblick. »Der stand in Frederiksberg, wo ich arbeite. Ich bin Geschäftsführer der Kinderschutzorganisation Børns Ret, unser Sekretariat ist im H. C. Ørsteds Vej. Sie müssen schon entschuldigen, aber das ist wirklich ein Riesenschock für mich.«
»Das verstehen wir gut«, sagte Jens. »Und Sie haben gearbeitet, an einem Freitagabend?«
»Ja, in der nächsten Woche ist eine wichtige Vorstandssitzung, weshalb ich die letzten Tage zu diversen Meetings und Vorträgen im ganzen Land unterwegs war. Ich musste noch ein paar Stunden investieren, um mich vorzubereiten und reinen Tisch zu machen, damit ich das Wochenende mit gutem Gewissen freimachen kann. So funktioniert das für mich am besten.« Kirsten Dahl nickte zustimmend. Anscheinend war diese Vorgehensweise für ihren Mann nicht ungewöhnlich.
»Und als Sie nach unten auf die Straße kamen, war Ihr Auto weg?«
»Ja, wie vom Erdboden verschluckt. Ich bin die ganze Straße auf und ab gelaufen, weil ich mir plötzlich nicht mehr sicher war, wo ich geparkt hatte. Ich war ziemlich müde, weil ich den ganzen Tag über in Slagelse auf einem Seminar gewesen war, aber das Auto war definitiv weg.«
Dahl wirkt in Anbetracht der Situation auffallend gelassen, dachte Katrine.
»Hm«, Jens nickte. »Und um wie viel Uhr war das?«
»Das war gegen …«, Asger Dahl dachte nach, »… kurz nach
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