Schrei in Flammen
nicht, was er ihr vorher angetan hat. In dem Fall wäre es nur darum gegangen, mögliche Spuren zu beseitigen. Das ist für die Motivation seines Vorgehens natürlich von entscheidender Bedeutung.« Sie warf einen Blick auf das Auto und sah dann zu Jens. »Er kann alles Mögliche sein, ein Mensch mit stark eingeschränkter sozialer Kompetenz, gefühlsmäßig extrem instabil, mit ernsten Problemen und Wutanfällen, bis hin zu einem eiskalten, durchorganisierten Planer. Er hat den Mord mitten in der Stadt verübt und ist damit ein hohes Risiko eingegangen. Auch die Methode rangiert ganz oben auf dem Risikobarometer. Feuer zieht immer Aufmerksamkeit auf sich. Aber ich muss natürlich erst ein bisschen mehr wissen, bevor ich konkreter werden kann. Wer ist sie? Aus welchem Milieu stammt sie? Wessen Auto ist das?«
»Genau! Wenn wir das wissen, führt es uns zu ihm«, sagte Bistrup und ging zu einem der Techniker. »Jungs, habt ihr bald die Fahrgestellnummer? Wir brauchen etwas Konkretes«, sagte er, trat vor die Absperrung und zündete sich eine Zigarette an.
Katrine und Jens sahen ihm nach.
»Hat ihn gerade seine Frau verlassen?«, fragte Katrine.
»Nein, nicht dass ich wüsste«, antwortete Jens. »Obwohl man das wirklich verstehen könnte.«
»Aber echt«, fuhr Katrine fort. »Wenn ich zu diesem Fall etwas Substantielles beitragen soll, brauche ich viel mehr Zeit, als Melby mir zugestanden hat.«
»Verdammt«, sagte Jens.
*
»So.« Ein Kriminaltechniker reichte Jens Høgh ein Blatt Papier mit der Fahrgestellnummer des Wagens. Er hatte sich bis zu der Stelle vorgegraben, an der die Nummer in die Karosserie des Wagens geprägt war, wobei er den schwebenden Frauenbeinen beunruhigend nahe gekommen war.
»Gut«, sagte Jens, nahm den Zettel und ging zu einem der Beamten von der Wache Bellahøj. »Dann wollen wir mal herausfinden, wo der Wagen herkommt.«
Der Beamte tippte die Fahrgestellnummer in die Suchmaschine des Straßenverkehrsamts ein.
»Asger Dahl, Weyesgade in Østerbro.«
»Sieh an«, sagte Jens. »Gibt es einen Eintrag zu diesem Wagen? Ist er als gestohlen gemeldet worden?«
»Laut Register nicht.«
»Hm.« Jens sah zu Katrine hinüber. »Dann reden wir doch mal mit ihm.«
»Ich fahre nach Hause«, sagte Torsten Bistrup zu ihrer Erleichterung. »Wir sehen uns morgen bei der Obduktion.«
Er duckte sich unter dem Absperrband hindurch und ging zu seinem Wagen. Verflucht! Warum musste er jetzt wieder mit diesem notgeilen Jens Høgh zusammenarbeiten, der von Psychologensex träumte, den er von dieser besserwisserischen Schachtel nie bekommen würde. Torstens einzige Hoffnung bestand darin, dass dieser Fall ganz ihnen zugeteilt wurde, so dass er bis auf weiteres nichts mehr mit ihnen zu tun haben würde. Was bitte hatte eine Psychologin in einer Mordermittlung verloren? Es sagte einiges über Per Kragh aus, dass er solche Leute einstellte. Was würde als Nächstes kommen? Eine Schar Hellseherinnen, die sie anrufen konnten? Torsten blickte auf 30 Jahre Berufserfahrung zurück, und dann wollte ihm so eine Unitusse sagen, wie er seine Arbeit machen sollte?
Er hatte schon letzte Woche in der Kantine mit Bent Melby darüber diskutiert. Melby hatte deutlich durchblicken lassen, wie unzufrieden er damit war, dass man sie seiner Abteilung aufgedrückt hatte. Er hatte große Skrupel, sie überhaupt an den Ermittlungen teilhaben zu lassen, andererseits musste er sie irgendwie beschäftigen.
Torsten hatte ihn darauf hingewiesen, dass sie ohne Polizeiausweis und Waffenberechtigung keine anständige Polizeiarbeit leisten konnte. Melby schien dankbar für seinen Hinweis gewesen zu sein.
Torsten seufzte. Immer wurden die Falschen befördert, das hatte er jetzt schon zum x-ten Mal erlebt. Nein wirklich, er hätte Kraghs Stelle haben sollen. Schließlich besaß er alle Qualifikationen. Und er konnte gute Reden halten, zu jeder Gelegenheit. Mitreißend und inspirierend. Auch bei traurigen Anlässen. Beerdigungen, zum Beispiel. Für diese Ansprachen hatte er sogar ein ganz spezielles Feeling. Lange, rührende Reden. Doch, das konnte er. Seine Frau bekam schon feuchte Augen, wenn er nur ans Glas schlug.
Er war wirklich inspiriert an diesem Abend: »Katrine Wraa war nur eine kurze Zeit bei der Kopenhagener Polizei vergönnt, bevor sie im Dienst zu Tode kam. Sie war zur falschen Zeit am falschen Ort und landete mitten in einem Schusswechsel zweier rivalisierender Banden.«
*
Jens Høgh und Katrine Wraa parkten beide in
Weitere Kostenlose Bücher