Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
Geld investiert und mit dem Verkauf des Start-up an Holtzbrinck Ventures sehr erfolgreich vermehrt hatten.
Ab diesem Zeitpunkt, dem Januar 2007, beschäftigte sich Gentz im fernen Lateinamerika intensiv mit der Frage, wie man mithilfe des Internet Geschäfte und Millionen machen kann. Irgendwas mit Online also sollte es sein. So kamen die beiden Deutschen auf die Idee, ein soziales Netzwerk gleich hier in Lateinamerika aufzubauen. Dass es bereits welche gab, hinderte sie nicht. Zweifellos sei die Idee »etwas schräg« gewesen, gibt Schneider zu.
Ihre gemeinsame Diplomarbeit nutzten Gentz und Schneider sogleich sehr praxisorientiert, um sich tiefer in die Internetwirtschaft einzugraben. Sie wählten ein Thema aus, das sie bis heute bei der Wachstumsmaschine Zalando verfolgt. Schlicht ausgedrückt: Welchen Einfluss hat die Größe eines Unternehmens auf seinen Erfolg?
Nebenher schrieben sie einen Businessplan für ihr Baby. Mit der Leipziger Unister GmbH und den Gründern der Online-Marketing Agentur Iven & Hillmann fanden sie in Deutschland tatsächlich Investoren. Ein sehr niedriger sechsstelliger Betrag in Euro soll es gewesen sein.
»Unibicate« hieß ihr Netzwerk im mexikanischen Monterrey, das sie mit dem Geld hochfahren konnten. Der Name bedeutete eine Mischung aus »Hochschule« und irgendetwas wie »finde Dich«. Doch mit dem Eintrag ins Handelsregister des Amtsgerichtes Berlin-Charlottenburg im August 2007 fanden die Gründer noch nicht die Idee ihres Lebens oder den Schlüssel zum schnellen Reichtum. Im Gegenteil.
»Uns war schon relativ bald nach dem Start klar, dass das ziemlich schwierig werden würde«, sagt Gentz. Denn in Lateinamerika sei halt alles anders als in Europa. Programmierer seien kaum zu bekommen gewesen, in den Unis hätten sie fast um Mitarbeiter betteln müssen. Das Cash-Management sei problematisch gewesen, die gleichzeitige Verbreitung in Mexiko, Argentinien und Chile viel zu anspruchsvoll, obwohl sich viele Hochschulen in ihr Projekt einklinkten. »Wir haben gemerkt, dass wir viel mehr Geld gebraucht hätten, um das aufzubauen.« Diese Geschäftsidee der beiden jungen Deutschen an diesem Ort zu dieser Zeit und mit dieser Ausstattung war wohl doch etwas zu schräg gewesen, Oliver Samwer hatte es ja gleich gesagt. Irgendwie hätten sie ihr erstes eigenes Unternehmen dennoch sicherlich noch ein paar Monate am Leben halten können. Aber Rationalisten waren sie schon damals und so beschlossen sie Anfang 2008 zusammen mit den Investoren, dass eine Fortsetzung keinen Sinn mehr machen würde. Lieber würden sie die Erfahrungen nutzen, um es später mit einem besser planbaren und mehr Erfolg versprechenden Konzept noch einmal zu versuchen.
»Unibicate« war also erfolglos. Die Seite wurde dicht gemacht, 25 Mitarbeiter mussten gehen. 2011 erst wurde die GmbH liquidiert und 2012 aus dem Handelsregister gelöscht. »Wir hatten uns acht Monate lang kein Gehalt gezahlt«, erinnert sich Gentz. Doch das könnte klassisches Lehrgeld gewesen sein, das mit Blick auf die spätere Gründung von Zalando gut angelegt war. Es war ihnen klarer als zuvor: »Das Internet hat ein wahnsinniges Potenzial für die Zukunft«, so Gentz.
Doch mit dem schnellen Ende von Unibicate war es so ziemlich das erste Mal im jungen Leben von Gentz und Schneider, dass etwas, das sie wirklich wollten, nicht funktioniert hatte. Dennoch analysierten sie jetzt trocken, was passiert war und warum. Sie zogen ihre »Learnings«, wie sie es ausdrücken, aus der Geldverbrennungsaktion in Monterrey, von denen einige bald in die DNA von Zalando eingehen würden: »Wir haben aus dem Projekt »Unibicate« Respekt vor dem Risiko und der Verantwortung gelernt.
Dass es eine Kunst ist, mit Geschäftspartnern und Mitarbeitern zu kommunizieren und sie zu fördern und zu führen, haben die Jungunternehmer in Lateinamerika ebenfalls erfahren. Sich und seine Geschäftsidee für mögliche Investoren so attraktiv darzustellen und das eigene Geschäftsmodell so zu verkaufen, dass sie einem ihr Geld hinterhertragen, auch das haben Gentz und Schneider in dieser Zeit gelernt. »Und danach war ganz klar, dass wir kein soziales Netzwerk oder etwas ähnliches mehr versuchen würden. Der soziale Aspekt ist analytisch kaum zu fassen oder gar zu beeinflussen: Niemand weiß, wie viele Leute sich anmelden werden und wovon das eigentlich abhängt. Ein solches Geschäftsmodell ist kaum planbar und schwer skalierbar«, begründet Gentz.
»Skalierbar« – das
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