Schsch!
Leute verloren. Svetlana war in den Händen der »bösen Pflegerin«, der Frau, vor der sie solche Angst gehabt hatte.
Wir haben ihr versprochen, dass ihr nichts geschehen wird.
Ich
habe es ihr versprochen.
Also sieh zu, dass du sie findest.
Die Rettungskräfte waren schon eingetroffen; die blitzenden Lichter ihrer Fahrzeuge schienen in der hellen Mittagssonne seltsam unwirklich. Joseph hielt einen der Sanitäter am Arm fest. »Was ist mit Agent Stern?«
»Er lebt. Es sieht nicht rosig aus, aber er lebt. Der Hubschrauber ist schon unterwegs zum Shock Trauma Center.«
»Danke.« Joseph bahnte sich seinen Weg zum Auto. Glas knirschte unter seinen Sohlen. Er blickte auf, als er seinen Namen hörte. Daphne kam auf ihn zugerannt und rammte das Abzeichen der Staatsanwaltschaft jedem Cop ins Gesicht, der sie aufzuhalten versuchte.
»Joseph!« Sie bremste ab und blieb mit ausgestreckten Armen vor ihm stehen, als ob sie ihn berühren wollte, sich aber nicht traute. Er zog sie in seine Arme, drückte sie kurz und fest, dann trat er einen Schritt zurück. »Man hat dich angeschossen«, sagte sie anklagend.
»Nicht schlimm«, sagte er und bewegte den Arm wie einen Hühnerflügel. »Nur ein Kratzer.«
Sie betrachtete ihn zweifelnd. »Das sagt ihr harten Jungs immer.«
»Es ist wirklich nichts. Aber … ich hab sie verloren, Daphne. Svetlana. Sie ist bei der Pflegerin.«
»Dann holen wir sie uns wieder.« Kein Mitleid. Sie deutete geschäftsmäßig auf den Wagen und sagte barsch: »An die Arbeit, Carter.«
Ich liebe diese Frau.
Wieder aufs Wesentliche konzentriert, begann Joseph, seine Tatortanalyse in sein Handy zu sprechen, wobei seine noch immer rasenden Gedanken langsam zur Ruhe kamen. »Stern ist gefahren. Er ist verletzt, unterwegs zur Unfallklinik. Morgan ist erschossen worden, die Wucht hat ihn in den Wagen zurückgeschleudert.« Wo er nun auf dem Rücken lag und mit offenen Augen blicklos nach oben starrte.
Josephs Verstand strauchelte. Morgan war ein verdammt guter Mann gewesen.
Mach weiter. Trauern kannst du später.
»Der erste Schuss hat die Schutzweste getroffen und ihn von den Füßen gerissen. Die zweite Kugel drang in die Stirn ein. Zwischen die Augen. Heidi …« Er schluckte und sah, dass Daphne dasselbe tat. »Heidi versuchte, aus dem Wagen zu kriechen, um Svetlana zu schnappen, erlitt aber Schussverletzungen in Schulter, Bein und Kopf.« Nun lag die Frau mit ausgestreckten Armen im Fußraum vor der Rückbank.
»Hast du den Schützen gesehen?«, fragte Daphne.
»Ja. Du kannst ihn dir auch ansehen. Er liegt dort hinten.« Joseph zeigte auf eine hellrote Spur im Schnee, die zum Straßenrand führte. »Er ist tot.«
Hoffentlich verschmorst du in der Hölle, Arschloch.
»Was genau ist passiert?«, fragte sie ruhig.
»Wir fuhren im Konvoi von der Farm ab. Sterns Wagen zuerst, ich kam danach, Sophie und Vito ganz hinten. Ein Mercedes SUV folgte uns.«
»Aber weil es nur eine Fahrspur gab, habt ihr euch keine Gedanken gemacht, dass er nicht überholte.«
»Hätten wir uns aber machen müssen. Ich war nicht bei der Sache, weil ich noch über das nachgedacht habe, was wir im Stall gehört hatten. Jedenfalls bog Vito auf die Interstate ab. Einen Augenblick später gab der Mercedes Gas und zog links an mir vorbei. Eine Frau, weiß, Mitte zwanzig, saß auf dem Beifahrersitz. Sie ließ das Fenster herab und fing an, auf den Escalade zu feuern.«
Daphnes Blick schoss zu den Glassplittern auf dem Boden. »Ich dachte, du hättest schusssichere Scheiben.«
»Ich muss offensichtlich aufrüsten«, sagte er gepresst. »Ich habe das Feuer erwidert, aber der Mercedes beschleunigte, rammte Sterns Wagen seitlich, drängte ihn ab und rammte ihn ein weiteres Mal. Dann blieb er so stehen, dass Stern hinter dem Lenkrad eingeklemmt war. Morgan sprang mit gezogener Waffe heraus, ich ebenfalls. Der Mercedesfahrer kam aus dem Auto, schlug die Seitenscheibe von Sterns Wagen mit dem Kolben der Waffe ein und zerrte Svetlana heraus.«
»Hast du auf ihn geschossen?«
Joseph gab einen ungläubigen Laut von sich. »Na, sicher. Ich hab das ganze Magazin geleert. Aber er hat Schutzkleidung getragen und kam immer weiter auf uns zu. Morgan und ich schossen ohne Unterlass, aber der verdammte Bursche ging einfach immer weiter, als wäre er ein Zombie, dabei hielt er Lana wie einen Schild vor sich und erschoss Heidi, als sie ihn aufzuhalten versuchte. Dann schrie die Frau, die aus dem Auto auf mich geschossen hatte, dass sie das
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