Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg
recht nicht auf dem Weg der
Sterne, den lange vor den Christen, schon die Kelten gegangen sind und der mit
Jesus nicht im Geringsten etwas zu tun hat, sondern nur mit Gott, dem
Erdmagnetismus, geomantischen Erdströmungen und was weiß ich, was es auf diesem
Planet für vergessene Geheimnisse gibt, die mit den Wissenden auf den
Scheiterhäufen verbrannt wurden.
Während ich weiter gehe, erinnere ich mich an meinen
letzten Geburtstag. Vor nicht einmal zwei Wochen entschied ich mich spontan,
eine kleine Vollmond-Geburtstagfeier zu veranstalten und lud ein paar wenige,
aber gute Freundinnen, dazu ein. Es waren die ersten warmen Frühlingstage und
wir konnten angenehm draußen sitzen.
Später machte uns mein Sohn am Strand ein Lagerfeuer und mit
meinen Freundinnen plante ich ein Ritual: Alles was wir glauben, was uns am Glücklichsein
hindert, wollen wir auf ein Blatt Papier schreiben und dem Feuer übergeben, am
Ufer des Bodensees, in dieser ersten warmen Vollmondnacht des Jahres.
Bettina fragte hilflos: „Was soll ich da aufschreiben? Ich
habe keine Probleme, bei mir ist alles Bestens“
ich sagte: „schreib 5 kg auf“
sie lachte, begann zu schreiben und hörte dann doch so
schnell nicht wieder auf.
Ich schrieb nur einen Satz hin: „Alles was mich hindert,
glücklich zu sein.“
Bescheidenheit war noch nie meine Stärke.
Als wir alle fertig waren, gingen wir runter zum Strand und
übergaben, mit ein paar huldigenden Worten, das Papier dem Feuer. Dann waren
wir alle still. Der volle Mond spiegelte sich auf der glatten Seeoberfläche,
das Licht des Mondes erhellte die noch schneebedeckten Berge auf der
gegenüberliegenden Seite des Sees, die sich wieder in der Wasseroberfläche
spiegelten. Es war eine wundervolle und magische Nacht, deren Wünsche bei mir
offensichtlich sofort erfüllt wurden, denn ich bin schon auf dem Weg. Auf dem
Weg zur „Glückseeligkeit“, zur „biblischen Herrlichkeit“, was auch immer. Auf
dem Jakobsweg eben.
Natürlich weiß ich nicht, ob ich in Santiago de Compostela
ankommen werde und ob meine Vorstellung von „Gott“ tatsächlich mit Gott zu tun
hat, aber „mein“ Gott, ist die Natur selbst.
Das Leben, das nichts anderes tut, als zu leben. Das Leben
lebt. Immer und immer zu. Es kann nichts anderes, als zu leben und genau diese
Lebendigkeit verstehe ich als göttlich. Genau das macht die Natur. Die Natur
der Pflanzen, der Tiere und der Menschen.
In unserer aller Natur liegt das Leben. Wir alle wollen
leben und das tun wir auch. Immer und immer zu.
Das Leben ist untotbar, weil es das Leben ist. Ganz einfach.
Der Tod bringt nur die Wandlung. Die Veränderung.
Jeder, der sich mit den Tarotkarten einigermaßen auskennt
(und das tue ich wahrlich), weiß, dass der Tod niemals das Ende ist, sondern
immer nur eine Veränderung. Nie mehr als das.
Selbst wenn ein Mensch stirbt, verändert er nur seine
Daseinsform.
Im Moment des Todes verliert der Körper 21g Gewicht. Was das
ist und wohin das geht, weiß keiner so ganz genau. Aber dass es so ist, kann
man leicht nachweisen. Später beginnt im Körper der Zerfall, Bakterien
zersetzen Fleisch, Blut und Knochen, dienen diversen Würmern und Maden als Nahrung
(ja, das ist vielleicht gerade eklig, aber so ist es nun mal. Na und?) und die
Viecher der Untererde dienen anderen Tieren als Nahrung und so kommt alles
wieder zurück in den Kreislauf des Lebens.
So wie die Sonne, die tagsüber vor der Erde und nachts hinter
der Erde scheint, gibt es einfachere und schwerere Zeiten, aber trotzdem
scheint immer die Sonne. Irgendwo.
Und wenn die Sonne mal nicht scheint und es dunkel ist, dann
haben wir die Sterne… Also nichts, wovor man sich fürchten muss.
Auf so einer Wanderschaft, kann man wirklich gut
nachdenken. Man geht gleichmäßig, der Körper ist beschäftigt, die Augen sehen
die herrliche Natur und trotzdem ist da nichts anderes, als meine Gedanken und
ich. Zu meinen Gedanken gesellen sich langsam Schmerzen. Die Ballen meiner Füße
tun weh und der schwere Rucksack drückt auf die Hüfte. Es wird Zeit für eine
Pause.
10.00 Uhr
am Horizont taucht eine Bar auf. In Spanien heißt fast jedes
Lokal, in dem man etwas zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen bekommt, „Bar“
und das ist gut so. Ich bin bestimmt schon 15 Kilometer gelaufen, so erledigt
wie ich bin.
Bestelle mir ein Wasser, eine Cola und esse einen Apfel.
Schmeckt alles wahnsinnig gut. Schaue in meinem schlauen Büchlein nach, wie
weit es noch bis Rabanal ist
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