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Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg

Titel: Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Villas
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Arzt. Der blöde Italiener, der unter mir auf dem kalten und
schmutzigen Steinboden liegt, kommt nur sehr langsam wieder zu sich. Mein Blick
ruht auf seinem Körper und ich überlege, wie alt er wohl ist. 55? 60? Er sieht
nicht besonders kräftig aus und ich überlege weiter, wie wohl sein Leben war.
Hat er eine Frau? Kinder? Hat er geliebt? Wurde er geliebt?
    Dann kommt ein Arzt. Offensichtlich ist dieser pensioniert
und freut sich, endlich mal wieder einen Patienten in die Finger zu bekommen,
denn er würdigt mich keines Blickes, redet mit dem Italiener, der noch nicht
ganz bei Sinnen ist und dann gräbt er ihm mit der ganzen Hand im Mund herum,
als würde er in seinem Magen etwas suchen.
    Ehrlich, ich übertreibe nicht, wenn ich das so beschreibe.
Ich würde jetzt wirklich nicht in der Haut des Italieners stecken wollen. Der
Sturz auf dem kalten Steinboden war bestimmt schon schmerzhaft genug, aber das
jetzt, wollte ich nicht über mich ergehen lassen.
    Als stummer Zuschauer und Beinhalter, beobachte ich nur und
frage mich, welcher Gattung dieser Arzt wohl angehört. Auf mich macht er den
Eindruck eines Tierarztes, der in seiner langjährigen Tätigkeit hauptsächlich
Kühe befruchtet hat. Mit dem Arm versteht sich.
    Der Italiener würgt und beginnt, sich gegen die oralen
Untersuchungen des Arztes zu wehren. Demnach geht es ihm schon wieder besser.
Ich bringe seine Beine in eine stabile Position und gehe warm duschen.
    Danach schaue ich, dass ich aus diesem Eisschrank
rauskomme. Im nächsten Supermarkt kaufe ich Brot, Schinken, eine Tomate, Wasser
und eine Flasche Wein. Damit setze ich mich auf eine Mauer, mit Blick auf
dieses Kloster und mache ein Picknick. Früher wohnten dort einige hundert
Brüder und sogar Schwestern. Heute leben noch ein knappes Dutzend in diesem
großen Gebäude.
    Irgendwie scheint so eine Glaubensgemeinschaft nur zu
funktionieren, wenn es um Leben und Tod geht. Wenn die Gefahr besteht, dass du
verhungerst, verbrennst, oder sonst wie getötet wirst, unterwirfst du dich den
Glaubensgesetzen des entsprechenden Vereins und fühlst dich sicher.
    Wenn du nicht mehr dazu gezwungen oder genötigt wirst und
dabei trotzdem keine Angst haben musst in die Hölle hinab zu fahren, trittst du
einfach aus dieser sehr speziellen Gemeinschaft aus.
    Warum sonst sind so viele Klöster leer? Und die paar
Leutlein, die da noch leben, sind auch schon alt. Nachwuchs fällt komplett aus.
In wenigen Jahren sind die letzten Brüder und Schwestern gestorben. Dann stehen
diese schönen, alten Gebäude alle leer. In Zeiten wie diesen möchte niemand
mehr verzichten, beten und Buße tun.
    Zölibat? Wofür? Hält sich doch eh keiner dran. Beten? Ok,
das tun wir alle, wenn wir nicht mehr weiter wissen.
    Buße tun? Heute gelten andere Gesetze. Wer kennt denn noch
den wahren Inhalt der 10 Gebote. Wer kennt überhaupt noch die 10 Gebote
und kann sie aufsagen? Oder die 7 Todsünden?
    Eine Freundin aus Darmstadt hat mir von einem Kloster in
ihrer Nähe erzählt. Die jüngste der fünf Nonnen, die dort noch leben, ist 65
Jahre alt und das Kloster verfügt über ein Vermögen von 680 Millionen Euro.
Keiner weiß, was damit geschieht, wenn die letzten gestorben sind. Früher war
es üblich, eines der vielen Kinder der Bauern mit einem Stück Land oder Geld
ins Kloster zu geben. Wegen dem Seelenfrieden. Da die armen Kinder innerhalb
der Mauern sehr früh mit Bescheidenheit und Entsagungen zu leben lernten, wurde
der Reichtum, der sich in den letzten Jahrhunderten ansammelte, nie weniger,
sondern stetig mehr.
    Es wird Zeit für Reformationen. Nirgendwo ist das düstere
Mittelalter so lebendig wie in den Ge- und Verboten der Kirche. Dabei wäre es
doch gar nicht so schwer, die ganze Kiste zu aktualisieren. Menschenwürdig zu
gestalten, damit sich die Menschen, die diese Religionen beseelen, ihren
Glauben glaubwürdig praktizieren können. Lasset die Priester heiraten. Ganz
egal ob sie Mann oder Frau heiraten wollen, ganz egal ob der Tod oder der
Richter sie scheidet, alles ist besser als für seinen Glauben zu meucheln und
zu morden. Kein Gott wollte, dass seine Gläubigen für ihren Glauben töten. Und
trotzdem entstanden die meisten Kriege dieser Welt aus religiösen Gründen.
    Ich glaube nicht, dass Gott Religionen benötigt, aber wenn
Religionen den Menschen helfen, sich selbst und das Leben besser zu verstehen,
dann gestaltet sie wenigstens menschenwürdig!
    In der direkten Umgebung dieses Klosters, steigt mein
Blutdruck in

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