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Schuldig wer vergisst

Titel: Schuldig wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Charles Anke und Dr Eberhard Kreutzer
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bringen. Es war seine Pflicht. Sein Job. »Sagen Sie denen, sie sollen sie dabehalten, bis ich komme. Sagen Sie ihnen, ich komme, so schnell ich kann.«
     
    »Alex, mein Mädel!«
    Beim Klang der vertrauten Stimme wirbelte Alex herum. »Granny!«
    Da war Grannys komischer alter Wagen, der Flying Scot, und Granny stieg aus und kam auf sie zugerannt, um sie fest
in die Arme zu schließen. »Oh, meine kleine Alex! Bin ich froh, dich zu sehen!« Granny weinte. Die Tränen liefen ihr die Wangen herunter.
    Alex merkte, dass ihr eigenes Gesicht sich auch nass anfühlte. »Granny!« Sie sagte es immer und immer wieder. »Granny, Granny, Granny.«
    Und Granny konnte auch von ihrem Namen nicht genug bekommen. »Alex, meine Alex.«
    So vermischten sich ihre Tränen, als sie zusammen weinten und sich in den Armen lagen.
    Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte, schien es Alex ganz natürlich und normal, dass Granny da war.
    Aber dann erschienen auf einmal auch andere Leute. Plötzlich kam von irgendwo her die Polizei; sie war von Uniformen umringt. Alle redeten auf einmal – miteinander und in ihre Handys.
    »Sie ist in Sicherheit«, hörte Alex einen sagen. »Wir haben sie.«
     
    Frances Cherry packte auf dem Esszimmertisch die Weihnachtsgeschenke ein und merkte, wie sich echte Vorfreude in ihr ausbreitete. Nur noch wenige Tage, bis sie zum ersten Mal seit einem Jahr ihre Tochter Heather wieder zu Hause haben würden. Auch wenn Heather einen alternden Hippie geheiratet hatte, den Frances und Graham nun erstmals sehen würden; auch wenn die frisch Vermählten strenge Veganer waren und der Truthahn somit vom Speiseplan gestrichen war – sie würde Heather wiedersehen, und es würde eine fröhliche Weihnacht werden.
    Dritter Advent. Der vorletzte Sonntag vor Weihnachten. In Grahams Kirche hatten sie an diesem Morgen ihr Lieblings-Adventslied gesungen, »Lo, he comes with clouds descending« . Sie summte es vor sich hin, während sie ein Stück Schleife abschnitt und kunstvoll um ein Päckchen band.

    Als das Telefon klingelte, ignorierte sie es. Wahrscheinlich ohnehin eins von Grahams Gemeindemitgliedern. Er würde den Anruf in seinem Arbeitszimmer entgegennehmen.
    »Fran«, rief Graham eine Minute später. »Für dich.«
    Sie ging in die Diele hinüber und nahm den Hörer. »Frances Cherry am Apparat.«
    »Tut mir leid, wenn ich störe«, sagte eine zögerliche Stimme: zögerlich und aufgewühlt.
    Es war Rachel Norton, die gerade erfahren hatte, dass sie und ihr Baby aus dem Krankenhaus entlassen werden sollten. »Aber sie lassen mich nicht nach Hause«, sagte sie kläglich. »Sie sagen, die Polizei sei unterwegs. Ich glaube, sie wollen mich vielleicht verhaften. Ich weiß nicht, was aus meinem Baby wird.«
    Frances zögerte keinen Moment. »Möchten Sie, dass ich rüberkomme und bei Ihnen bleibe, bis sie da sind? Ich könnte in einer Viertelstunde da sein.«
    »Das wäre zu viel verlangt. An Ihrem freien Tag.«
    »Sie verlangen es ja gar nicht, ich biete es Ihnen an. Bin schon unterwegs.«
    Demnach hatte die Polizei es irgendwie rausgefunden, oder es gab zumindest starke Verdachtsmomente. Frances hoffte, dass Rachel nicht glaubte, sie hätte sie verraten.
    Sie griff nach dem Mantel, den sie übers Geländer gehängt hatte, und rief Graham zu: »Ich muss noch mal ins Krankenhaus. Ich rufe dich an, sobald ich weiß, wie lange es voraussichtlich dauert.«
     
    Callie hatte im Wagen gewartet, als Morag ausgestiegen war, um Alex zu umarmen; jetzt, wo die Polizei eingetroffen war, gesellte sie sich dazu und blieb an Morags Seite.
    Eine Polizistin versuchte, Alex zu einem der Streifenwagen zu geleiten, aber Alex ignorierte sie und konzentrierte sich ganz auf Morag.

    »Ich muss Mum sehen«, sagte sie entschlossen. »Das verstehst du doch, Granny? Ich bin den weiten Weg gekommen, ich war so lange auf den Beinen. Ich muss sie sehen. Ich gehe nirgendwohin, bevor ich sie gesehen habe.«
    Callie stellte fest, dass Alex ziemlich mitgenommen aussah. Ihr krauses Haar war wild und ungekämmt, an ihrem verdreckten Mantel hingen hier und da Blätter und kleine Zweige. Doch sie behauptete sich mit ungebrochenem Willen. Callie merkte, wie sie das Mädchen dafür bewunderte und ihr von Herzen die Daumen drückte, dass ihr dieser innigste Wunsch in Erfüllung ging.
    Morag legte Alex schützend einen Arm um die Schulter und sah die Polizistin an. »Officer«, sagte sie, »ich gehe jetzt mit Alex hinein und werde fragen, ob es möglich ist,

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