Schule der Liebe
ich glaube, es wäre nicht schicklich, Ihnen das zu sagen."
„Ich verspreche dir, ich werde nicht schockiert sein, Lucy."
Lucy schien skeptisch. „Und Sie werden auch meiner Schwester nichts verraten?"
Morgana schüttelte den Kopf. „Nein."
Lucy zuckte die Achseln. „Es würde wahrscheinlich sowieso keine Rolle spielen. Wenn Sie hören, was ich getan habe, werden Sie mich fortschicken, und dann wird keiner aus meiner Familie je wieder ein Wort mit mir reden."
„Ich suche nicht nach einem Grund, dich zu entlassen, Lucy." Ein weiterer skeptischer Blick und ein weiteres Achselzucken. „Also schön, ich werde Ihnen alles erzählen." Lucy ließ sich im Schneidersitz am Rand des Blumenbeets nieder. „Man hat Ihnen gesagt, meine Schwester und ich wären ehrliche, ordentliche Mädchen, und in Amys Fall stimmt das ja auch."
„Aber in deinem Fall nicht?"
„Nein, Miss. Ich bin ein schlechtes Mädchen." Lucy sah Morgana offen in die Augen. „Ich habe mit Männern ... Sie wissen schon. Morgana blieb gefasst. „Sprich weiter."
„Mehr als einmal, Miss. Viele Male. Dieser Mann im Park meinte, ich hätte ein freundliches Wesen." Sie machte eine Pause. „Zuerst verstand ich gar nicht, was er damit meinte, aber dann hat er es mir gezeigt."
Du lieber Gott! Wann war das geschehen? Das Mädchen war doch erst achtzehn!
„Er hat mir Geld dafür gegeben ", fuhr Lucy fort. „Also habe ich es wieder getan."
Morgana schloss eine Sekunde lang die Augen.
„Ich werde Ihnen nicht sagen, wer er war, Miss, fragen Sie mich also erst gar nicht", fügte Lucy mit unnötigem Trotz hinzu. „Es schien mir nicht richtig, danach wieder hierher zurückzukehren, da Sie mich für ein braves Mädchen hielten und so gut zu Amy und mir waren."
Morgana legte der jungen Frau die Hand auf die Schulter. „Das ist doch selbstverständlich."
Lucy schüttelte ihre Hand ab und stand auf. Unter ihrem breitkrempigen Gartenhut überzog sich ihr Gesicht mit einem anziehenden Hauch von Röte. Der sanfte Wind wehte ihr Kleid gegen ihren Körper, sodass sich ihre verführerische Figur darunter abzeichnete. Ihre Lippen zitterten, und eine Träne rann ihr langsam die Wange hinab.
Morgana konnte sich leicht vorstellen, wie Lucy auf jenen Mann gewirkt hatte. Konnte sie ein weiteres Mal mit ansehen, wie eine junge Frau ein Schicksal schlimmer als der Tod erlitt?
Sie hatte immer noch das kleine portugiesische Mädchen vor Augen, das einmal über die Mauer ins Anwesen ihres Vaters geklettert war. Morgana hatte dem Kind etwas zu essen gebracht und sich in ihrem stockenden Portugiesisch mit ihm unterhalten. Morgana war damals dreizehn gewesen und das Mädchen etwa in ähnlichem Alter. Sie spielten zusammen im Garten. Das portugiesische Mädchen hatte eine Stoffpuppe bei sich, und Morgana lief ins Haus, um ihre eigene Puppe zu holen. Aus einem spontanen Drang heraus tauschte Morgana ihre schöne Porzellanpuppe gegen die Stoffpuppe des Mädchens, und sie entsann sich bis heute des Leuchtens in dessen Augen, als es sein Geschenk betrachtete. Dann entdeckte die Haushälterin sie und jagte das Mädchen fort. Während es über die Mauer kletterte, fiel ihm die Puppe aus dem Arm und zerschellte auf dem Boden.
Ein Jahr später hatte Morgana das portugiesische Mädchen wiedergesehen, wie es sich aus einem Fenster lehnte, die Brüste beinahe entblößt und mit einem harten, leeren Blick in den Augen, während eine andere Frau, die ebenso anstößig gekleidet war, die Soldaten auf der Straße aufforderte, hinaufzukommen und sich zu vergnügen.
Morgana stand auf und legte Lucy eine Hand auf die Schulter. „Bitte handle nicht überstürzt. Geh nicht zu diesem Mann zurück."
Das Mädchen schüttelte energisch den Kopf. „Sie verstehen mich nicht, Miss. Mir hat gefallen, was der Mann mit mir gemacht hat. Das Geld hat mir gefallen. Wozu soll ich Wasser schleppen und Kamine säubern und den ganzen Tag schrubben und Staub wischen, wenn Männer mir mehr dafür bezahlen, dass sie sich ein paar Minuten mit mir vergnügen dürfen?"
Ein Leben als Dienstmädchen war in der Tat kein Zuckerschlecken, aber wenn Lucy Männern ihren Körper feilbieten musste, um Annehmlichkeiten zu genießen, war dies ein teurer Preis! „Halunken wie der im Park können dir keine Zukunft bieten, Lucy!"
„Zu dem werde ich ja auch nicht mehr zurückkehren, Miss. Nicht, nachdem er sein Messer gezückt hat. Aber
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