Schutzlos: Thriller (German Edition)
Yale oder Harvard.
»Das ist die stellvertretende US-Staatsanwältin Chris Teasley«, sagte Westerfield.
Sie gab mir die Hand und begrüßte Ellis.
»Ich erkläre ihnen gerade die Lage der Kesslers.« Dann, an uns gewandt: »Chris wird mit uns an der Sache arbeiten.«
»Lassen Sie uns die Einzelheiten hören«, sagte ich und nahm wahr, dass Chris die Luft mit einem dezenten Blumenduft würzte. Sie ließ ihre Aktentasche lautstark aufschnappen und gab ihrem Boss einen Ordner. Während er den Inhalt überflog, bemerkte ich eine Zeichnung an Ellis’ Wand. Sein Eckbüro war nicht groß, aber mit einer Reihe von Bildern geschmückt, einige Poster aus dem Einkaufszentrum, einige persönliche Fotos und
Kunstwerke seiner Kinder. Ich betrachtete ein Aquarellbild von einem Haus auf einem Hügel; es war nicht schlecht gemacht.
An meinen Bürowänden hing nichts außer Telefonlisten.
»Die Lage ist folgende«, wandte sich Westerfield an Ellis und mich. »Das FBI-Büro in Charleston, West Virginia, hat sich heute Morgen bei mir gemeldet. Um es kurz zu machen: Die Polizei des Bundesstaats hat irgendwo in der Provinz eine Drogenrazzia durchgeführt und ist dabei über ein paar Fingerabdrücke auf einem Münztelefon gestolpert, die sich als die von Henry Loving herausstellten. Aus irgendeinem Grund waren der Haftbefehl und die Überwachungsanordnung gegen ihn nach seinem Tod nicht gelöscht worden. Nach seinem angeblichen Tod, wie es aussieht. Die Polizisten riefen unsere Leute an, und wir nahmen die Sache in die Hand und fanden heraus, dass Loving unter falschem Namen und mit falschen Papieren vor einer Woche in Charleston gelandet ist. Schließlich konnten sie ihn heute Vormittag zu einem Motel in Winfield zurückverfolgen. Aber er war bereits abgereist, wenige Stunden zuvor, gegen halb neun. Mit unbekanntem Ziel natürlich.«
Auf ein Nicken ihres Chefs hin fuhr Teasley fort. »Die richterliche Anordnung seiner Überwachung ist technisch gesehen noch in Kraft; deshalb haben die Agenten die E-Mails im Motel überprüft. Er hat eine bekommen und eine abgeschickt: der Startbefehl und seine Bestätigung.«
»Was treibt er in West Virginia?«, fragte Ellis.
Ich kannte Loving besser als irgendwer sonst im Raum. »Er hat meist mit einem Partner gearbeitet«, sagte ich. »Vielleicht holt er jemanden dort ab. Und Waffen. Er hat sie sicher nicht mit ins Flugzeug genommen. So oder so wird er die Flughäfen in der Nähe von Washington meiden. Viele Leute hier erinnern sich noch an sein Aussehen nach… nach dem Vorfall vor ein paar Jahren. Gibt es eine E-Mail-Adresse des Absenders?«
»Über Proxys umgeleitet. Nicht zurückzuverfolgen.«
»Anrufe von oder zu seinem Zimmer im Motel?«
»Mais non. «
Das Französisch nervte. War Westerfield gerade von einem Pauschalurlaub zurückgekehrt, oder paukte er es, weil er einen algerischen Terroristen verfolgte?
»Was genau stand in der E-Mail, Jason?«, fragte ich geduldig.
Auf ein Nicken von ihm übernahm Teasley. »Wie Sie sagten, wurde nur grünes Licht gegeben. Sie müssen die Einzelheiten also bereits in früheren Gesprächen festgelegt haben.«
»Weiter«, bat ich.
Die Frau las vor: »›Loving – Betr.: Kessler. Start frei. Brauche Einzelheiten, gemäß Absprache, bis Montag Mitternacht, sonst nicht hinnehmbare Folgen, wie erklärt. Sobald Sie die Information haben, muss Subjekt eliminiert werden.‹ Ende des Zitats. Eine Adresse in Fairfax wird genannt.«
Nicht hinnehmbare Folgen … ist der Teufel los.
»Keine Audiodatei?«
»Nein.«
Ich war enttäuscht. Stimmanalyse kann eine Menge über den Anrufer verraten: Geschlecht, meistens nationale und regionale Wurzeln, Krankheiten, selbst über die Form von Nase, Mund und Kehle lassen sich vernünftige morphologische Schlussfolgerungen anstellen. Aber wenigstens hatten wir eine bestätigte Schreibweise des Namens unseres Mandanten, was ein Plus war.
»Kessler ist Polizist in Washington, D. C. Ryan Kessler, Detective«, erklärte Westerfield.
»Lovings Antwort?«
»›Bestätigt.‹ Sonst nichts.«
»Der Auftraggeber will die ›Einzelheiten‹« – Westerfield malte Anführungszeichen in die Luft – »bis Montagabend. Einzelheiten …«
Ich bat darum, den Ausdruck sehen zu dürfen. Bemerkte ein
leichtes Zögern bei Teasley, die das Blatt erst an mich weiterreichte, als Westerfield keine Reaktion zeigte.
Ich las den kurzen Absatz durch. »Grammatik, Rechtschreibung und Interpunktion sind gut. ›Gemäß‹ wird
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