Schwaerzer als der Tod Thriller
drückte sie eng an sich. »Versuche, für heute die Sache zu vergessen. Morgen ist auch noch ein Tag, Scarlett.«
»Genau davor habe ich ja Angst. Was wird morgen passieren? Werden die vier apokalyptischen Reiter durch die Stadt reiten? Ich lebe hier schon mein ganzes Leben. In Oak Knoll gibt es keine Morde. Frauen werden nicht entführt. Fünftklässler finden keine Leichen im Park«, sagte sie. »Aber wenn ich mich schon aufrege und Angst habe, wie sollen dann erst die Kinder damit umgehen? Wie soll ich ihnen dabei helfen, damit fertig zu werden?«
»Du machst das gut«, sagte Franny. »Für mich ist es leichter. Fünfjährige sind völlig auf sich und ihre kleine, heile Welt fixiert, in der ihnen nichts passieren kann. Sie verstehen nicht, was Tod bedeutet. Sie haben keine Ahnung vom Bösen.
Deine Kinder dagegen bekommen langsam eine Ahnung
davon, dass die Welt dort draußen nicht immer schön ist. Ich glaube nicht, dass es schadet, wenn du ihnen zeigst, dass du auch Angst hast«, sagte er.
»Angst, der Grundzustand des Menschen«, sagte Anne. »Hey, Kinder, darauf könnt ihr euch schon mal freuen, wenn ihr erwachsen seid: eine Welt voller Irrer.«
Franny kippte den Rest seines Weins hinunter und stellte das Glas ab. »Genug der finsteren Gedanken, du alte Schwarzseherin. Ich gieß uns Wein nach, und dann werden wir uns endlich meinem Lieblingsthema zuwenden: meiner Wenigkeit! Ich habe vor, nächstes Jahr zu meinem vierzigsten Geburtstag eine Riesenparty zu schmeißen. Sie soll ein Karnevalmotto haben: Franival! «
Trotz ihrer Müdigkeit brachte Anne ein Lachen zustande. »Ich liebe dich, Francis!«
Er lächelte huldvoll. »Da bist du nicht allein.«
21
Spiel eins der National League Championship 1985. Die St. Louis Cardinals gegen das beste Baseballteam der ganzen Welt: die Los Angeles Dodgers.
Gestern noch hatte sich Tommy wie ein Schneekönig darauf gefreut: nur er und sein Vater auf dem Sofa vor dem Fernseher, Hotdogs und Popcorn und Limo (strengstens verboten von seiner Mutter). Mittwochabends ging seine Mutter immer zu einem Treffen einer der vielen Komitees, in denen sie Mitglied war, und kam erst spät nach Hause.
Jetzt lief das Spiel, und Tommy gelang es einfach nicht, mitzufiebern und sein Team anzufeuern. Er saß auf dem Sofa, sein viel zu großes Dodgers-T-Shirt schlotterte ihm um die Schultern, die Tabelle lag vergessen neben seinem
Dodgers-Bleistift auf dem Sofatisch. Fernando Valenzuela warf. Die Dodgers lagen in der ersten Hälfte des sechsten Innings vorn.
Sein Vater saß in einer Ecke des Sofas und las während der Werbepausen Zeitung. Los Angeles Times , Santa Barbara News-Press , The Oak Knoll Independent . Ab und zu sah er zu ihm herüber.
»Was geht dir im Kopf rum, Sportsfreund?«
Tommy zuckte die Achseln.
»Hast du Hunger? Ich könnte das Popcorn machen.«
Tommy schüttelte den Kopf. Er warf einen Blick auf das Foto in der Zeitung, die sein Vater auf den Sofatisch gelegt hatte. Gelbes Absperrband, das zwischen zwei Bäumen gespannt war, und zwei uniformierte Deputys, die den Boden absuchten. Die Schlagzeile lautete: Mord im Park. Darunter stand in kleinerer Schrift: Kinder machen schauerliche Entdeckung.
»Ich will nur sichergehen, dass eure Namen nicht in dem Artikel genannt werden«, sagte sein Vater.
Tommy sagte nichts. Er wollte nicht, dass sein Name in der Zeitung stand. Anders als Wendy wollte er, dass das alles so schnell wie möglich vorüberging.
»Dad? Was ist ein Ferienmörder?«, fragte er. »Ist das einer, der in seinen Ferien andere Leute ermordet?«
»Nicht Ferien, sondern Serien mit einem S«, erwiderte sein Vater. »Das heißt so viel wie Reihe, mehrere hintereinander. Ein Serienmörder bringt über einen gewissen Zeitraum hinweg mehrere Leute um.«
»Warum tut er das? Ist er wütend auf die Leute, die er umbringt? Oder ist er verrückt?«
Sein Vater dachte einen Augenblick über die Antwort nach. »Ich glaube, wir haben keine Ahnung, warum jemand zu einem Serienmörder wird. Die Gründe dafür sind sicher
kompliziert. Aber du musst dir deswegen keine Sorgen machen, Tommy.«
»Warum nicht? Was, wenn der Mörder uns gesehen hat und uns jetzt auch umbringen will?«
»Das wird nicht passieren«, versprach sein Vater. »Das würde ich nie zulassen. Auch Miss Navarre würde es nicht zulassen. Und Detective Mendez auch nicht. Du musst dir keine Gedanken machen, mein Sohn. Dir wird nichts passieren. Dafür werden wir alle sorgen. Okay?«
Daraufhin sagte
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