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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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keine Frau, du bist eine wirkliche Plage.
    Danke, Omi! Hätt ich fast vergessen, wenn ich euch nicht hätte. Sydow duckte sich, Anna Snozzi hatte ihm irgendwas hinterdreingeworfen, nicht getroffen, Schnaps gesoffen, sagte er vor sich hin, lass die Finger von den Spirituosen, Mädchen, hab ich doch gesagt. Dieses Kind hats doch schon schwer genug im Leben, mit Wolfgangs Frisur, mit Wolfgangs Größe und Wolfgang als Vater wird das kein Zuckerschlecken, das braucht keine alkoholbedingten Degenerationen, glaub mir. Er war an der Tür angelangt, machte sie auf und schaute hinaus. Es war dunkel und regnete wüst, die Stadt war ein offener Rachen, ein schlimmer Schlund, das gemeine Innere eines Balls. Er fand das so mittelgut, aber was halfs. Er wickelte ein Stück Schal vom Hals und drapierte es um seinen Kopf. Er schaute nach draußen, lauschte auf das Gurgeln und Trapsen, dieses zornige Zetern, Anna!, rief er, er drehte sich noch einmal um, zog die Tür hinter sich ein wenig zu, die paar letzten Gäste schauten auf, ließen die Gabeln, Tassen, Zeitungen sinken, wandten sich ab vom provencalischen Schuften, er wachelte ihnen mit der Hand zu, rührt euch, sagte er, weiteressen, sagte er, lesen trinken, alles wie bisher, weitermachen, Rhabarber Rhabarber.
    Ja, Anna Snozzi lehnte sich über die Theke, das nächste Mal treff ich dich, also pass auf, was du sagst.
    Ruhig Blut, Schwellfleisch. Er duckte sich, aber sie ließ die Hand wieder sinken, grüß Wolfgang. Sag ihm: Alles alles Gute. Sag ihm, gut gemacht. Auch wenn er vermutlich nicht die geringste Ahnung hat, wie er das hingekriegt hat. Ich übrigens auch nicht. Ich dachte eher, Wolfgang gehört zu denen, die immer noch darüber grübeln, was genau diese Sache mit den Bienen und Blumen mit ihm zu tun hat.
    Raus jetzt, seine Oma war hinter ihm hergekommen, sie hatte drei provencalische Teller mit Kuchen in den Händen, servierfertig mit Schlagsahne und Schnickschnack, ein magerer Ochse zog den Karren, immer im Tellerrund herum. Er hatte keinen blassen Schimmer, warum. Es war einfach eine seltsame Welt.
    Es regnet so wüst, sagte Sydow.
    Du hast doch einen prima Schal.
    Stimmt, Omi, ist ein prima Schal, er nahm sich einen von den Kuchen vom Teller.
    Frederik, Herrgott!
    Reg dich nicht auf, Omi, er tunkte das Stück in die Sahne und hielt es ihr hin, du darfst dich auf keinen Fall aufregen, du bist in einem Alter, wo dir hast du nicht gesehen ein Herzkasper entgegenkaspert, bloß kein Stress.
    Der Einzige, der hier herumkaspert, bist du. Sonst ist es hier wunderbar ruhig. Wenn mein Herz irgendwann nicht mehr mittut, dann wegen dir.
    Findest du das witzig?
    Nein, wieso?
    Hat sich eben so angehört, als wolltest du witzig sein.
    Das ist nicht witzig, das ist tragisch.
    Aha, siehst du, an diesen Feinheiten müssen wir noch feilen, jetzt dachte ich doch ernsthaft, du wolltest einen Witz machen. Wenn ich mal Zeit hab, bedaure ich dich.
    Bedauern, was will ich denn von dir bedauert werden, zusammenreißen sollst du dich endlich einmal.
    Ja, Omi.
    Immerhin bist du fast dreißig.
    Stimmt, Omi.
    Und studierst noch.
    Genau, Omi.
    Ein Fach, mit dem du nie Geld verdienen wirst.
    Echt jetzt? Wieso hat mir das nie jemand gesagt!
    Schlaflose Nächte macht mir das.
    Soll ich dich jetzt bedauern?
    Zusammenreißen sollst du dich!
    Ja, Omi.
    Wieso hast du eigentlich keine Freundin, das verstehe ich auch nicht.
    Genau, Omi, ich verstehs auch nicht, wieso bloß habe ich keine Frau?
    Wahrscheinlich weil du immer so blöd tust, wieso tust du denn immer so blöd? Denkst du, Frauen finden das attraktiv?
    Ja. Frauen finden das wahnsinnig attraktiv.
    Papperlapapp.
    Er hielt ihr immer noch den Kuchen hin, sie lachte, biss davon ab, Frederik, du bist wirklich ein Kasper.
    Besser ich als das Herz, er löffelte sich die restliche Sahne auf den Kuchen, aß ihn auf. Er schaute hinaus. Das Wetter war immer noch wie vorher. Schlimm.
    Bis dann, Frederik, komm doch am Sonntag auch.
    Weiß noch nicht, Sydow wischte sich die Hände ab und fegte ihr die Kuchenkrümel vom Revers, weiß ich jetzt noch nicht. Womöglich bin ich tierisch beschäftigt.
    Womit denn.
    Weiß ich jetzt noch nicht. Könnte doch sein. Dann komme ich auf jeden Fall nicht.
    Also dann, Frau Sydow stellte den leeren Teller weg, platzierte die anderen beiden auf ihrem rechten Handgelenk und ging zu den Tischen.
    Tschüss, Omi, sagte Sydow, bis dann. Er warf sich ins Wasser, es regnete wüst und wild und fast müsste man sagen zornig, die

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