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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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probieren. Wenn der andere immer im Spiel gewesen war. Wenn Gabriel auch immer im Spiel gewesen war und sich aber gewandelt hatte, nicht die Kachel, aber die Farbe, wenn es stimmte, was Frederik gestern gesagt hatte, dann –
    David sagte: Michael. Michael ist wie Gott.
    Der Mann lächelte. Brav, sagte er. Also weißt du, wer ich bin. Aber weißt du auch, wer du bist?
    Ich bin Gabriel, sagte David. Und meine Stärke ist Gott.
    Der Mann lächelte weiter, so weit bist du also gekommen, sagte er.
    In David arbeitete es. Er wusste, er musste jetzt das System verstehen. Er musste kombinieren und dann einen Schritt machen, den der andere nicht erwartete. In dem Text war es so: Der im weißen Kittel, das war Gott, er war der Große. Und der da drüben auf der Lichtung, der sagte: Ich bin wie Gott. Okay. Gott hatte seinen Engel geschickt, Gabriel, um Maria eine Botschaft zu bringen. In der Bibel hatte er das getan. Im Text aber hatte er einen Trick gemacht, einen Spalt in der Zeit, eine Lücke, in der Gott ihn nicht sah, er hatte Maria verführt und ihr ein Kind gemacht. Im Text hatte Gabriel Gott ausgetrickst. War es das, was den anderen dort drüben jetzt so ärgerte? Ging es um eine Art Heimzahlung? Und was fing er, David selbst, jetzt damit an? Was war das Spiel? Wollte der andere, dass er trickste, und war seine Idee, dass er ihn dabei erwischte?
    Du denkst, du kannst mich überlisten, nicht wahr?, sagte der andere, er war stehen geblieben, stand ganz gelassen und entspannt im Schnee. Du denkst, du kannst mich reinlegen. Aber du irrst dich. Das macht man mit mir nur einmal. Verstehst du.
    Ja, sagte David, ich verstehe. Also war es so, wie er gedacht hatte. Und weiter? Er hatte keine Ahnung.
    Es gibt noch einen Dritten.
    David schrak zusammen, er schaute hinüber zu Frederik, er hatte ihn beinah vergessen.
    Und wer bist du? Der Mann schaute auch zu Frederik, musterte ihn.
    Ich bin der Dritte, sagte Frederik. Ich bin Raphael.
    Raphael?, fragte David verdutzt, was soll denn das jetzt?
    Religionsgeschichte. Habe ich mal studiert. Aber erzähls nicht weiter, ja? Ich befürchte eine gewisse Rufschädigung, wenn sich das herumspricht, vor allem Simon könnte ungebührlich darauf herumreiten. Raphael jedenfalls, dozierte er, ist etwas umstritten. Laut apokrypher Texte gehört er aber zu den drei Erzengeln, du als alter Österreicher, als waschechter Katholik müsstest das eigentlich wissen.
    Und, fragte der Mann kalt.
    Na ja, immerhin bedeutet mein Name: Gott heilt die Seele.
    Und, sagte der Mann.
    Es ist ein Angebot, sagte Frederik.
    Willst du damit sagen, ich sei krank.
    Ihre Seele, sagte Frederik, ja. Das will ich damit sagen. Aber Gott kann Sie heilen. Die Männer in den weißen Kitteln. Sie waren da schon, nicht wahr? Dort kann man Sie heilen.
    Ich brauche keine Heilung. Ich bin nicht krank. Ich bin zu klug für euch. Ich habe euch genau da, wo ich euch haben wollte, ihr seid mir in die Falle gegangen, ich kann mit euch spielen, wie es mir gefällt. Ich wusste jeden Schritt, den ihr machen werdet, und ich weiß die nächsten, die kommen werden.
    Welche denn, sagte David.
    Der Mann lachte, mach einen Schritt und dann siehst du, was passiert.
    Ich sagte, mischte sich Frederik wieder ein, es war ein Angebot.
    Dein Angebot interessiert hier niemanden.
    Das habe ich so weit begriffen. Wie gesagt, ein Angebot. Würde ich denken, ich sei Gott, wäre ich vielleicht der Meinung, ein Angebot ist eine Verpflichtung. Man hat, so als Gott, einen eher kleineren Toleranzrahmen bezüglich solcher Sachen. Ich aber weiß, dass man Angebote ausschlagen kann. Und ich weiß auch, dass es freundlich gemeint war. Wenn Sie es nicht annehmen wollen, wird es Konsequenzen haben.
    Du willst mir drohen? Der Mann lachte belustigt auf, mit was denn?
    Immerhin, sagte Frederik, er hielt kurz inne, schien zu lauschen. Hatte er etwas gehört? David war sich nicht sicher, vielleicht war es ein Horn gewesen? Und was hatte es getutet? Ach, was würde er jetzt nicht gegeben haben für die Kenntnis der Hornsignale! Vielleicht nahte Rettung und sie mussten hier einfach nur ein bisschen die Zeit verdehnen, vielleicht würde alles gut?
    Immerhin, wiederholte Frederik gelassen, hat Raphael noch eine andere Bedeutung. Er wandte sich an David, Religionsgeschichte, sagte er entschuldigend, wie gesagt, habe ich studiert. Da gabs mal ein Tutorat Spiritualität und Interkulturalität. Ich würde gerne sagen, ich war jung und brauchte das Geld, aber die Masche zieht hier

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