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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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immer noch sagen, dass sie Dummköpfe sind und alles falsch ist. Die Schüler konnten viel schneller erst mal schreiben, aber sie haben falsch geschrieben. Sie haben Kafe geschrieben und Sone und Grass und Himel und so weiter, alles immer in dem heiteren Glauben, das begriffen zu haben mit dem Schreiben. Nur um hinterher gesagt zu kriegen, sie könnten wohl schreiben, bloß in einer Sprache, die keiner kennt, du Dummkopf. Dann mussten sie mühselig umlernen. Ist gehirnphysiologisch kompletter Unfug und dauert unterm Strich viel länger, bis sie Kaffee richtig hinkriegen.
    Hast du so Kaffee schreiben gelernt? Wundert mich nicht, dass du dann Kaffee in eine Dose füllst, auf der groß und deutlich Zucker steht. Seid ihr aus deiner Schule alle so? Lebt ihr mitten unter uns?
    Genau. Aber wo die Kaffeedose ist, weiß ich immer noch nicht. Glaser füllte die Kanne mit Wasser und löffelte Kaffeepulver hinein, schraubte alles zusammen und setzte sie auf den Herd. Egal. Zurück zum Küken und Kater . Ich erinnere mich übrigens, einmal im Zirkus habe ich mich derart vor dem Clown gefürchtet, dass ich schreiend davongerannt bin. Nichts ist unheimlicher als ein Clown, der diese fürchterlichen Späße reißt.
    Am allerschlimmsten, sagte Sydow, er hatte sein Honigbrot aufgegessen, wischte das Messer an der zweiten Brotscheibe sauber und betrachtete Käse und Marmelade, am allerschlimmsten sind die Pantomimen. Diese verzweifelten Gestalten. Wie sie sinnlos mit ihren Händen das Nichts abtasten und so tun, als stießen sie überall auf Mauern. Ich habe diese Vorstellungen immer schon mit dem größten Unverständnis verfolgt. Es sind ja eigentlich diese angemalten Mimen Menschen mit schweren Störungen, depressive Wahnbilder, arme Irre, die ihre inneren Gefängnisse allen andern als äußere verkaufen wollen. Grässlich, diese immer zu kleinen spitzen Hüte. Die schlotternden Pyjamas. Die gemalten schwarzen Tränen.
    Willst du nicht einmal den Schal ausziehen?
    Nein. Ich bin froh, dass ich ihn glücklich angekriegt habe, das lass ich mir so schnell nicht wieder nehmen.
    Genau genommen, sagte Glaser, rede ich daher von Ruhe und Nähe zum Wald, dabei ist das Unsinn. Wenn man Ruhe und Nähe zum Wald will, wohnt man überhaupt nicht in der Stadt, dann zieht man aufs Land. Auf dem Land ist es ruhig und der Wald ist nah. Sicher war es wegen Küken und Kater und dem Dilemma mit dem deprimierenden Bolle. Es soll Leute geben, die sich vorher Mut antrinken, bevor sie im Küken und Kater das gesunde Vitalbrot holen.
    Sydow platzierte ein paar Stücke Avocado auf seiner Brotscheibe und zerdrückte sie mit dem Messerrücken, er salzte und schraubte ein paarmal mit der Pfeffermühle darüber, vermutlich bei Bolle, sagte er.
    Er zerquetschte den Knoblauch auf seinem Teller, dass es spritzte, schmierte ihn aufs Brot, ich kann das ja verstehen, sagte er verständnisvoll, Bolle, das Betrinken. Auch das mit der Ruhe und der Nähe zum Wald, ein zwei weitere solche Besuche im Küken und Kater und ich ziehe bei dir ein.
    So war das nicht gemeint.
    Wir sind ja noch nicht so weit, ein zwei Mal muss ich mich schon noch fürchten gehen bei ihnen. Dann zieh ich zu dir, wegen der Ruhe, der Nähe zum Wald. Ist das übrigens das gesunde Vitalbrot? Das schmeckt gut.
    Na ja, so ähnlich.
    Was ist das für eine Antwort, entweder es ist das gesunde Vitalbrot oder es ist nicht das gesunde Vitalbrot. Fährst du jetzt immer quer durch die Stadt, zu Sigrid und Brunhilde? Der Umzug, die Ruhe, Nähe zum Wald, alles umsonst, traust du dich immer noch nicht, woanders einzukaufen, weil du denkst, einer von ihren alten Stasikollegen steckt ihnen das und sie kommen dich holen?
    Also gut, das ist nicht das gesunde Vitalbrot aus dem Küken und Kater.
    Schmeckt aber so.
    Ja.
    Womöglich noch besser.
    Ja.
    Ja, ja! Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen, denkst du, das macht dich interessanter? Mitnichten.
    Das hat die Frau von gegenüber gebacken.

39. Manchmal ist das Schicksal zum Greifen nah

    Deine neue Nachbarin? Nett, hübsch und bäckt? Hat man solche Nachbarn, wenn man herauszieht aus der Stadt und in die Nähe und Ruhe vom Wald? Sydow steckte sich den Stullenrest in den Mund, wischte sich die Hände an den Hosen ab und ging zum Brotkasten. Er holte das Brot heraus, das sieht auch schön aus. So rustikal und vital. Schmeckt großartig. Kann ich die einmal kennenlernen.
    Nein.
    Kennt sie schon zu viele Leute.
    Ja.
    Sydow säbelte sich noch ein paar Scheiben Brot

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