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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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die Witze. Ob ich Kaffee will? Ja klar.
    Glaser klappte den Deckel der Espressokanne hoch, ist noch ein wenig von dem kalten da, von heute früh, magst du?
    Hör doch auf, das ist einfach nicht lustig.
    Kalter Kaffee macht schön. Sagt deine Oma immer.
    Zu viel macht kitschig, das sagt meine Oma auch immer. Das sagt sie nur zu dir nicht. Meine Oma ist eine rücksichtsvolle Frau. Zu viel macht kitschig. Bei dir, da besteht keine Gefahr. Bei mir schon. Kalter Kaffee ist eine Frechheit.
    Glaser goss sich den kalten Kaffee in eine Tasse und trank ihn in kleinen Schlucken, ich hatte selbst immer Angst im Küken und Kater .
    Er schraubte die Kanne auseinander und klopfte das Sieb über dem Komposteimer aus, wusch es sauber. Genau genommen, sagte er, bin ich nur darum so weit aus der Stadt herausgezogen, damit ich nicht mehr im Küken und Kater einkaufen muss. Oder, wenn ich nicht im Küken und Kater einkaufe, befürchten muss, dass eine aus dem Küken und Kater sieht, wie ich nicht im Küken und Kater einkaufe, sondern bei Bolle gegenüber. Wenn ich doch wieder einmal im Küken und Kater einkaufe – weil ich schwermütig wurde vom Einkauf bei Bolle, was ich immer sofort werde, weil beim Einkaufen bei Bolle ist das billige Essen teuer mit Schwermut bezahlt –, wenn ich dann am Zenit der Schwermut zerknirscht wieder ankomme und die mich dann nicht bedienen oder sagen, haben wir nicht. Obwohl ich genau sehe, dass sies haben, Brot oder Milch oder Butter und sie sagen aber: haben wir nicht, um mich zu schikanieren und bestrafen für meinen Bollekauf. Der Einkauf im Küken und Kater war immer schon unter dem Zeichen der Furcht. Im Küken und Kater sollen die was Lustiges gesagt haben? Das kann einem auch wieder Angst machen. Wie die Clowns im Zirkus, vor denen hab ich mich immer am meisten gefürchtet.
    Er hatte den Schrank aufgemacht und schaute ausführlich hinein, suchte nach der Kaffeedose, ich weiß übrigens gar nicht, ob noch Kaffee da ist.
    Hör auf mit diesen Provokationen, Sydow hatte die Kekse aufgegessen und klopfte die Krümel aus dem Schal, er stellte den leeren Behälter zurück ins Regal. Das ist kein bisschen witzig, sagte er. Er ging zum Herd und drehte die Brotscheiben um, verbrannte sich die Finger, so ein verfluchter Sauofen, sagte er, er kickte mit dem Fuß gegen die Ofenwand. Er nahm ein Buttermesser und kratzte ein paar verkohlte Rindenstücke von den Broten, kein Kaffee, sagte er, lächerlich. Dann leihst du dir eben welchen von der Nachbarin.
    Nein. Es kann auch gar nicht sein, heute Morgen war noch genug Kaffee da.
    Sydow legte das Messer weg, du hast doch eine neue, nette Nachbarin, oder?
    Glaser schwieg, schaute in den Schrank.
    Oder?, sagte Sydow, eine neue, nette, hübsche Nachbarin.
    Lass das, sagte Glaser, er sagte warnend: Lass. Das.
    Frederik Sydow warf ihm einen Blick zu. Hm, machte er. Wo ist denn dieser Apfelkuchen.
    Glaser hatte seinen Arm tief im Schrank, kramte. Auf der Anrichte, er zeigte hinüber zur Anrichte oder was er halt so nannte, aber iss nicht alles auf. Er zog ein Vorratsglas hervor, schraubte den Deckel ab und schaute hinein, stellte es weg. Er kramte noch ein bisschen tiefer, schaute mit konzentriertem Gesicht auf Sydow, willst du nicht einmal den Rucksack ausziehen? Den Schal? Jacke? Er wandte sich wieder ab, holte allerlei Gläser hervor, schraubte die Deckel ab und schaute hinein, stellte sie weg.
    Sydow nahm den Rucksack ab und brachte ihn in den Flur. Und was ist die Anrichte? Er schaute sich um, sah den Kuchen auf dem Küchenschrank, das ist die Anrichte. Er zog die Schublade auf und holte eine Kuchengabel heraus und setzte sich auf die Anrichte, Anrichte, sagte er, wie gehts, Anrichte.
    Probleme?, fragte Glaser.
    Aber nein, schön ist es, auf der Anrichte zu sitzen, sagte Sydow, er aß den Kuchen auf. Sag nicht, sagte er nach einer Weile, er deutete mit der Gabel auf die vielen Vorratsbehälter, dass da überall Tee drin ist.
    Vielleicht, sagte Glaser, vielleicht auch nicht. Vielleicht war das alles mal was ganz anderes, ist aber über die Jahrhunderte zu Tee geworden. Jeder Teefreund würde sich vor Freude über diese ungekannten Raritäten die Hände reiben und aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.

38. Ein kleiner Exkurs zum Christentum

    Ich komme auch aus dem Staunen nicht mehr heraus, Sydow stellte den Teller weg und sprang von der Anrichte, aber nicht aus Freundschaft zum Tee. Er ging zum Herd zurück, legte sich das geröstete Brot auf den Teller,

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