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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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Räubertochter. Wolltest du als Kind auch immer Ronja Räubertochter heiraten?
    Nein. Ich wollte Pippi Langstrumpf heiraten.
    Weil du ein Masochist bist.
    Ich wusste, dass du das sagen würdest. Wollte ich aber gar nicht. Ich wollte, wie alle vernünftigen Jungs, das Aschenbrödel heiraten, die aus dem Film.
    Frühe Flucht in mediale Welten?
    Ja. Ich bin betroffenes Zweidrittel, vor mir warnt die Expertenwelt. Ich war zwanzig, hatte noch nie eine Freundin gehabt und mich in der medialen Welt verirrt und Aschenbrödel war schon vergeben. Das macht gefährlich, wegen generellem Triebstau sowieso und nicht ausgetragenen Konkurrenzkämpfen mangels realem Konkurrenten noch dazu. Der jeweilige Konkurrent, er ist in seinem Film immer der Sieger, verstehst du? Das ist die Krux, man ist in medialen Welten immer der Besucher und darum ein konsequenter Verlierer. Man hat keinen eigenen Film und läuft im richtigen Leben irgendwann Amok, weil sich so viel Trieb und unbewältigte Konkurrenz in einem angestaut haben. Dieses triebgestörte Zweidrittel ist ungeheuer gefährlich, ein latenter Sprengstoff. Verstehst du, man denkt an Aschenbrödel und wie verliebt man ist. Sie reitet und jagt, sie schießt und tanzt, sie ist nett zum dicken Koch und füttert die Katze, sie ist wundervoll. Man ist sehr verliebt. Dann ist da aber der Prinz. Auch er jagt und reitet und schießt. Er tanzt in albernen Strumpfhosen mit seinen Freunden im Schnee. Er und das Aschenbrödel haben viele gemeinsame Hobbys. Okay, denkt man sich, du sollst sie haben, du bist einfach smarter und ihr reitet durch denselben Schnee. Ich würde auf dem Sattel und am Schießgewehr keine gute Figur machen, ich würde vom Pferd fallen und im Tanzkostüm aussehen wie ein Pantomime im Pyjama, ich würde versehentlich dem Aschenbrödel in den Po schießen anstatt den Vogel vom Himmel. Du trägst, würde man zum Prinzen sagen, einfach die richtigen Strumpfhosen. Das eine Bein rot, das andere gestreift, ich finde so was albern, das Aschenbrödel findet das schön. Da kann man nichts machen, es ist eindeutig sein Film. Er ist dort der Held, ich wäre dort ein Clown, ein depressiver Mime mit zu kleinem Hut, er sieht blendend aus, ich neben ihm als hätte ich eine Laktoseunverträglichkeit.
    Frauen mögen lachen, wenn einer ihnen den Kasperle macht, lieber wollen sie aber, dass einer ihnen gut gelaunt auf den Hintern klopft anstatt sich vertut beim Schießen.
    Das macht man ein paarmal und ist fertig mit den Nerven. Keine ist so schön wie Aschenbrödel und man ist, mangels Kampferfahrung im realen Raum, beim leisesten Auftreten eines potenziellen Konkurrenten sofort bereit, das Feld zu räumen.
    Man denkt, wo bleibt nur der, der immer gewinnt? Wo ist der, der mich aus dem Weg räumt und dem der Schnee, der Sonnenuntergang und das ganze Set gehört? Wo ist der, der die Strumpfhosen anhat?
    Man schaut so lange hartnäckig wie ein Dackel bei Regen in die falsche Richtung, bis die, die unter Umständen kein schlechtes Aschenbrödel abgegeben hätte, das Handtuch wirft und sich von den Socken macht. Und recht hat sie. Die wäre im Film, wenn man einem wie mir aus dem Zweidrittel plötzlich die Hauptrolle zuteilen würde, schon längst eingeschneit oder erfroren, mit der Sonne untergegangen.
    Ja und? Sydow ging zum Herd, kickte einmal mit dem Fuß dagegen und schenkte den restlichen Kaffee in die Tasse, suchte den Tisch nach der Milch ab. Was willst du mir damit sagen? Und wo ist die Milch?
    Glaser stand auf und holte die Milch aus dem Kühlschrank, er schaute in den Kühlschrank, keine Milch, er holte die Milch vom Fensterbrett, stellte sie vor ihn hin.
    Du willst mir sagen, dass ich nicht fernsehen soll. Gut. Du redest von tickenden Zeitbomben, die wie harmlose Männer aussehen. Ist das ein ungehörter Hilferuf? Sagst du zu deinem besten Freund, bitte hilf mir, und ich denke immer noch, du bluffst? Reden wir von all dem?
    Müssen wir nicht, wenn es dich nicht interessiert. Reden wir meinetwegen von dir. Du willst nicht heulen und zähneklappern, weder winseln noch wimmern, so wars doch, oder?
    Ja. Die Räuberfrau sagt zu ihrem Räuberhauptmann: Rapple dich auf! Sei ein Mann! Sie will nicht, dass er winselt und wimmert, wenn er Läuse im Pelz hat.
    Du hast keine Läuse im Pelz. Dich zwickt dein Schal. Du hast keine Frau. Das ist viel schlimmer.
    Ja danke.
    Im Übrigen: Wer weiß das schon. Frauen sind doch so emotional, ich würde meine Hand ins Feuer legen, dass sich eine deiner

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