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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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Kuchen aufgegessen und schnitt sich ein weiteres Stück ab. Du hast mich einfach nicht gefunden. Dann hast du Wolfgang genommen. Wolfgang hat keinen Schal und keine Oma, das ist von beidem zu wenig. Dafür hat er dich und ein Kind. Vielleicht ist das Gerechtigkeit. Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es nur eine seltsame Welt.
    Vielleicht, sagte Anna Snozzi. Vielleicht ist Gerechtigkeit aber auch einfach nicht dein Ding.
    Stimmt, wenn das Gerechtigkeit sein soll, mach ich nicht mit. Wenn es nach mir ginge, hätte ich dich. Wir würden ein Kind machen. Meine Oma würde dann drauf aufpassen. Wir könnten weitere Kinder machen oder einen Kaffee trinken gehen oder ins Kino, bisschen Freizeit. Wolfgang könnte dann den Schal haben.
    Interessant, ich werde drüber nachdenken. Anna Snozzi rückte die Kuchenstücke in der Vitrine zusammen und nahm die leeren Platten heraus, es ist ja nicht so, dass ich ein Gerechtigkeitsfanatiker wäre.
    Ist auch klüger so, glaub es mir, Gerechtigkeit heißt, dass die mit den angemessenen Ansprüchen notorisch zu kurz kommen.
    Schluss jetzt, Frederik, er hatte sich ein weiteres Stück vom Kuchen geschnitten, sie nahm ihm das Messer weg. Kommst du am Sonntag?
    Glaub nicht, Sydow schob sich den Rest des einen Stücks in den Mund und nahm das andere in die Linke, er legte die rechte Hand auf ihren Bauch, Tschüss, kleines Kind, sagte er, halt die Ohren steif. Von dir gibts nicht mehr viele. Halte durch, dann darfst du später einmal mit den letzten paar anderen Kindern in einem Bus verbrennen.
    Frederik, es reicht, Anna Snozzi nahm ihm das Stück Kuchen aus der Hand und legte es zurück auf die Tortenplatte, das ist nicht auch nur ansatzweise lustig.
    Ich weiß, Frederik von Sydow nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und küsste sie auf die Wange, streichelte sie ein bisschen, dann holte er sich das Kuchenstück wieder von der Platte, ich weiß, Anna. Ich bin nicht lustig. Ich bin nicht einmal witzig.
    Er ging zu seiner Großmutter und küsste sie ebenfalls auf die Wange, Tschüss, Omi. Schöne Frisur. Der Zopf war gut. Er biss vom Kuchen. Ich verstehe gar nicht, warum dein Laden nicht läuft.
    Frederik?
    Ja, Omi.
    Ich merke das doch, mit dir stimmt irgendwas nicht, ich habe ein ganz mulmiges Gefühl.
    Musst du nicht, Omi. Es ist alles in Ordnung. Ich bin einfach in einer Krise.
    Frederik, sie öffnete ihre Börse und zückte –
    Er nahm ihr die Geldtasche aus den Händen und verschloss sie, wenn du grade ein paar Moneten zücken wolltest, vergiss es, es wird nicht mehr gezückt und der Zaster nennt sich jetzt todsicher irgendwie, wie wirs uns gar nie träumen könnten. Ich habe auch gar keine finanzielle Krise, ich habe eine Krise als Mann.
    Weißt du, Frederik, ich fürchte, das ist ganz normal.
    Was heißt da normal, was soll denn daran normal sein. Willst du damit sagen, man habe als Mann per se eine Krise, einfach, weil man ein Mann ist?
    Na ja, du bist Ende zwanzig, du hast kein Geld, du hast keinen Beruf, keine Frau –
    Danke Omi! Da ist es mir eigentlich lieber, wenn Mann sein in der Krise sein bedeutet. Ich bin ein Mann, also habe ich eine Krise.
    Ach du liebe Güte, leicht hast dus nicht.
    Habens Männer nie, Omi, glaub mir, er hob sie hoch, wirbelte sie im Kreis herum und stellte sie wieder ab, bis dann.
    Kommst du am Sonntag? Frau Sydow fasste sich an den Kopf und rückte –
    Und rückt die Lockenpracht zurecht, sagte Sydow, sagt heute kein Schwanz mehr, aber es sitzt alles bestens, Omi, die Sturmfrisur ist weitergedampft, balgt sich jetzt auf Wolfgangs Kopf. Bei dir jedenfalls sitzt alles wieder tipptopp. Und wegen Sonntag, weiß ich noch nicht, eher nicht. Er ging zur Vitrine und öffnete sie, holte sich zwei dicke Stücke Kuchen heraus und packte sie in eine Serviette, Anna Snozzi tauchte in der Küchentür auf, whaa!, rief er, er raffte den Kuchen an sich, machte sich vom Acker, der Kugelblitz rollt an, rief er, der Rachebomber, das Wassermelonengeschwader dampft an, nichts wie weg hier!
    Frederik!
    Schon gut, Omi, Sydow wich Anna Snozzi aus, whaa!, rief er, die nudeldicke Dirn rumst alles nieder, er rannte um die Theke und bahnte sich den Weg durchs Café, schob ein paar leere Stühle zur Seite, weißt du, Omi, rief er, es ist wichtig, dass Anna sich frühzeitig damit abfindet, sonnenbadend am Wannsee bald als gestrandetes Walross von Greenpeace umzingelt zu werden. Die werfen sie dann immer wieder zurück ins Wasser, gerettet.
    Meine Güte, Frederik, Gott sei Dank hast du

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