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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trump
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ging den Kiesweg hinunter auf sie zu. Als ich gerade in Rufweite war, schrie sie los: „Was fällt dir ein, ohne ein Wort zu sagen, in der Weltgeschichte herumzufahren? Wir haben uns wahnsinnige Sorgen gemacht. Du bist hier nicht in Deutschland!“
    Ich ging an ihr vorbei und sagte möglichst unauffällig: „Ich war in der Stadt und habe im Markt nach einem Geschenk gesucht.“
    Meine Mutter kam hinter mir her: „Sieh doch einmal in den Spiegel, geht man so auf den Markt? Sei froh, dass du nicht gekidnappt wurdest!“ Immer hatte sie an meiner Kleidung etwas auszusetzen. Ich trug ein schwarzes Jerseykleid, das eng anlag und im Rücken tief ausgeschnitten war. Außerdem trug ich hohe Riemchensandaletten, die natürlich nicht für den Markt geeignet waren.
    Ich drehte mich zu meiner Mutter um und sagte: „Lass mich bitte in Ruhe!“ „Du warst bei diesem Schwarzen!“, sagte sie mit unterdrückter Wut in der Stimme und sah mich dabei streng an. „Nein“, log ich, „ich war auf dem Markt, das habe ich doch schon gesagt!“
    Ich wusste, dass ich meiner Mutter nichts vormache konnte, aber sie würde mich in Ruhe lassen. Sie hatte verstanden, dass ich nicht mit ihr reden wollte.
    In meinem Zimmer zog ich mich erst einmal aus. Ich roch noch immer nach ihm. Was, wenn ich von ihm schwanger werden würde? Es war heiß und die Fenster waren mit Moskitonetzen verhängt. Salmans Vater arbeitete noch im Garten. Ich konnte ihn von meinem Fenster aus sehen. Ungern ging ich unter die Dusche, aber ich musste zum Abendessen frisch sein. Ich wollte keine dummen Fragen gestellt bekommen. Mein Vater hatte die Angewohnheit, mich in den Arm zu nehmen und an mir zu schnuppern. Ich legte in fruchtiges Eau de Cologne auf.
    Nachdem ich viele Jahre im Internat verbracht hatte, war es meinen Eltern nicht gelungen, einzusehen, dass ich erwachsen geworden war. Erwachsen genug, meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Es war absolut lächerlich, dass ich meiner Mutter Rede und Antwort stehen musste, wenn ich in die Stadt fuhr. Auch mein Vater sah in mir noch immer das kleine Mädchen, das auf seinem Schoß saß und ihn anhimmelte. Wenn er auch nur geahnt hätte, dass ich eine Beziehung mit dem Sohn unseres Gärtners hatte, weiß ich nicht, was er mit mir gemacht hätte. Meine Mutter hatte zwar einen Verdacht, aber die Wahrheit durfte sie nie erfahren. Sie würde nicht verstehen, dass ich mich nach Salmans Umarmungen sehnte, die mich in eine andere Welt entführten, die mich zum ersten Mal in meinem Leben, meinen Körper wahrnehmen ließen.
    Salman war ein Zauberer. Wenn er mich berührte, klangen in mir Stimmen, die ich nie zuvor gehört hatte. Ich war bereit, ihm zu verzeihen, wenn ich mich nur ab und zu mit ihm treffen konnte. Dass er zwangsverheiratet wurde, ging mir nicht in den Kopf. Konnte man einen erwachsenen Mann zwingen, eine Frau zu heiraten, die er nicht wollte? Salman studierte immerhin und gehörte nicht zu der Schicht, die weder lesen noch schreiben konnte. Trotzdem beugte er sich diesen mittelalterlichen Vorschriften. Ich war überzeugt, dass das was uns verband, nicht einmal seine Frau uns streitig machen konnte. Unsere Körper gehörten zusammen. Sie hatten sich gefunden und würden sich immer wieder finden. Ich würde ihn nicht aufgeben, nicht so lange er mich noch liebte.
     

2. Kapitel
     
    Wir hatten es uns gerade auf unseren Sitzen bequem gemacht, als eine Durchsage kam: „Die Passagiere nach Hawaii bitte wieder aussteigen. Der Flug verzögert sich um etwa 3 Stunden. Bitte nehmen Sie den Bus zurück in das Terminal.“ Meine Mutter war empört. Es half nichts, wir mussten nochmals warten.“ Der Flughafen von Nairobi war alles andere als gut organisiert. Wir waren zuerst durchs falsche Gate geschleust worden und dann erfuhren wir, dass unsere Koffer noch nicht verladen waren. Mein Vater behielt in solchen Situationen immer die Ruhe, nur meine Mutter wurde nervös und ungehalten. Ich freute mich so auf diesen Urlaub, dass mich nichts erschüttern konnte. Früher oder später würde ich in Hawaii am Strand liegen oder surfen. Ich wollte unbedingt einen Surfkurs machen. Mein Vater hatte angekündigt, dass wir auch einen kurzen Abstecher nach New York machen mussten, er hatte dort geschäftlich zu tun. Auch New York fand ich spannend. Seit meiner frühen Kindheit war ich nicht mehr in den Staaten gewesen. Sicher hatte sich dort viel verändert.
    Außerdem lebten meine Großeltern väterlicherseits in New York. Sie

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